Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2006]

Gerhard thom Camph an
Bullinger
Straßburg,
7. Oktober 1544

Autograph: Zürich StA, E II 355, 108f (Siegelspur) Ungedruckt

Seit er durch Gottes Barmherzigkeit mit dem Evangelium vertraut wurde, erfüllte ihn, noch ein Knabe, der Wunsch, die [Verkünder und Verbreiten des Evangeliums kennenzulernen, und daher wandte er sich nach Wittenberg, wo er vier Jahre Theologie studierte; danach wünschte er, sich auch in anderen evangelischen Kirchen, besonders der [Zürcher] Kirche wegen ihrer Reinheit in Lebensführung und Lehre, unterweisen zu lassen, um dann der in seiner Heimat darniederliegenden Kirche nützen zu können; daher machte er sich auf Veranlassung von

a occursu nach einem gestrichenen, unlesbar gemachten Wort.
b In der Vorlage pressus.
c [m]ilitandi am Rand nachgetragen und im engen Einband teilweise verdeckt.
3 mit einem verbrauchten (s. Dasypodius, Dic. 96v.) Gewand.
4 Vgl. Mt 25, 40.
1 Gerhard thorn Camph (tom/zum/ten/ter Camp(h), Campff, te Campe, Campensis), aus Ostfriesland, besuchte die Schule in Groningen, lernte 1542 in Aduard Albert
Hardenberg kennen, studierte ab 1538 in Wittenberg und setzte seine Studien seit der ersten November-Hälfte 1544 (s. unten Nr. 2031 mit Anm. 1) in Zürich fort, wo er während zehn Monaten Gast bei Pellikan war (s. Pellikan, Chronikon 167). Im Sommer 1545 kehrte er über Straßburg nach Groningen zurück. 1546 befand er sich in Osnabrück, von 1548 bis 1558 in Emden, wo er als Kirchenältester und Ratsmitglied wirkte und eine Bibliothek der reformierten Gemeinde anlegte. Von Juli bis September 1557 protokollierte er die Versammlungen des Emder Kirchenrats.


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Johannes a Lasco vor einem Jahr auf den Weg zu den [Zürchern], doch wurde er seitdem in Straßburg besonders durch die Gastfreundschaft von Matthias Zell und seiner Ehefrau [Katharina] in seinem Vorhaben aufgehalten; doch nach wie vor spürt er das Verlangen, mit Bullinger bekannt zu werden; da er Bullinger nicht auf ungehörige Art brieflich stören wollte, war er gezwungen, dies auf eine spätere Begegnung zu verschieben. Er wollte am ersten Tag der Michaelisferien (29. September] nach Zürich kommen, um etwa ein Jahr mit den [Zürchern] zu verbringen; Bullinger hat dies schon vom Emder Propst Enno [Cirksena von Emden], der zusammen mit Dr. [Joachim]Mynsinger [von Frundeck] bei [den Zürchern]weilte, erfahren, und vielleicht wurde Bullinger auch von Albert Hardenberg gebeten, thom Camph bei sich aufzunehmen; auf Grund dessen wendet sich thom Camph nun mit diesem Brief an ihn, damit Bullinger ihn nicht für unbeständig halte. Er kann nicht zu Bullinger kommen, was nicht etwa an einem Sinneswandel liegt, sondern daran, dass er von seinen Freunden zur Frankfurter Messe entgegen deren Versprechungen weder Briefe noch Geld erhielt, so dass er jetzt [in Straßburg]festsitzt; Bullinger möge den etwa ihm bestimmten Platz in seinem Haus bis zu seiner Ankunft freihalten. Er fühlt sich nicht würdig, Bullingers Freundschaft zu erstreben; Bullinger möge ihn in Jesus Christus als schwachen Bruder annehmen. Johannes a Lasco lässt sich bei Bullinger und Pellikan entschuldigen, dass er nicht durch denselben Boten an [die Zürcher]geschrieben hat, doch versprach er, das zu dieser Frankfurter Messe zu tun; thom Camph weiß nicht, warum der Brief nicht übermittelt worden ist, wird ihn aber zusammen mit den erwarteten Briefen seiner Freunde zu [Bullinger]mitbringen; a Lasco freut sich, dass sein alter Freund Pellikan noch am Leben ist, von dem er glaubte, dass er vor zwei Jahren zusammen mit [Heinrich] Glarean gestorben sei, so dass er nicht an Pellikan schrieb und ihn auch nicht im Brief an Bullinger erwähnte; daher soll Bullinger Pellikan, von dem auch thom Camph in Wittenberg gehört hatte, dass er gestorben sei, dies sagen. Empfiehlt den etwaigen Briefüberbringer [Johannes Christophilus], der, obwohl man ihn am liebsten in Straßburg behalten hätte, lieber nach Basel oder Zürich gelangen wollte und glaubt, einem göttlichen Auftrag zufolge als Schullehrer wirken zu müssen, doch könnte er auch als Schreiber arbeiten; die an ihm wahrzunehmende Entstellung zog er sich in Heidelberg als Jurastudent aufgrund einer Erkrankung zu, nach der er sich ganz dem Studium der Theologie widmete. Bullinger möge thom Camph in seine Gebete einschließen. [Nach der Unterschrift:] Das Buch [,,Antiquissima fides et vera religio"], das Bullinger an Albert Hardenberg sandte, wurde thom Camph drei Wochen nach Absendung zusammen mit den Briefen an Bucer und [Hardenberg] übergeben; thom Camph bändigte Bucer seinen Brief sofort aus, das Buch und den Brief [Nr. 1972]für [Hardenberg] hebt er bis zu dessen Ankunft auf; [in Straßburg] würde man gerne erfahren, wohin dieser reiste und wann er zurückkehren wird.

