Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

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Konrad Müppein an
die Synode in Zürich
Wädenswil,
18. Oktober 1534

Autograph: Zürich StA, E II 1, 190 (ohne Siegelspur) Ungedruckt

Wehrt sich gegen den Vorwurf, er habe die Messe zu sehr gerühmt. Er wird nur deswegen verklagt, weil die Altäre noch immer nicht aus der Kirche entfernt worden sind, dies jedoch ohne seine Schuld. Die einschlägigen Bibelstellen gegen den Gebrauch der Altäre hat er nie verschwiegen und führt sie auch hier auf. Zur Information schickt er den Text einer Predigt über den Mißbrauch der Messe. Seine schlechte Gesundheit im Frühling und im Herbst ist schuld an seinem Fernbleiben von der Synode. Wird sich bemühen, den Willen der Synode gehorsam auszuführen.

Gratiam et pacem a domino nostro Iesu Christo.

Magnifici patres ac praeceptores mei observandissimi, quanta mihi, humilimo vestro, opus erit paciencia, cum tot in dies nugis, imo falsis accusacionibus coram benignissimis diaconibus vestris mihi tocies falso detrahi percipio.

1 Konrad Müppein (Müdbein, Nüppein), gest. nach 1534, war vorerst Kaplan in Uster (Kt. Zürich), studierte 1509-1511 an der Universität Freiburg i. Br. und erwarb sich den Grad des Baccalaureus. Daraufhin wirkte er offenbar eine gewisse Zeit als Seelsorger in Rapperswil (Kt. St. Gallen), bevor er etwa 1523 Pfarrer in Thalwil (Kt. Zürich) wurde. 1524 oder spätestens 1527 wechselte er nach Wädenswil (Kt. Zürich). 1530 rügte man an der Synode nicht nur seine Einstellung gegenüber der Messe (s. Anm. 4), sondern riet ihm auch, die Muhme, die er bei sich habe, entweder zu heiraten oder fortzuschicken. Anfang Juli 1531 wünschte die soeben reformiert gewordene Kirchgemeinde Rapperswil, Müppein, der am 4. Juli zur Zufriedenheit aller dort gepredigt hatte, als Pfarrer anzustellen. Weshalb aus dieser Anstellung offenbar nichts wurde, ist nicht bekannt. Denkbar ist, daß ihn die Zürcher Obrigkeit als im reformierten Glauben zu wenig gefestigt betrachtete, als daß er an einem so exponierten, grenznahen Ort hätte wirken können. Kurz darauf, Ende August 1531, kam dem Rat jedenfalls zu Ohren, Müppein habe in seiner Predigt diejenigen verurteilt, welche die Proviantsperre gegen die V Orte unterstützten. Wie sehr man ihm auch später mißtraute, zeigt der vorliegende Umstand, daß sich Müppein erneut vor der Synode segen Klagen verteidigen mußte, die seine Einstellung zur Messe betrafen. Auf die Herbstsynode 1534 hin setzte er sich auch für den Pfarrer von Schwamendingen, Nikolaus Steiner, ein,
der seines Amtes enthoben worden war (s. unten Nr. 460). Außer dem eben erwähnten und dem vorliegenden Schreiben sowie der ebenfalls 1534 verfaßten Predigt über den Mißbrauch der Messe (s. Anm. 6) sind noch ein im Jahr 1525 eingereihter Brief Müppeins an Zwingli (Z VIII 349f) sowie zwei Schreiben an den Zürcher Rat in Eherechtsfragen von 1532 und 1533 (Zürich StA, A 7.1) erhalten. - Zur Namensform: Häufig scheint der vorliegende Korrespondent unter dem Namen Müdbein in den Quellen auf. Er selbst unterzeichnet in den erhaltenen Autographen ausschließlich mit Müppein, weshalb sich unsere Edition dieser Form anschließt. In den Synodalakten wird der Name (insbesondere in Bullingers Handschrift) wiederholt als Nüppein wiedergegeben. Sollte hier vielleicht eine Verwechslung mit der damals tatsächlich nachweisbaren Familie dieses Namens (s. Glückshafenrodel 26, 11) vorliegen? AZürcherRef und ihnen folgend Pfarrerbuch geben nur diese letzte Namensform. - Lit.: AZürcherRef 1714, S. 730. 1757, S. 751; ASchweizerRef III 1250; EA IV/Ib 1062; Freiburg, Matrikel I/I 190; Glückshafenrodel 42, 45; Hermann Eppenberger, Die Politik Rapperswils von 153 1-1712, Diss. phil. Zürich, Biel 1894, S. 17; Z VIII 349, Anm. 1; Pfarrerbuch 89. 96. 452.
2 Die Herbstsynode der Zürcher Pfarrerschaft fand unter dem Vorsitz Bullingers und des Bürgermeisters Diethelm Röist am 20. Oktober 1534 statt, s. Zürich StA, E II 1, 183.


