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Autograph: Zürich StA, E II 441, 45 (Siegelspur) Ungedruckt
Berichtet auf Ersuchen Bullingers über den Pfarrer von Frauenfeld, Michel von Üsigen, und
über dessen anstößige Reden, die von verschiedenen Zeugen gehört wurden. Mehrere glaubwürdige
Leute beschuldigen den Pfarrer außerdem, in Tübingen Ehebruch begangen zu haben.
Er hetzt die Edelleute gegen die Prädikanten auf, doch wer rechtschaffen ist, durchschaut ihn.
Rümeli dankt für Bullingers Beistand in einer persönlichen Angelegenheit.Briefe_Vol_05_115 arpa
Salutem et conscientie pacem per Christum.
Besonder lieber herr und vatter, ich füg uch ze wissen 2 uff üwer begären, das her Michel von Üsigen 3 , pfarer zu Frowenfeld, öffenlich geprediget hat, Maria sye ein furbitterin, sy hab dem schlangen das houpt zerträtten 4 , und wer sy in allen nötten nit fur ein helferin erkenne und a anrüfe, den halt er fur ein kätzer. Das hand zwen predicanten und andere gloubhafte personen gehört, glich b nach Nicolai 5 geschehen. Item in dem ersten sontag in der fasten 6 , man müß nachlassung der sünd durch das furbitt des priesters in der bicht, die man nempt die orenbicht, erlangen, und wär nit bichte, der wärd nit sälig. Dan Christus habe wol die sünd hin gnomen, ja als vil als am[!] im stande. Item er hat am domstag nach esto mihi 7 öffenlich in Heinrich Capelers 8 huß im oberen stublin gredt: "Hier ist oder stat c der man, der, wie wol er klein ist, groß unglück kan anrichten." Das hat einer uf unser siten und der statknecht uf irer syten ghört 9 , und ist gemeldet von einem gsessnen 10 radt Frowenfeld. Aber einer hat in versprochen 11 und gredt, er hab es nur in schimpf wiß 12 geredt. Also hat im wyter niemant nach gefraget. Es lyt ein brief 13 hinder den schultheß Federlin 14 , der zeigt an, wie er ein biderman von Tübigen sin wyb hab hinweg gfürt etc. 15 , von gloubwirdigen lüten geschriben. Es hat ouch der
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doctor uß der Ow 16 zu einem frummen gloubwirdigen man gredt, es syge war, er syge am chorgricht gsessen, do man das wyb hab von irem man gscheiden, die hab gredt, er hab irs an gethon, das sy im müß nach gan, aber durch im medicum wider curiet syge, da d sy im spinn figend 17 worden. Was her Cunrat Schreyvogel hat vonn im gseit, ist uch on zwifel wol wissent 18 . Solliche und andere reden stoßt er offenlich uß und hat zum alten kilchherren 19 gredt uf dem weg von Tobel gen Frowenfeld, sy habend wol umb ein rock wermer dan wir von dem landtsfryden 20 etc. Item er e hab keinem kein wyb hingfürt, sy sie selbs nachi gloffen, und er wette es noch thun und keiner weren, sy were eins webers oder eins anders wyb etc. Wie erlich er huß halte mit einer dirnen, die im ein meßpfaf im huß helt durch die fasten, weist mengklich 21 . In summa, es ist ein frävenlicher, böser mensch, der wenig schaden dem evangelio thut mit sinem leeren 22 und üppigen leben, aber die edellüt mächtig, wo er kan, wider die predicanten ufwist 23 und verhetzt. Doch was rechtsinnigs ist, das gloubt im nit, so lichtfertig ist er in sinen worten etc.
Ceterum, lieber herr, ich danck uch üwer müg und arbeit minet halben nülich gehabt 24 , und wo ich söllichs und anders möcht mit minen armen diensten beschulden 25 , wet ich bereit und willig sin. Hie mit empfilch ich mich üwer liebe und vätterliche trüw.
Datum Frowenfeld, 27. februarii.
Petrus Rymelin,
allzit u[wer]w[illiger] diener.
[Adresse auf der Rückseite:] Dem wolgelerten, frummen M. H[einrich]] Bull[inger], sinem lieben herren.