Ex quo vel aliqua mihi saltem cognitio revelati rursum evangelii gloriae Christi ex mera ac gratuita dei misericordia, ne quid de me glorier, data ac concessa fuit, maximo statim desiderio, licet puer, visendi ac audiendi eos, per quos deus nobis in densissimis tenebris palpitantibus ac errantibus clarum hoc evangelii lumen immisit, 2 accensus sum, ideoque, statim atque prima literarum rudimenta id paterentur, Vitebergam me contuli. Ibidem iam cum per annos quatuor doctos simul ac pios viros ilios praelegentes audivissem 3 et illorum quoque noticiam mihi contraxissem, percepissemque iam

Er starb 1559/60. Von ihm sind elf Briefe an Bullinger aus der Zeit zwischen 1544 und 1558 überliefert. - Lit.: Pollet, Relations I 260 (wo der Zürcher Aufenthalt nicht bekannt ist); Willem van't Spijker, Emden und Groningen gemeinsam unterwegs zur Reformation. Die Korrespondenz des Gerard tom Camp, in: Bibliothek und Reformation, hg. v. Christoph Strohm, Wuppertal 2001, S. 73-92.
2 Vgl. Jes 9, 2 (Vulg. 9, 1); Mt 4, 16.
3 Gerhard thom Camph hatte sich am 1. Mai 1538 in Wittenberg immatrikuliert (Wittenberg, Matrikel I 171).


