Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[1801]

Peter Fuchs an
Bullinger
Solothurn,
15. Oktober 1543

Autograph: Zürich StA, E II 355, 102r.-v. (Siegelspur) Ungedruckt

[Die Verwandten Niklaus Wyttenbachs], denen die geplante Hochzeit [von Samuel Wyttenbach und Küngold von Schönau] widerstrebt, und Wyttenbach selbst stoßen sich an der fehlenden Fixierung des Erbvorrechts der Söhne; Samuel blieb aber standhaft. Bullinger soll dafür sorgen, dass beim Zusammentreffen [der Hochzeitsgesellschaft] eine angemessene Antwort auf den strittigen Artikel gegeben werden kann; Fuchs würde [Niklaus Wyttenbach] antworten, dass die Frage ihm anheimgestellt werde, sollte der Erbfall eintreten, verbunden mit der Hoffnung, er werde sich so verhalten, wie wenn seine eigenen Kinder betroffen wären. Ansonsten bestehen keine Differenzen, [die Gegner der Hochzeit] suchen diese aber mit allen Mitteln zu hintertreiben; [Samuels] Mutter ist auf Fuchs' Seite. Bitte um diskrete Behandlung des Briefinhalts. Grüße.

Die gnad unsers herren Jesu Cristi sig mit unß allen. Demnach min fruntlich, willig dienst und was ich eren, liebs und gutz vermag.

Insunders fürgeliepter her und bruder, üwer schriben 1 abermols gethon hab ich entpfangen, dorby ich üch dancken abermols, das ir üch so vil arbeiten 2 zu schriben und zu handlen; ich weiß nit zubeschulden 3 , got sig üwer lon.

Demnoch betreffend unser eehandel 4 , so wüssend, das sy 5 den man garnoch 6 unwillig gemacht hettend, und wüssend sunst nütt für zeschlachen 7 dann den artikel betreffend der knaben vorteyll. 8 Sagend sy: "Es ist frylich nit vill gutt do, dwil sy es nit benamsen 9 wend; wir weltend dir woll umb ein richry 10 gehulffen han, ouch do ir nit so grossen kosten dorfftend zühen; und kend sy niemands, machst ein wyti 11 früntschafft", und vil der glichen. Aber der tüfel hat nit mögen meyster sin, got hab lob. Samuel 12 ist standhafft plipen, got geb. was der vetter 13 und alle fründt gsagt haben. Dorum,

1 Bullingers Antwort auf Fuchs' Brief vom 5. Oktober (oben Nr. 1796) ist nicht erhalten.
2 abmüht.
3 zu vergelten.
4 Die Hochzeit von Samuel Wyttenbach und Küngold von Schönau.
5 Gemeint sind die Verwandten Wyttenbachs, die Vorbehalte gegenüber der Verheiratung Samuels angebracht hatten, vgl. oben Nr. 1796 und 1800.
6 beinahe.
7 vorzubringen.
8 Vgl. oben Nr. 1800, 8-20.
9 genau bezeichnen.
10 eine Reichere.
11 weitläufige.
12 Samuel Wyttenbach. 1525-1587, war Mitglied der Gerber- und Metzgerzunft. In den Jahren 1545-1548 saß er im Bieler Großen Rat, 1549-1586 im Kleinen Rat. 1550 bekleidete er das Chorrichter- und 1557-1586 das Bürgermeisteramt. Zeitweise stand er als Söldnerführer in französischen Diensten. —Lit.: Blarer BW III. Reg.; HBLS VII 615; Bourquin, Biel 499f.
13 Nicht namentlich bekannt.


Briefe_Vol_13-291arpa

lieber her und bruder, thund so woll und beredent üch mit inen, so wir hin ab komend uff den benamset tag 14 , das sy sich beradend und im etlicher maß umb den artikel antwortt geben. Wann ich an iro stat were, wurd ich im antwurten, dwil der erbfal noch nit gfallen 15 und aber er so hefftig doruff trunge, weltend wir im, so der fal bescheche, den handel heim setzen 16 ; dann ir verhofftend zu im, er wurde anders nützit handlen noch thun, dann wie er mit sinen sünen gegen den tochtren gehandlet hette, ye noch gelegenheit deß gutz, oder das er jetz nampsete 17 , was er den brüderen a voruß lossen weite, so es zu fal kerne, dormit und er seche, das man kein betrug darin suchte. Wurde ir ingethon sin 18 sampt siner früntschafft und das mul beschlossen, oder sy warten lossen, biß der fal keme, wurde man dann handlen nach billikeit. So weiß ich woll, das ers nit wurde thun, sunders acht 19 , er wurde es lossen plipen by dem artikel. Sunst ist gar kein spann 20 ; sy suchen aber steg und weg 21 , dormit sy es möchten verhindren. Sy geben im gern ein andre und legen ich grosse findschafft in gegen inen; 22 aber ich acht sy nitt, sagen inen min meynig haruß. Die mutter 23 hats ouch mitt mir. Dorum diß min schriben. Wellend also nit wytter niemads lossen sechen und by üch behalten; ich schribs üch alß minem gutten herren und bruder. Ich hett vil zuschriben, ||102v. aber die zit hats nit mögen liden. Biß mir got heim hilfft, 24 ich üch mit mussen schriben.

Grüssen mir all b uwer hußgesindt und gut frundt und brüder.

Uß Solloturn, uff mentag vor Galli im 43.

Uwer altzit williger

Peter Fuchs. Schriben mir etwan, so ir ongeferd 26 botschafft 27 hand. Also wil ich üch ouch thun, dann es mich ser woll frewt.

[Adresse darunter:] Dem erenwürdigen und hochgelerten Heinrich Bullinger, diener des wort gotts zu Zürich, minem günstigen herren und bruder zu handen.

a brüderen über gestrichenem sünen.
b Vor all gestrichenes alle.
14 Die Bieler Hochzeitsgesellschaft plante am 4. November, einen Tag vor der Hochzeit, in Zürich einzutreffen, vgl. oben Nr. 1800, 24-27.
15 da der Erbfall noch nicht eingetreten sei.
16 anheimstellen.
17 bekannt geben würde.
18 Wohl im Sinne von: Genüge getan.
19 nehme an.
20 Streit.
21 Möglichkeiten, Mittel.
22 ich ziehe mir bei ihnen große Feindschaft zu.
23 Anna, geb. May von Rued, seit 1515 mit Niklaus Wyttenbach verheiratet, gest. 1566. — Lit.: Walther Merz, Die mittelalterlichen Burganlagen und Wehrbauten des Kantons Aargau, Bd. 2, Aarau 1906, Stammtafel zw. S. 464 u. 465.
24 D. h. nach meiner Heimkehr.
25 in Muße.
26 etwa einmal.
27 einen Boten.