Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

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Bullinger an
[Oswald Myconius]
[Zürich],
18. Mai 1534

Autographe Abschrift: Zürich StA, E II 342, 36r.-v. Gedruckt: Füssli I 141-144, Nr. 41; Teildruck: Corr. des réformateurs III 181f

Wartet auf Briefe von ihm. Konstanz benachrichtigte den Rat von Zürich am 16. Mai vom Sieg Philipps von Hessen gegen die Truppen von König Ferdinand I. in der Schlacht bei Lauffen; weitere Erfolge im Krieg zur Wiedereinsetzung Herzog Ulrichs von Württemberg. Wegen der Freigrafschaft Burgund will sich der Rat von Zürich möglichst nicht an Philipp von Hessen und Ulrich von Württemberg wenden, um sie nicht zu beleidigen; Bern bat die beiden in einem vorsichtigen Schreiben um Zurückhaltung gegenüber der Grafschaft mit Rücksicht auf die mit den Eidgenossen bestehende Erbeinigung. Die zürcherische Antwort (in dieser Angelegenheit an die übrigen Eidgenossen) hat sich wahrscheinlich wegen der Koordinierung mit den Abgeordneten anderer Orte verzögert. Guillaume du Bellay verhandelte in Zürich mit Bullinger und Pellikan über die Voraussetzungen einer Einigung mit den Katholiken; die

b Korrigiert aus: Corizaeis.
28 Mittellateinisch maxima (sc. regula), «die Maxime».
29 Es handelt sich wahrscheinlich um folgendes 52 Seiten dickes Quart-Büchlein: «Panegyricus Joannis Pellissonis, ... cardinali Francisco a Turnone dictus, de summi pontificis romani Clementis, ejus nominis septimi, ad christianissimum regum, in terram Franciam, magnifico adventu, ejusdemque triumphali in urbem Massiliam acceptione», Lyon 1534. Vorhanden in: Paris Bibliothèque Nationale (Signatur: 4 o Lb 30.63), s. Catalogue Général des Livres
Imprimés de la Bibliothèque Nationale. Auteurs, Bd. CXXXII, Paris 1935, Spalte 721f; vgl. Pastor IV/2, 479, Anm. 1.
30 Vgl. Otto 343, Nr. 1757.
31 Es hat überall geheime Zuhörer, vgl. Adagia 1,2,44 (LB II 87f).
32 Vadians Epitome erschien im September 1534, vgl. oben Anm. 2 und unten Nr. 419.
1 Bullingers Anfrage wegen Karlstadt (s. Anm. 28) und das Antwortschreiben des Myconius vom 20. Mai (unten Nr. 377) weisen diesen als Adressaten aus.


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Vorschläge der reformierten Orte der Eidgenossenschaft sollen dann nach Paris gesandt werden. Die Zürcher versicherten ihn ihrer Friedfertigkeit, betonten aber, bei der Wahrheit des Evangeliums verharren zu wollen; du Bellay bat um die Vermeidung schroffer Formulierungen. Bullinger bleibt skeptisch. Nach seiner Meinung ist das Ziel du Bellays: 1. König Franz I. den Protestanten als Beschützer des Evangeliums darzustellen und 2. gewisse, kaum echte Zugeständnisse des Papstes beliebt zu machen. Das Weitere ist aus Vadians beigelegtem Brief ersichtlich. Wie steht es um die Sache Karlstadts?

Gratiam et pacem.

Referre nequeam, quanto litterarum tuarum desyderio ardeam, nec scio, si unquam literis tuis caruerim diutius. Interim frequentissimas in hisce rerum turbis optabam.

Constantia 16. huius mensis senatui nostro scripsit 2 regem 3 a Hessorum principe 4 profligatum et in fugam actum ad Nicrum prope opidulum Louffen 5 in vico, qui ab incolis appellatur zur Kyrchenn 6 occisis et in Nicro submersis , duobus milibus, praeterea et Philippo Palatino 7 , principe exercitus regis, saucio etc. 8 Quam vero id omnes verum esse vellemus. Equidem inter spem et metum anxii deum oramus et nonnihil gaudemus - gavisuri amplius, si certo id factum esse constaret. Referunt alii ducem 9 obsedisse et irruptione coepisse opidulum Kaleb 10 - munitissimum quidem illud - ad Nagald 11 rivum prope coenobium illud Hirsaw 12 vetustissimum situm, sed nullas huius rei literas habemus, fama increbuit [!]. Quodsi quid habes, cui certo niti possimus, obsecro, scribas.

