Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[717]

Peter Rümeli an
Bullinger
Frauenfeld,
[vor 10. Januar 1536]

Autograph: Zürich StA, E II 441, 46 (Siegelspur) Ungedruckt

Will Bullinger nicht weiter mit dem Fall des Priesters [Michel von Üsigen] behelligen. Der Absicht [der Reformierten in Frauenfeld], auf eigene Kosten einen Schulmeister anzustellen, widersetzen sich die Katholiken heftig und drohen mit der Aufkündigung der politischen Gemeinschaft, obschon Schultheiss [Hans Heinrich] Federli vom ganzen Rat beauftragt worden war, einen Schulmeister zu suchen. Bittet um Rat und Unterstützung.

Lieber herr, diewyl ir sunst mit so vil geschäften aller kilchen beladen und ungezwiflet den handel unsers messknechts 2 , der noch in kettinen ligt, durch ander wol und eigenlich bericht 3 sind, hat mich unnöttig sin bedunckt, sollichs uwer wurden wyter ze entdecken 4 und uch darmit mügen.

Jedoch so wil unser widerparthy gar unfrüntlich des schulmeisters halb mit uns handlen 5 , und wo wir den schulmeister. ouch uf unseren eignen costen, wellen haben, so solle uns gricht und recht abgschlagen 6 , gmeiner kilchgang und alle gmeinsame in erwellung 7 der oberkeit, schultheissen halben und anderen gmeinen burgerlichen ämpteren, die bisshar von einer gantzen gmeind sind besetzt worden, versagt und abkund 8 sin a . Diewyl sy nun in einem so kleinen, nutzlichen 9 , ouch iren kinden dienstlich und nottwendig handel b , on alle ire [und]c der kilchen entgeltnuss 10 , so d tratzlich 11 gegen uns handlend, [...]e wir bsorgen, es stecke etwas grössers dahinden; dan sölliche ant[wurt]f ist unser gmeind von inen durch den landtvogt 12 mundtlich geben, [...]g das uns treffenlich emptfrömdet, diewyl es doch vor einem gantzen radt das meer 13 worden ist, man sölle umb einen schulmeister lugen und dem schulthess Fäderlin

a sin über der Zeile nachgetragen.
b handel über der Zeile nachgetragen.
c Textverlust, entstanden beim Öffnen des Briefes.
d vor so gestrichenes handel.
e-g Textverlust, entstanden beim Öffnen des Briefes.
1 Der Hinweis auf den gefangenen Priester Michel von Üsigen (Z. 2) grenzt die Abfassungszeit auf Ende 1535 / Anfang 1536 ein Die Schultheissen- und Ratswahlen, die offensichtlich bevorstanden (Z. 8-10), fanden am 10. Januar statt (vgl. Ernst Leisi, Geschichte der Stadt Frauenfeld, Frauenfeld 1946, S. 941).
2 Michel von Üsigen; zu seinem Fall vgl. HBBW V, Nr. 535 mit Anm. 3.
3 genau unterrichtet.
4 mitzuteilen (SI XII 1215f).
5 Zum Streit der Reformierten und Katholiken um einen eigenen Schulmeister vgl. Knittel, Kirche 100f.
6 aberkannt, verboten (SI IX 340f).
7 gemeinsame Wahl.
8 aufgekündigt (SI III 356f).
q 9 nutzbringenden (SI IV 893).
10 Kosten, Belastung (vgl. SI II 280).
11 feindselig, herausfordernd (SI XIV 1665f).
12 Christoph von Sonnenberg, eidgenössischer Landvogt im Thurgau.
13 Stimmenmehrheit (SI IV 369f).


Briefe_Vol_06_057arpa

insonders in bevelch ist geben, wo er einen wisse, sölle ers inen anzeigen etc.

Darumb, lieber Meister Heinrich, ist unser getrungenlich bitt

an uch, ir wellind ein truw ufsehen uf uns haben 14 und unsere herren ermanen, sollicher unbill und tratzung nit gestatten, lut des landsfridens 15 uns beholfen und braten sin h 16 . Solliches han ich uch im allerbösten 17 wellen anzeigen. Darmit sye got mit uch.

Petrus Rymelin, predicant z Frowenfeld.

[Adresse auf der Rückseite:] Dem fromen, wolgelerten herren M. Heinrichen Bullinger, getruwen diener des worts, sinem lieben herren zu handen.