[461]

[Konrad Müppein] an
Rat und Synode in Zürich
Wädenswil,
[vor 20. Oktober 1534]

Kanzleiabschrift a : Zürich StA, E II 1, 157 Ungedruckt

Hat von Nikolaus Steiners Amtsenthebung gehört. Der Vorwurf, Steiner habe ihm ein finanzielles Angebot zur Übernahme der Pfarrei Wädenswil gemacht, stimmt nicht. Durch Vermittlung von Jakob [Hegner]in Altstetten habe ihm Steiner lediglich eine Art von Stellvertretung - wie etwa im Falle Jost Müllers zu Thalwil -angeboten, bis sich erweise, wie seine Gichtkrankheit verlaufe. Bittet um Milde für den betagten Steiner und um dessen Wiederaufnahme in die Synode.

Den strengen, vesten, fürsichtigen unnd wysen burgermeyster unnd rath, ouch dem eerwürdigen unnd hochgelerten synodo der statt Zürich, sinen gnedigen herren unnd obern.

Gnad unnd frid von gott. Min gehorsam, willig dienst zevor, strengen, vesten, fürsichtigen, wysen, ersamen, from, hochgelerten ir mine gnedigen herren.

Mir fügt ze wissen 3 der erbar alt vatter, herr Niclaus Steyner, wie er von minen gnedigen herren unnd von eym hochwürdigen synodo ußgeschlosßen, dar zu gottes eer eyner gantzen cristenlichen gmeynd unnd sin selbs gantz unnutz erkenth 4 syge, umb das er by mir gehandlet unnd verwürckt 5

e Bemerkungen des Stadtschreibers: nulla erat subscriptio und: Copia supplicationis domini Nicolai Steyners, collata ad originale et concordat. Stattschryber Zürich.
88 besser umschauen [aufpassen] von nun an (SI IV 1652. VII 552f. II 1346).
89 vergelten (SI VIII 659f).
a Die Kopie ist von einem obrigkeitlichen Schreiber angefertigt worden; dieselbe Hand s. oben Nr. 460.
1 Zur Autorschaft s. Anm. d. - Dieser Brief ist ein Begleitschreiben zur Supplikation, die Nikolaus Steiner der Herbstsynode 1534 einreichte (oben Nr. 460). Steiner hat auf diesen Brief hingewiesen (s. oben S. 363, 60f). Die beiden Schreiben dürften ungefähr gleichzeitig abgefaßt worden sein.
2 Zur Datierung s. oben Anm. 1 und S. 359f, Anm. 4.
3 gibt mir Nachricht (SI I 702).
4 beurteilt, festgesetzt, erklärt (SI III 313).
5 bewirkt (Grimm XII/I 2291).


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Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung
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solle han, nammlich, das er mir myn pfarrpfrund habe wellen abkouffen unnd abfeylsen 6 . Des muß ich in inn der warheyt entschuldigen, dann gegen mir keyns abfeylsens nach abkouffens nie gedacht ist, dann er mich wol erkent 7 hatt, keyn kouffman sin, noch keyn pfrund veyl han, ouch dess göttlichen rechtens noch üweren cristenlichen statuten sinodalien 8 keyn übertretter sin, darumb er mir keynen kouff angemutet hat. Ist aber inn anfang nechstvergangenen wynters beschechen, das ich miner podagrenischen kranckheyth 9 halb geschriben han an her Jacoben 10 zu Altstetten, mir eyn geschickten bruder ze erfaren, der mir min pfarr den wynter helffe versächen. Da hat er mir zubracht genanten herr Niclaus Steyner. Der mich ouch von unnser beyder jugent har erkenth 11 , hatt söllicher meynung mit mir geredt: Sidtenmaal 12 ich die pfarr nit alleyn möchte versechen, umb 13 das ich berg unnd tal zu den krancken nit wandlen möchte - als 14 ich mich beclagte -, ob ich denn welte inn sin huß gan Zürich zien zwey oder dry jar bis ich möchte erfaaren, wie sich min kranckheyt erziechen 15 wölte, so welte er mir von der pfrund lassen nachvolgen 16 , was billich 17 wäre nach miner herren erkantnus, wie ouch mit herr Josen 18 zu Tallwyl gehandlet ist. Er vertrüwte 19 ouch, deß gunst unnd gutten willen durch gut gunner unnd fründ 20 an minen herren unnd oberen wol mögen erlangen, ouch an minem herr schaffner 21 . Ich was der sach nit bedacht 22 im andwort ze , geben. Daby ist es
6 zum Verkauf zu bereden suchen (SI I 815). - Zur Sache s. oben Nr. 460, Anm. 17. 58. 72.
7 gehalten für, angesehen (s. SI III 313).
8 Siehe oben S. 360, Anm. 13.
9 mit Podagra [Gicht]behaftet (SI IV 1020).
10 (Hans) Jakob Hegner (Häginer), gest. 1566, wurde 1534 ordiniert. Bereits im Jahre 1532 Diakon, ab 1534 Pfarrer in Altstetten (Kt. Zürich). Auf der Herbstsynode 1533 wurde über ihn geklagt, er behandle seine Frau schlecht, haushalte übel und trinke zuviel. Hegner hatte auf der Frühjahrssynode 1534 gegen Steiner ausgesagt, nachdem er zuvor selber des Pfrundlaufens bezichtigt worden war (s. Zürich StA, E II 1, 146). - Lit.: Pfarrerbuch 326.
11 kennt (SI III 313).
12 da (SI VII 1448).
13 weil (Grimm XI/II 794f).
14 wie (SI I 198).
15 entwickeln, verlaufen.
16 vom Pfrundeinkommen überlassen.
17 recht (s. SI IV 1167).
18 Jost Müller (Jodocus Molitor), von Cham (Kt. Zug), 1535 Bürger von Zürich, gest. 1551. Als Pfarrer von Cham (1505-1525) wandte sich der humanistisch gesinnte Müller zusammen mit seinem Kaplan Bernardin Moser der Reformation zu. 1525 mußten die beiden dem Druck der Bevölkerung und vor allem Heinrich
Schönbrunners, des Obervogtes in Cham, weichen. 1528 erscheint Müller als Verweser und 1530 als Pfarrer in Thalwil (Kt. Zürich). Auf der Frühjahrssynode 1533 wünschte er - wegen Krankheit, wegen seines fortgeschrittenen Alters und wegen gewisser Widerstände in der Gemeinde - abgelöst zu werden, allerdings unter weiterer Nutzung des Pfrundeinkommens. Der Rat willigte ein, und Jakob Schärer, ein Konventual von Wettingen, wurde zum Stellvertreter bestimmt. Müller blieb offenbar bis zu seinem Tod in Zürich. Er hinterließ zahlreiche lateinische Gedichte. Von einem Briefwechsel mit Bullinger ist nichts bekannt. - Lit.: Willy Brändly, Jodocus Müller (Molitor). Pfarrer in Cham (Kt. Zug), gest. 1551 in Zürich, in: Zwa VII/5, 1941, S. 319-330; Albert Iten, Tugium Sacrum. Der Weltklerus zugerischer Herkunft und Wirksamkeit bis 1952, Stans 1952, S. 325f; Pfarrerbuch 442.
19 vertraute darauf (SI XIV 1600).
20 Verwandte (SI I 1303f). Die verwandtschaftlichen Beziehungen Steiners zu obrigkeitlichen Vertretern ließen sich nicht feststellen. Allerdings wird Felix Brennwald, der Amtmann des Klosters Fahr, bis 1530 Ratsherr in Zürich, von Steiner «gefatter» genannt (s. oben S. 361, 2 4f und Anm. 22).
21 Hans Wirz.
22 schlüssig.