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prima elementa 4 coelestis doctrinae, et in aliis quoque iudicium iam accrescere coepit, miro quoque studio invisendi reliquas ecclesias, que hanc salutarem doctrinam obtinerent, praecipue autem vos vestrasque ecclesias, qui ab ipsis principiis summo conatu evangelii negocium et decertantem fidem 5 cum innocentia vitae tum puritate doctrinae promovistis, flagrabam a , quo a vobis maxime, immo ab omnibus quoque in his, quae mihi desunt, tam in cognitione quam pietate instrui ac conformari possim, ut ita tandem de hac coelesti doctrina, ut oportet, probe edoctus ac confirmatus (quantum mea inbecillitas patitur) ad meos tandem me recipere ac ecclesiae, quae a pluribus neglecta et contempta iacet apud nos, bona conscientia pro meo modulo prodesse liceret. Hac igitur mente idque instigante me ad hoc clarissimo viro ac domino Ioanni a Lasko abhinc anno ad vos iter ingressus sum. Caeterum Argentinam cum pervenissem, me b ecclesia haec, item scholae constitutio, immo et hospitis mei M. Matthaei Zell simul et uxoris 6 pietas coniuncta cum summa humanitate me ab instituto cursu inhibuerunt, ut annum hic subsistere (amore illorum detentus) coactus fuerim neque tamem c hoc, ut arbitror, sine detrimento institutae meae rationis. Dum autem hic sum, Bullingere doctissime (ut tandem intelligas, cur hanc narrationem instituerim), vestra interim iucundissima d consuetudine, quam iamdudum summis votis expetieram, non sine maximo animi dolore careo, atque ut hunc lenirem, saepius mecum statuo, immo incipio tuam in primis noticiam - cum amicitiam non auderem -literis expetere atque etiam exorare; quo deinceps tua humanitate erga me ut erga alios cognita saepius de his, in quibus animo haerebam angebarque, et a te doceri atque instrui cupiebam, ad te scribere possem. Verum dum rursum mecum reputo atque perpendo, quam indecorum impudenterque factum videri posset hominem adolescentem ac imperitum virum gravem ac omni genere disciplinarum exornatum necnon et occupatissimum, quem neque vidisset neque novisset unquam, inconditis sane literis de rebus tantis interpellare e , honesto igitur pudore praepeditus haec omnia in illud tempus differre ac reiicere coactus fui (quamvis aegre), quo ipse coram tua humanitate (quam a multis miris modis praedicari audivi) experta tecum notitiam, utinam amicitiam perpetuam in Christo, vero amicitiae fonte, contrahere liceret, ut hoc aditu mihi iam patefacto primum, deinde de reliquis rebus omnibus libere - remota omni simulationis, arrogantiae ac impudentiae suspitione, solo autem pietatis ac discendi studio - tecum conferre possem.
a In der Vorlage aus fehlerhaftem flaglabam korrigiert.
b Vor me gestrichenes ita.
c In der Vorlage findet man zweimal die Schreibung tamem und einmal tamen. Alle Abkürzungen desselben Wortes wurden als tamen transkribiert.
d Darüber mit deutlicherer Schrift (da die n,
u und c beim ersten Versuch nicht deutlich zu unterscheiden sind) iucundis[sima].
e In der Vorlage interpolare.
4 Vgl. Hebr 5, 12.
5 Vgl. 1Tim 6, 12.
6 Katharina Schütz-Zell.


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Constituebam interim certo apud me circa has Michaelis 7 ferias primo quoque die ad vos advolaturum, ut annum, aut quamdiu dominus concederet, vobiscum agere in domino possem. Hoc ipsum cum tibi iam de me per adolescentem illum nobilem et maximae expectationis apud nostros, Ennonem 8 phrysium, de Embda praepositum 9 (posteaquam tibi cum doctore Mensingero 10 aderat)11 , indicatum esse sciam, nec dubitem quoque doctorem

