Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[546]

Johannes Zehnder an
Bullinger
Aarau,
6. März [1535]

Autograph: Zürich StA, E II 375, 724 (Siegelspur) Ungedruckt

Möchte, daß Bullinger den [beigelegten]Brief seinem Freund Ambrosius Zehnder zukommen läßt. Bittet, diesen bei Blarer nochmals zu empfehlen, denn er ist noch immer ohne Stelle und hält sich abwartend in einem Kloster auf Seine Frau [Barbara] erwartet auf Ostern den Besuch der Gattinnen Bullingers, Utingers und Göldlis. Sie bittet Bullinger, nicht zu vergessen, was sie mit ihm besprochen hat. Stadtschreiber Gabriel [Meyer] will die große Bibel sowie Pellikans Kommentarbände kaufen und bittet Bullinger, bei Christoph [Froschauer]Preis und Zahlungsmodus zu erfragen. Bullinger soll seinem Bruder Johannes ausrichten, daß dessen Geld bereitliege.

Gratia et pax per Christum Iesum, servatorem nostrum etc.

Hasce litteras 2 , vir doctissime, quum aliquando ad Blarerum scribis, tuis adiungere velis, quo singulari amico meo Ambrosio Zendero reddantur.

a Vor Merito gestrichenes Quam; M aus H korrigiert.
b illam übergeschrieben.
c Sentiemus korrigiert aus Sentient.
d Darüber, von Myconius: Doctoratus.
11 Zur Redensart vgl. Grimm VII 408.
1 Die Einordnung des Briefes ins Jahr 1535 ergibt sich aus der Tatsache, daß die Reform
der württembergischen Klöster (vgl. dazu Z. 7f) im Anschluß an die Wiedereroberung des Herzogtums und an die Einsetzung Blarers als Reformator, d. h. von Ende 1534 bis zum Sommer 1535, durchgeführt wurde (vgl. Deetjen 197-206).
2 Der offenbar mitgeschickte Brief ist nicht mehr erhalten.


Briefe_Vol_05_142arpa

Interim tamen charitatem tuam summopere rogo, ut secunda vice dictum Ambrosium tuis in scriptis erga Blarerum commendare velis 3 ; nullam enim adhuc nactus est condiccionem. Scribit se apud cucullatos in monasterio a quodam Stantstatt[?]4 cognominato b foveri communem cum ceteris reformationem septimo marcii indictam expectans. Interea loci quid fiat, ipse nescit, non multum boni sibi pollicetur. Timet Wirtenbergenses non admodum Helvetico nomini c favere. Propterea velis facere, ut ut bene de te speramus.

Uxor tua 5 cum Utingeri 6 et Goldliis 7 pollicitae sunt uxori meae 8 pasce 9 huc ad nos venturas die. Ut pollicitis stent; expectabimus enim eas, nisi nunciis vel litteris renunciaverint.

Uxor mea te salutat inquiens se nescio quid proxime, dum apud te essemus, tecum locutam; huius oblivisci non velis.

Gabriel 10 , scriba noster, libenter bibliam sub maiore forma hactenus tribus Tygurinis florenis datam 11 cum thomis Pellicani super bibliam 12 emeret. Rogat, ut apud Christopherum 13 suo nomine interrogare velis, qualinam precio omnia venundarentur quibusve dietis 14 ipsum solvere oporteat; inquit enim iam in promptu non omnia habere, et per Ioannem 15 symistam rescribere potes.

a in der Vorlage monosterio.
b in der Vorlage congnominato.
c in der Vorlage nomine.
3 Zur ersten Empfehlung von Ambrosius Zehnder vgl. HBBW IV, S. 375f. Es ist nicht bekannt, was Bullinger unternahm; immerhin versprach Blarer am 26. April 1535, sich aller von Bullinger Empfohlenen anzunehmen (s. unten Nr. 577, 2f).
4 Ein württembergisches Kloster dieses Namens konnte nicht identifiziert werden.
5 Anna, geb. Adlischwyler.
6 Heinrich Utingers Ehefrau Anna, geb. Näf (vgl. Die Chronik des Bernhard Wyss, 1519-1530, hg. v. Georg Finsler, Basel 1901. — Quellen zur Schweiz. Reformationsgeschichte I, S. 34, 1f).
7 Wohl Johann Heinrich Göldlis Ehefrau Adelheid Schliniger; vgl. Zürich StA, W 1, Nr. 842.
8 Barbara.
9 28. März 1535.
10 Gabriel Meyer, Stadtschreiber von Aarau.
11 Froschauers Foliobibel von 1531, um die es sich hier handelt, kostete dreieinhalb Gulden (vgl. Hans Rudolf Lavater, Die Froschauer Bibel 1531 — Das Buch der Zürcher Kirche, in: Die Zürcher Bibel von 1531, [Zürich 1983], S. 1390).
12 Von den Commentaria Bibliorum Pellikans waren von Froschauer bis 1534 vier Bände gedruckt worden; der fünfte erschien im März 1535 (vgl. Zürcher 86. 112. 119).
13 Christoph Froschauer.
14 Gemeint ist die Tagsatzung in Baden; die nächstfolgende tagte am 13. April 1535 (vgl. EA IV/1c 486-492).
15 Gemeint ist wohl Johannes Wäber, Zehnders Mitpfarrer in Aarau. — Wäber (Textor), 1499-1577, aus Merenschwand (Kt. Aargau), war 1522-1532 Pfarrer in Hedingen (Kt. Zürich). Danach wurde er, nach fast einjährigem Aufenthalt in Zürich, wohl mit Bullingers Hilfe, Pfarrer in Aarau. 1544 ließ er sich als Helfer an das Münster in Bern berufen; dort profilierte er sich als Verfechter der zwinglischen Lehre gegen die Lutheraner. Von 1548 bis zur Versetzung in den Ruhestand 1564 wirkte er als Münsterpfarrer. Von Wäber sind vier Briefe an Bullinger erhalten. — Lit.: F. Romang, Johannes Wäber (1499-1577), in: Sammlung Bernischer Biographien, hg. v. Historischen Verein des Kantons Bern, 2. Bd., Bern 1896, S. 375-393; Pfarrerbuch 603; HBLS VII 343.


Briefe_Vol_05_143arpa

Vale.

Ex Aragia, 6. marcii.

Und sagent uwerem brouder, her Hansen in Ottenbach, sin gelt, das lygge alles 16 ; dorum mog er hinuber kommen, wen er welle etc.

Tuus ex animo Ioannes Zender.

[Adresse auf der Rückseite:] Egregie docto et pio M. Heinrico Bullingero, Tigurinae ecclesiae doctori et fratri charissimo.