[2624]

Johannes Gast
an Bullinger
Basel,
14. Oktober 1546

Autograph: Zürich StA, E II 366, 201 und 201 a (ohne Siegel) Ungedruckt

[1] Es gibt nichts Neues zu melden, das Myconius nicht bereits an Bullinger berichtet hätte. Doch dankt Gast für die Grüße und Nachrichten, die Bullinger über Myconius ausrichten lässt. [2] Ein Venezianer [richtig: der Luccheser Teodosio Trebellio] erzählte, dass der junge, unschuldige [Diego], der Bruder von Francisco de Enzinas (welchen Bullinger kennt), in Rom wegen seines evangelischen Glaubens verhaftet, gefoltert und verbrannt wurde. [3] Die Papisten [in den benachbarten Territorien] verbreiten verschiedene Versionen über die Pläne Kaiser (Karls V.]für den Winter: Erstens, dass dieser durch Sachsen, an der Elbe entlang nach Friesland zu ziehen versuchen werde, um dort zu überwintern. Zweitens, dass er durch Württemberg marschieren und etwa die Route nehmen wird, auf der das niederländische Heer in Richtung Süden gelangt war, um sich in den Bistümern Würzburg oder Bamberg mit Proviant zu versehen. Drittens, dass er durch das Land [Pfalz-Neuburg] des [Kurfürsten] Friedrich [II. von der Pfalz] in Richtung Freiburg [im Breisgau] und Breisach aufbrechen werde, um dann den Rhein zu überqueren und vor Straßburg rheinabwärts auf Mainz zu ziehen. Letzteres erscheint noch am plausibelsten. Diese Papisten wähnen schon den Sieg auf ihrer Seite. Doch hört man [über den Kriegsverlauf] völlig andere, wohl besser verbürgte Meldungen! [4] Der [Basler Reinhard Rettalet]ließ seinen in Habsheim plötzlich verstorbenen

d Am Rande nachgetragen.
e Fehlerhaft aus Hencho korrigiert.
16 Gemeint ist Marxheim, wo sich der Kaiser bis zum 2. Oktober aufhielt; s. Nr. 2607, Anm. 31. Allerdings handelt es sich dabei um eine unrichtige Vermutung, denn der Kaiser kam in der Nacht vom 10. auf den 11. Oktober an die Riedlinger Seen; s. Schüz, Donaufeldzug 68.
17 Die hier gemachten Angaben erlauben es, den Brief des Grafen Georg auf den 11.
Oktober zu datieren, nämlich als man noch nicht wusste, wohin sich der Kaiser begeben hatte; s. Schüz, Donaufeldzug 68.
18 Gemeint sind der Lindauer Pantaleon Ebner und der Bregenzer Wolfgang Kant,: s. Nr. 2607, Anm. 6 und Anm. 9.
19 ad lucernam: bei Kerzenlicht (d.h. nachts); vgl. König 674.


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Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung
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Schwiegersohn, den Ratsherrn [Franz Konrad Schmid, gen. Glüner]nach katholischem Brauch bestatten, obwohl einige gute Leute dagegen protestierten. Drei andere Papisten [aus Basel] waren auch dabei. Die Basler Obrigkeit sperrte den Schwiegervater für drei Tage ein und belegte ihn mit einer Geldbuße von 100 Gulden, die drei anderen mit 10 Pfund. Sie hätten eine härtere Strafe verdient! Der Herr gebe dem Rat die Kraft, solche Menschen weiterhin zu vernichten! [5] Gruß an Bullinger und an [Anna, geb. Adlischwyler]. [6] [P.S.:] Die Basler haben [Hieronymus] Gunz und [Sebastian] Lepusculus als Pfarrer nach Augsburg entsandt. [7] Gruße an [Rudolf] Gwalther, Otto [Werdmüller], [Theodor] Bibliander und [Konrad] Pellikan. Den [beiliegenden]Brief soll [Johannes] Fries wie abgemacht weiterleiten.

S. in domino. Novarum rerum nihil habeo, que ipse Myconius non diligentissime perscribat. 1 Praeterea gratias tibi ago, quod in omnibus literis tuis 2 me salvere iubeas Myconiumque admoneas, ut mecum res novas communicet.

A Veneto 4 audivi fratrem 5 d. Francisci Dryandri Rome propter evangelium combustum. Diu fuit detentus in carcere ac tormentis vexatus. Egregius fuit adolescens et ipsa innocentia. Nosti d. Franciscum.