7 29. September.
8 Enno (Cirksena) von Emden, Sohn des Junkers, Emder Drosten und Bürgermeisters Rudolf (Roleff) Cirksena, geb. [um 1522]. Enno hatte vermutlich das Amt des Propstes von seinem Vater ererbt und war zum Drosten und Gouverneur der Stadt Emden bestimmt, starb jedoch 23jährig am 18. Juli 1545 als Student in Paris. In einem Brief vom 31. August 1545 teilte thom Camph Bullinger den Tod Ennos mit; s. Zürich StA, E II 345, 302. - Lit.: Tileman Dothias Wiarda, Ostfriesische Geschichte, Bd. 2, Aurich 1792, S. 205f; [Christian Heinrich] Wiarda, Ueber das Grabdenkmal des Enno von Emden zu Paris, in: Ostfriesisches Monatsblatt 1878, S. 327-332; Ernst Friedländer, Enno von Emden, in: Jahrbuch der Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer zu Emden, Bd. 14, Emden 1902, S. 287-299. 401f. Anm. 1; F[riedrich] Ritter, Der Tod Enno Cirksenas von Emden in Paris i. J. 1545, in: Upstalsboomblätter für ostfriesische Geschichte und Heimatkunde, hg. v. der Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer zu Emden 1, 1911/12. S. 30-33.
9 Siehe [Christian Heinrich] Wiarda, aaO, S. 330f.
10 Joachim Mynsinger (Münsinger) von Frundeck, geb. 1517, gest. 1588. Er studierte ab 7. Mai 1533 Jura in Tübingen (s. Tübingen, Matrikel I 273, Nr. 36), dann in Padua bei Ulrich Zwichem und ab 28. Oktober 1534 in Freiburg bei Ulrich Zasius (s. Freiburg, Matrikel I/1 291, Nr. 48), nach dessen Tod im November 1535 er die Professur der "Institutionen" übernahm und um diese Zeit promoviert wurde. 1541 wurde er vom schwäbischen Kreis als Assessor beim Reichskammergericht in
Speyer vorgeschlagen, jedoch ohne Erfolg wegen Verdachts auf Hinneigung zum Protestantismus. 1548 ernannte ihn Kaiser Karl V. zum Beisitzer für den oberrheinischen Kreis, wo Mynsinger bis 1556 blieb; danach wurde er von Herzog Heinrich d.J. zu Braunschweig und Lüneburg als Kanzler berufen. In diesem Amt erarbeitete Mynsinger eine in mehreren Auflagen erschienene Hofgerichtsordnung und mehrere Verordnungen. 1563 wurde er vom Herzog zur Visitation des Kammergerichts abgeordnet und 1565 vom Herzog mit dem Erbkämmeramt beliehen. Mynsinger behielt sein Kanzleramt auch unter Herzog Julius, war Mitglied in der Kommission zur Kirchenvisitation des Landes und Mitarbeiter an der 1569 publizierten Kirchenordnung. 1573 ließ er sich von seinem Amt entbinden, trat aber 1575 als Vizehofrichter und Rat von Haus aus wieder in die Dienste des Herzogs. Seine bedeutendsten Werke sind die aus seinen Vorlesungen hervorgegangenen Scholien zu den "Institutionen"(mehrere Auflagen ab 1544) und die zuerst 1563 publizierten "Observationes iudicii imperialis camerae"; außerdem betätigte sich Mynsinger auch dichterisch. - Lit.: Paul Zimmermann, in: ADB XXIII 22-25; Sabine Schumann, Joachim Mynsinger von Frundeck (1514-1588). Herzoglicher Kanzler in Wolfenbüttel -Rechtsgelehrter -Humanist. Zur Biographie eines Juristen im 16. Jahrhundert, Wiesbaden 1983. - Wolfenbütteler Forschungen 23.
11 Zum Besuch Ennos vom Emden und [Joachim] Münsingers [von Frundeck] sowie eines weiteren Mannes aus Freiburg am 18. August 1544 in Zürich s. Pellikan, Chronikon 165f.


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Albertum Hardenburgium, summum meum amicum ac conterraneum, tecum iam f , ut me in domum tuam hospicio reciperes, aegisse. Ne igitur me nunc inconstantem, ac qui tantum virum fallere ausus essem, merito (cum ad te non venio) accusares, necessitate iam quodammodo, ut me tibi purgem, ad scribendum (omni pudore pristino expulso) impellor, licet nihil literarum, ut audivisti, ad te, antequam tuam humanitatem ipsus convenissem, dare constitueram.

Sed quid multis opus? Huic necessitati praesenti morem gerere oportuit. Idque feci iam libentius, quod, licet haec non fuisset, amicorum tamen quorundam causa, quibus hoc negasse nefas fuisset, ad te scribere coactus fuissem, ut paulo post intelliges. Dabis igitur pro tuo candore hanc veniam, credo, mihi adolescenti, quod te, ||108v. virum g undequaque 12 doctissimum ac occupatissimum, his meis imperitis et indigestis literis invisem atque tuas aures delicatissimas mea incondita oratione gravem, posteaquam me non arrogantiae neque impudentiae causa ad hoc incitatum, sed necessitate honestatis, ac amicorum impulsum audis.

Nunc igitur cur constituto a me tempore ad vos Tygurum non venerim neque adhuc iter ingressus sum, non animi varii neque alienati iam a vobis, qui tanto semper amore vestri flagraverim, ut audivisti (et eodem, quoad vixero, amore vos prosequar, praesertim te, a quo non parum in religionis negotio institutus sum), sed in causa est amicorum meorum negligentia, qui mihi his nundinis Francfordiensibus, ut promiserant, neque pecuniam ullam neque literas miserunt. Haec, ut ipse tecum perpendere potes, donec mihi reddita non fuerint (quod tamen brevi futurum spero), hic manere maxima cum molestia cogor; quae tamem simulatque accepero, quam potero citissime, vobis adero. 13 Non igitur, ut dixi, inconstantiam meam, sed amicorum incuriam excusandam arbitror. Rogo itaque, si mihi iam locum in aedibus tuis precibus amici adductus destinaveris atque concesseris, hunc mihi ad meum adventum per tuam pietatem ac humanitatem integrum conserves, quaeso. Et si ego referre pro rei dignitate non potero, est, qui referet maioribus donis, quam cogitare possumus aut sperare licebit; 14 nam quicquid in hac re a te contendo, huius 15 causa facio.