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Cum igitur antea quamplures falsos accusatores de me experti estis, credetis et illum 3 mihi odiosum, qui de me mentitur me missam nimium extollere 4 . Incusant me emuli isti ex eo, quia altaria in ecclesia nostra non sunt deposita 5 , sed id haut meo reatu. Scitis non esse meam praecipiendi aut cohibendi potestatem, sed solum pronunciandi verbum dei, quod sane nusquam transeo neque tacui illud Esai. 27[9]: «Ponet dominus omnes lapides altaris sicut lapides cineris.» Omnia altana devastabit in templo Iudeorum, idque per Ezechiam factum dinoscitur Esai. 36 [7]. Hinc sanctuarium dissipatum Daniele id praedicente, Dan. 9 [27]. Quid Asa, quid losaphat 2 Paralip. 14 [3.5] et 17 [6]egerint, non preterii etc. Hii destruxerunt excelsa atque altana ideo, quia noluit deus ultra offerri sacrificia frustra, Esai. 1 [12]. Magis nostra destruenda sunt altana, quia imolacionem Christi credimus et scimus omnia sacrificia esse impleta. Quare in dies clamo: «Cur non deponitis? Magis homines quam deum timetis?» Si quid latius mihi agendum iubeant paternitates vestrae, meum est ad omnia parere. Sic pro mea et aliorum informacione mitto ad vos pauca, quae de abusibus misse publice pronunciavi 6 , si tantum ocii datur vobis, legenda. Si quopiam et in his simplicissimis scriptis meis erraverim, commendo me emendacioni vestrae obtemperantissimum.

Demum absencie mee 7 rationem reddo. Deus scit, quod non mentior spiritui sancto Ananie atque Saphire instar 8 . Quemadmodum omni vernali atque autumnali tempore, ita et nunc mea adversa valitudo ambulare me vetat. Nemo, precor, ad deterius mihi imputare velit. Ego, quodquod inculcent emuli, ad beneplacitam vestram voluntatem obedienciamque et statuta nostra sinodalia pro mea virili omnem evangelii laborem exactissime impendere studebo. Et si quid aliud foret, quod mea diligencia pro vestra gratia atque commodo efficere posset, praesto sum omnia relinquere et vestro mandato, quod spiritu sancto agitur, obedire.

Ex Wedischwil, octobris die decima octava 1534.

Conradus Müppein,

evangelii et pauperum eius servitor,

obtemperatissimus[!] vester 9 .

3 Unbekannt.
4 Schon im Oktober 1530 war Müppein von der Synode vorgeworfen worden, er nenne die Messe zu häufig, als ob er noch etwas davon halte, s. AZürcherref 1714, S. 730.
5 Dem Mandat vom 15. Juni 1524 entsprechend war es den einzelnen Kirchgemeinden auf dem Land überlassen worden, Altäre und Bildwerke nach erfolgter Abstimmung aus den Kirchen zu entfernen (s. AZürcherRef 546). - Wädenswil ist wohl eine der wenigen Gemeinden, von denen belegt ist, daß die Altäre weiterhin in der Kirche stehen blieben.
6 Das Autograph dieser Predigt mit dem Titel «Tractatus de abusibus missae authore Conrado Müppein, VDM in Wädischwyl, anno 34» befindet sich in Zürich StA, E II
337, 94r. - 101v. (eingereiht zwischen f. 61 und 62 dieses Bandes).
7 An der Synode vom 5. Mai 1534 war der Schaffner von Wädenswil, Hans Win d. J. (s. HBLS VII 569), beauftragt worden, Müppein zur Teilnahme an der Synode aufzufordern (s. Zürich StA, E II 1, 147v.), der er seit einigen Jahren, so auch im Oktober 1530 und im April 1531 (s. AZürcherRef 1714, S. 730 bzw. 1757, S. 751), ferngeblieben war.
8 Vgl. Apg 5, 1-11.
9 Die Synode akzeptierte Müppeins Rechtfertigung in beiden Punkten. Sie beschloß, der Schaffner von Wädenswil solle ermahnt werden, die Altäre abzubrechen, um so dem Mandat von 1524 nachzukommen (s. Zürich StA, E II 1, 183v.). Im Mai 1540 klagte Michael Schlatter allerdings


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[Adresse auf der Rückseite:] Prestantissimis atque doctissimis viris singulisque reverendis honorifice sinodalium congregatorum fratribus, dominis ac praeceptoribus eius percolendissimis.