Vonn der graffschafft Burgund 13 habend min herren nitt wöllen den fürsten 14 schryben. Ich acht, die von Bernn habend den byden Wirtemberg und Hessen geschryben. Ich hab ouch die copy gesähen, darinn vergryffend 15 , sy vernämend, daß neiswas prattick 16 über die graffschafft Burgund gemacht. So ferr dem also, bätend sy still ze ston 17 , dann die graffschafft inen mitt erbeynig verwandt 18 etc. 19 Nostri vero, ne ulla parte principes offendant,

2 Der Bericht von Bürgermeister und Rat von Konstanz an Bürgermeister und Rat von Zürich über den (hier von Bullinger zusammengefaßten) Verlauf des Treffens bei Lauffen datiert vom 15. (nicht 16.) Mai 1534 und ist erhalten in Zürich StA, A 205. 1, Nr. 144.
3 König Ferdinand I. von Österreich.
4 Philipp Landgraf von Hessen.
5 Lauffen am Neckar (Kreis Heilbronn).
6 Kirchheim bei Lauffen am Neckar.
7 Philipp von Pfalz-Neuburg.
8 Zur Geschichte des Sieges von Lauffen am 12./13. Mai 1534 s. Heyd II 454-468; Wille 176-182 und Keller 64-68.
9 Herzog Ulrich von Württemberg.
10 Calw an der Nagold.
11 Nagold (lat.: Nagalda).
12 Die ehemalige Benediktinerabtei Hirsau (Kreis Calw). Zum weiteren Kriegsgeschehen s. Heyd II 468-479 und Wille 186f.
13 Die Freigrafschaft Burgund (Franche-Comté) mit Dole und um die Reichsstadt Besançon, zwischen Schweizer Jura, dem
französischen Herzogtum Burgund (Dijon) und dem Herzogtum Lothringen gelegen, gehörte von 1493 an zu Habsburg, ab 1556 zur spanischen Linie, und wurde 1674/78 französisch. Als Kornkammer und wegen des Salzes von Salins war die Freigrafschaft für die Eidgenossen wichtig. Diese unterstützten die Neutralität und relative Selbständigkeit der Freigrafschaft und nahmen sie gegen einen besonderen, kleinen Jahrestribut 1511 in die Erbeinigung der Eidgenossen mit Österreich (Maximilian I.) auf, s. HBLS III 51f. 303-306.
14 Herzog Ulrich von Württemberg und Landgraf Philipp von Hessen.
15 darin ist enthalten (SI II 716).
16 irgendwelche Machenschaften (SI IV 808f und V 568-570).
17 neutral zu bleiben (SI XI 258. 731f).
18 Siehe oben Anm. 13.
19 Die Gesandten der Grafschaft Burgund überbrachten der Eidgenössischen Tagsatzung am 5. Mai 1534 das übliche Erbeinungsgeld, erbaten sich und erhielten


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quando pro voto auxiliari non licet, huius rei gratia nihil scribere voluerunt. Quod legati aut literae nuper non sunt missae, ut speraveram et in eam spem me senatores haud postremi erexerant, in causa fuit temporis brevitas, et quod certi viri a senatu ordinabantur, qui responsionem adornarent. Sed illam cum caeterarum urbium legatis collatam esse existimo.

Interea Guilielmus de Lange 20 , orator regis Gallorum 21 , frater Lutetiani episcopi 22 , Tigurum venit, in colloquium nos evocavit atque ibi multa de sarcienda ecclesiae concordia commentatus est orans, ut si quod nobis esset consilium, indicaremus, item, quibus in rebus aliquid pontifitiis concedere et in quibus perstare vellemus. Orare ergo se, ut Tigurini, Bernates, Basileienses, Schaffhusii etc. medium aliquod ostenderent scriptis, per quod ecclesia coire posset, et Parrhysios mitterent. Respondimus nos, nam Pellicanus mihi aderat, pluribus ad singula, sed haec in summa: nos nullum aliud habere concordiae et pacis medium, quam quod rex pacificus Christus || 36v. apostolis commisit verbum evangelii et pacis. Id nos praedicare, iuxta huius regulam omnia instituisse, ab eo vel latum unguem discedere non esse tutum. Amare tamen nos regem, qui concordiam cupiat sarcire. In cuius gratiam, si caeteris quoque videatur fratribus, libenter nos paratos esse doctrinae nostrae summam exponere et quicquid salva veritate possemus, infirmis dare 23 . Hic