Nunc autem, cum me tibi tamquam amicissimum commendatum haberi cupiam, non ausus sum vicissim tuam amicitiam expetere, cum me tua amicitia indignum iudicem, praesertim cum inter pares sit firma amicitia. Ego autem tibi par neque eruditione neque bonarum rerum aestimatione esse possim, nisi tu me in Christo Iesu tamquam infirmum fratrem tuum atque inhonestum membrum unius corporis 16 amplecti h velis. Inter membra enim

f Nach iam gestrichenes egisse.
g Vor virum gestrichenes his.
h Vor amplecti gestrichenes tamen.
12 in aller Hinsicht; s. Hoven s.v. undiquaque.
13 Thom Camp ist unmittelbar nach Abfassung
dieses Briefes doch noch nach Zürich gekommen und hielt sich dort wie geplant fast ein Jahr auf, wie aus den Notizen von Pellikan, Chronikon 167 hervorgeht.
14 Vgl. Eph 3, 20.
15 Gottes.
16 Vgl. 1Kor 12.


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haec firma ac summa amicitia et benevolentia mutua constat. Nos igitur tum horum naturam imitantes, ego te tamquam honestissimum in eo corpore membrum venerarer, tu me vicissim tamquam infirmum membrum curares ac exornares; atqui si tum dignitate tecum certare non possem, studio et amore erga te meo compensarem atque his me a te vinci non permitterem, licet me interim officiis praestantioribus superare posses. Sed quid verbis opus est? Res ipsa, si me in numerum amicorum retuleris, declarabit.

Amicis autem quod me negare non potuisse dixi, 17 hoc primum est: Clarissimus dominus Ioannes a Lasko, communis noster amicus (licet hac amicitia me quoque indignum reputerm), cum postremo ad me scriberet 18 , me rogavit, ut se tibi et doctissimo Pellicano excusarem, quominus per eundem quoque nuncium ad vos scripserit. Nam sibi hoc per negotia (quibus infinitis bonus ille vir distentus est in maxima apud nos rerum confusione) non licuisse. Promisit autem se sub his proximis Francfordiensium nundinis ad vos omnes copiose scripturum 19 . Quae literae cur traditae non sunt, me hercle non excogito. Expecto tamen eas una cum meorum amicorum literis, quas ut accepero, una cum his me ad vos conferam. Gaudet plurimum veterem suum amicum Pellicanum 20 adhuc superstitem, quem iam una cum Glareano, veteri quoque amico, ad superos i ante annos duos migrasse putabat. 21 Hincque ait factum, quod neque ad Pellicanum (quem se plurimum amare scribit) scripserit neque de illo in tuis literis mentionem ullam fecerit, alioqui illius opera in paranda sibi tua amicitia usurum dicit, si hunc superesse scivisset. Quare velim, tu haec Pellicano referas k , quem ego quoque vita iam olim functum esse Vitebergae audiveram nec de huius vita certior redditus sum, antequam huc venirem. Gaudeo igitur plurimum et ecclesiae et meo nomine hunc nobis relictum, quem, meo nomine in domino salutem dixeris, velim, nisi gravatus fueris hac molestia.