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beliben, unnd hat keyner dem annderen diser sach nimmermer gedacht 23 . Hiemit han ich üch der waarheyt bericht. Deßhalb ich hoff, er hierinn nützit uneerlichs, ungöttlichs, noch üweren statutis synodalibus 24 verletzlichs gehandlet habe. Darumb mir das erschrockenlich ze hören, in so schwarlich gestrafet söllen sin, dann ich hoff, ir selbs ermessen könnind, das er in vorgemelter red weder geschrifft noch üwer cristenliche statuta 25 geletzt habe, dann ich im ouch des nit gestand 26 geben wölte han, als ir mine gnedigen herren mich bißhar eyn lange zyt erkent 27 hand, unnd nimmer annderst erfinden 28 werdend. Ist min ernstlich pitt umb gottes unnd cristenlicher liebe willen, das ir den guten alten bruder, der nun hinfür sins alters halb billicher ze bitten, ob er ettwas mißhandlet 29 hette, abzestan 30 , dan 31 so schwaarlich ze strafen wäre 32 , 1. Ti[motheus] 5[1], nit zwyfel, er wurde bußwürcken 33 unnd alle cristenliche bruder anrüffen, gott für in ze bitten, als Simon 34 gethan hat nach der straf Petri, act[orum] 8[24]. Gnedigen ir mine herren wöllind sin alter gnedigclich bedencken unnd dise sine wordt, gutter meynung geredt, nit so hoch anziechen noch achten 35 , sunder in gnedigclich widerumb inn die kilchen annemmen unnd in inn den stand siner vorigen eeren setzen. Begert er allzyt umb üch als sine gnedigen herren unnd oberen inn gantzer üch wolgefelliger gehorsame zu beschulden b 36 , unnd söllichs will ich ouch als üwer gehorsamer, in allen eeren unnd brüderlicher liebe mins vermügens 37 inn aller guttwilliger c undertenigkeyth gott unnd üch, minen gnedigen herren, allzyt inn großem ernst mich flysen ze dienen.

Sind gott befolchen in gnaden.

Geben ze Wädischwyl.

[Ohne Unterschrift]d

b beschulden korrigiert aus beschuden.
c gutwilliger korrigiert aus guttwilhigkeyth.
d Bemerkungen des Stadtschreibers: carebat subscriptione und: Copia epistolae domini Conradi Müdbeyn, rectoris in Wädißwyl, collata ad originale et concordat. Stattschryber Zürich.
23 erwähnt, [davon]geredet (SI XIII 669f).
24 Siehe oben S. 360, Anm. 13.
25 weder die Heilige Schrift noch eure christlichen Gesetze (die Kirchenordnung von 1532).
26 Zustimmung, Unterstützung (SI XI 1005f).
27 [als Rechtschaffener]kennengelernt.
28 erfahren, kennenlernen.
29 übel gehandelt, unrecht getan (SI II 1404).
30 davon abzulassen, es aufzugeben (SI XI 576-580).
31 als (SI XIII 28-30).
32 den man in Anbetracht seines Alters eher bitten sollte, davon zu lassen, falls er sich verfehlt hat, als so schwer zu strafen.
33 poenitentiam agere (die tätige Reue), nach Luther: Buße tun (Grimm II 571).
34 Des Zauberers Simon Fall ist in der Kirchenordnung als maßgebendes Beispiel angeführt. Siehe AZürcherRef 1899, S. 827.
35 streng bewerten und bestrafen.
36 vergelten (SI VIII 659f).
37 was ich vermag (SI IV 112).