«Verwendungsschreiben» an verschiedene Herrscher wegen angeblicher «auf die Beunruhigung der Grafschaft abzielender Umtriebe». Der Entwurf eines dieser Schreiben wurde von den Abgeordneten Zürichs, Berns, Basels und Schaffhausens abgelehnt und an ihre Herren zur Beratung heimgebracht; deren Antwort sollte dann an den Vogt zu Baden gesandt werden, EA IV/IC 319 h und 323.
20 Guillaume du Bellay, Seigneur de Langey, 1491-1543, der älteste Bruder von Jean (Kardinal), Martin (Militär und Schriftsteller) und René (Bischof) und Onkel von Eustache (Bischof und Dichter), war Humanist, Jurist, Militär, Geschichtsschreiber, Mäzen und vor allem ein gewandter Diplomat. Nach seinen Studien in Angers und Paris leistete er Kriegsdienste, warb 1526 vergeblich um Reisläufer in der Schweiz, verhandelte 1526/27 in italienischen Städten, kam zwischen 1529 und 1534 fünfmal nach England und zwischen 1532 und 1536 viermal nach Deutschland, um die Auflösung des Schwäbischen Bundes, die finanzielle Vorbereitung des württembergischen Feldzuges (1533/34) und die Konkordie unter Protestanten und Katholiken zu betreiben sowie die Konzilseinberufung bald zu fördern, bald (1535/36) zu hintertreiben. Dabei reiste er im November 1533 von Marseille über die Schweiz nach München und Augsburg, sprach am 5. Mai 1534 vor der Badener Tagsatzung
(vgl. Anm. 7 und 3), machte auf dem Heimweg von München nach Paris am 10. Juni 1534 in Solothurn Halt und hielt sich im Juli 1536 in Basel und Solothurn auf. In seinem Auftrag erreichte einer seiner Agenten, Ulrich Chelius (Geiger) die Gutachten zur Kircheneinheit von Melanchthon, Bucer, Hedio, Myconius und Bullinger (1534/35). An ihn schrieb du Bellay Ende Oktober 1534 (unten Nr. 469). Obwohl Beschützer reformfreundlicher Gelehrter und selber für eine Kirchenreform ohne Bruch mit Rom eintretend, entsprangen diese Konkordienbemühungen weniger einem religiösen Grund als vielmehr dem Zweck, die kaiserliche Macht in Deutschland zu schwächen und Frankreichs Umklammerung durch Habsburg zu sprengen. Als französischer Statthalter von Turin (1537-1539) und von ganz Piemont (1540-1542) zeichnete er sich durch weise Regierung und umsichtige militärische Verteidigung aus. - Lit.: Bourrilly, Guillaume du Bellay; Rott, Représentation Diplomatique I, Reg.; Bouvier 197-202; Pollet, Bucer II 488-509; Seidel 14f. 126; EA IV/IC, 315 1. 319 g. 320 r (wo Langey als Ranière bezeichnet ist, während sonst [s. Register] Ranière den Gesandten Jean Raviet meint). 1244 (von Lange); EA IV/Id, 21; HBLS I 315.
21 Franz I.
22 Jean du Bellay.
23 Vgl. Röm 15, 1; 1 Kor 8, 7-12.


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monuit nihil esse nobis scribendum praefractius: «In hoc erimus, in hoc erravit Romana ecclesia, non feremus tyrannidem Romani pontificis, Romanus pontifex antichristus est etc.» 24 Ex quibus intellexi parum esse spei, nisi plus aequo concederemus etc. Discessimus igitur atque polliciti sumus nos caeteris fratribus communicaturos, quae nobis retulisset. Videbar mihi videre interim duo doctissimum illum agere hominem: 1., ut regem nobis commendaret, quo animos nostros magis haberet sibi propitios et devinctos, ut si quid ordiretur, minus reclamaremus sperantes per hunc fore restituendum evangelium. 2., quando Romanus pontifex videt pene actum esse de superstitione, quam nulla potest tueri tyrannide, conversus ad clementiam a simulatam iniquum (quod se attinet) b offert, ut aequum, id est optatum, auferat etc. 25 Caetera ex literis Vadiani 26 , quas remittas oro. Plura non potui, imo ne has relegere potui; tam festinabat nuncius 27 et urgebant negotia.

Vale, amicorum charissime, me tibi commendatum habe. Sed de Carolostadio quid? 28

18. maii 1534.

Tuus ille H. B.

[Ohne Adresse.]