Man sagt ouch by unß (das geschrey kompt von den bäpstleren 6 ) a , das der keyser 7 understende 8 , eintweders durch Saxen 9 ziehen, oder 10 (do 11 ein wintherleger zu haben) an 12 der Elb in Frießlandt zu ziehen. 2. Oder aliud habet consilium: Er understadt, durch das wirtembergisch landt zu ziehen, 13 oder den weg ziehen, den die Niderlender heruff 14 sindt zogen, 15 probant 16 zu fynden im wirtzburgischen oder bombergischen bistomen. 3. Consilium, quod verisimile videtur, understat durch graff Friderichs landt 17 ziehen uff Friburg 18 und Brisach 19 zu, dan, so sy uber den Rhin kommen, so welle er

a Hier und unten Klammern ergänzt.
1 Mit Brief Nr. 2625 vom 14. Oktober. — Vgl. ferner HBBW XVII 250,42, und 261,1-6.
2 Gemeint sind Bullingers Briefe an Myconius.
3 Vgl. Nr. 2607,33.
4 Es handelte sich allerdings um den Luccheser Teodosio Trebellio, der damals von Venedig nach Basel gekommen war; s. Enzinas BW 204 und 206, Anm. 6. — Von Trebellio ist ein Brief an Bullinger überliefert (HBBW XV, Nr. 2205).
5 Diego (Jaime, Jacobus) de Enzinas, Bruder von Francisco de Enzinas. — Ein falsches Gerücht; s. Enzinas BW 123, Anm. 1. Diego wurde später, in der ersten Märzhälfte 1547, verbrannt; s. aaO, S. 228 und Anm. 3; S. 175f, Anm. 4.
6 Gemeint sind die Einwohner der katholischen vorderösterreichischen Nachbargebiete Basels.
7 Karl V.
8 versuche.
9 Im Sinne von Norddeutschland.
10 etwa; s. Fischer V 38.
11 dort.
12 Zu verstehen: um an.
13 Vgl. Nr. 2612,121-126.
14 d.h. in Richtung Süden.
15 Zu dieser Route des niederländischen Heeres unter Maximilian von Egmont, Graf von Büren, auf dem Weg zum kaiserlichen Lager s. HBBW XVII 415, Anm. 43.
16 Proviant.
17 Gemeint ist die südöstlichste Enklave von Pfalz-Neuburg, die sich zwischen Donauwörth und Gundelfingen erstreckte und im Besitz Friedrichs II. von der Pfalz war.
18 Freiburg im Breisgau.
19 Breisach am Rhein (Lkr. Breisgau-Hochschwarzwald, D).


Briefe_Vol_18-130arpa

für Straßburg hinab 20 uff Mentz 21 zuziehen. Vide, quam varia consilia caesaris a papistis sparguntur! Gratulantur de caesaris successu, quum nos longe alia audiamus, et puto etiam veriora et certiora.

Es ist ein redlicher 22 burger, ein ratsfründt 23 gstorben zu Haybsen 24 in vindemia subitanea morte. Den hat sin schweher 25 daniden 26 lassen vergraben (repugnantibus quibusdam bonis viris) mit kertzen, wiehwasser und luten 27 , herlich gnug. By dem 28 syndt gsin 29 trey päpstler by im. Den schweher handt 201v || unsere herren 30 in thürn 31 gelegt, in umb 100 fl gestrofft, 3 tag im käffy 32 , die anderen drey umb 10 lib. gestrofft. Syndt alt bäpster. Digni fuissent maiori pena. Ita produnt in iis turbis suas cogitationes et quid de religione nostra sentiant. Laudandus est noster senatus, et dominus illis spiritum fortitudinis det, quo pergant in eradicandis istis hominibus.

Vale in domino cum uxore 33 . Basileae, 1546, 14. octobris.

Tuus G.

Guntzium et Lepusculum Augustam misimus in messern domini 34 .

||201a,r. Resalutabis mihi d. Gvaltherum, m. Othonem 35 praecipue, Bibliandrum, optimum virum, cum Pellicano, sene venerando, etc. Hanc schedam 36 dabis Frisio 37 nostro, cui hanc provinciam iniunxi.

[Ohne Adresse.] b

b Die Adresse befand sich wohl auf dem unteren, heute abgerissenen Teil von f. 201a.
20 d.h.. rheinabwärts.
21 Mainz.
22 Hier im Sinne von "rechtmäßiger" (im Gegensatz zu den Einwohnern, die nicht alle Rechte hatten); s. SI VI 577; Grimm XIV 478. — Gemeint ist Franz Konrad Schmid, gen. Glüner; s. Gast, Tagebuch 292-295, wo scharfe Kritik an Schmid geäußert wird.
23 Ratsherr; s. SI I 1305.
24 Habsheim (Dép. Haut-Rhin, F), etwa 26 km nördlich von Basel, 8 km östlich von Mulhouse.
25 Schwiegervater; s. SI IX 1797f. — Der Vater von Franz Konrad Schmids zweiter Ehefrau Dorothea Rettalet (Heirat vor 1542) hieß Reinhard Rettalet; s. Gast, Tagebuch 293, Anm. 60.
26 dort, nördlich von Basel.
27 Glockenläuten.
28 By dem: Zudem.
29 gewesen.
30 Die Basler Ratsherren.
31 Gefängnis; s. SI XIII 1374f.
32 Gefängniszelle; s. SI III 163.
33 Anna, geb. Adlischwyler.
34 Vgl. Mt 9, 38; Lk 10, 2, und s. HBBW XVII 436,55f. — Gemeint sind die beiden von Basel nach Augsburg entsandten Prediger Hieronymus Gunz und Sebastian Lepusculus.
35 Otto Werdmüller.
36 Wohl ein Brief Gasts, der weiterzuleiten war.
37 Johannes Fries.