Reliquum adhuc est, ut hunc virum 22 dei (ut mihi colligere licet), qui has ad te literas perferet fortassis, plurimum in domino commendem. Hic enim, quamvis coram mundo contemptus est, 23 a deo maximi fieri tamen non dubito, cum nihil cogitet, spiret ac loquatur quam Christum Iesum. 24 Hunc tamen cum ||109r. libenter Argentinae retinuissent, se spiritus instinctu admonitum

i Nach superos gestrichenes mig[rasse].
k Nach referas gestrichenes velim.
17 Siehe oben Z. 59f.
18 Der Brief ist verloren; s. Jürgens, a Lasco 362, Nr. 463.
19 Damit sind a Lascos Briefe an Bullinger vom 31. August 1544 (oben Nr. 1964) und an Pellikan gemeint. Letzteren brachte Froschauer (möglicherweise zusammen mit dem an Bullinger gerichteten Brief) aus Frankfurt mit (s. Pellikan, Chronikon 167).
20 Vgl. oben Nr. 1933 mit Anm. 3.
21 Ein Gerücht. Konrad Pellikan starb 1556, Heinrich Glarean 1563.
22 Es handelt sich um den unten Z. 151 "Ioannes Christophilus" genannten jungen Mann. Über ihn konnte nichts Näheres ermittelt werden. Es ist denkbar, dass es sich bei "Christophilus" um einen selbst gewählten (oder von thom Camph zugeschriebenen) Beinamen handelt.
23 Vgl. 1Kor 1, 27.
24 Vgl. 1Kor 2, 2.


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dixit, ut vel Basileam vel ad vos Tygurum se conferret, ubi purior adhuc ecclesia ab idolis habeatur (ut dicit). Cuius rei causa multa passus est, ut vobis referet. Putat autem se divinitus ad instituendum pueros monitum, quibus libenter se totum impenderet, si vobis in hac re usui esse posset, nihilque contra Christum (his utitur verbis) facere cogatur. Si ergo hunc propter Christum retinere apud vos vultis et ipsius l infirmitati consulere, qua laborat, nulla alia ratione poteritis, quam ut eum huic muneri praeficiatis. Interim, si opus habetis, poterit vobis scribendo utilis esse, nam optime pingere potest; sed nihil scribet, nisi quod cedat in gloriam Christi. Rogo, si mores illius vobis ex omni parte non placuerint, ut detis m hoc inbecillitati ipsius, quam sibi gravi morbo contraxit, ut vobis referet, si instetis apud illum. Nam cum Hedelbergae iuri operam daret 25 et se ita quoque gereret, ut omnibus grams esset, in gravissimum morbum incidit (quo dei consilio ignoro), unde hoc vitium, quod animadvertetis n in ilium[!], sibi contraxit. Ex eo tamen tempore se totum theologie studio tradidit atque in hoc o dies noctesque consumit et ita modo p iuris studium prae hoc contemnit, ut etiam legere dedignetur nihilque scribere velit, nisi quod ad illud conferat. Haec partim ab ipso, partim ab aliis, qui illum Hedelberge noverunt, habeo. Tu autem, vir doctissime, haec omnia melius coram perspicere quam ego literis his commendare potero. Sed haec tibi scribere volui, ut infirmitati illius nonnihil tribueres (nam nemo ex omni parte beatus est)26 , si quae tibi in illo primo aspectu non probarentur, et ut consuleres, quod spiritus dei nihilominus in hoc homine operetur virtutemque suam in huius infirmitate perficere studeat, 27 ut pudefaciat, quae robusta sunt coram mundo, 28 ut sit soli sapienti deo gloria 29 , et qui gloriari velit, in domino ut glorietur. 30 Amen. Haec cum tam libere a me scripta esse vides, non cogitabis me haec Bullingero doctissimo scripsisse, sed fratri pientissimo, qui omnia animo benevolo accipiet, quae pro gloria Christi sui et utilitate fratrum suscipi aut agi videt; quod a me in hac re secus factum non dubitabis. Boni igitur haec, qualiacumque etiam sint, consule, et si quae errata sunt aut non ita picta, ut debebant, festinationi ignosce, nam hic Ioannes Christophilus 31 iter urgebat.

Valebis igitur, vir doctissime, in domino una cum fratribus omnibus, et me, quaeso, miserrimum peccatorem ac infirmum fratrem in vestris precibus commendatum habeatis apud deum patrem per Iesum Christum, quo hoc, quod ex amplitudine bonitatis suae in me incoepit, perficere quoque velit 32

l Nach ipsius gestrichenes suae.
m In der Vorlage dedis.
n In der Vorlage animatvertetis.
o hoc korrigiert aus his.
p et ita modo über der Zeile nachgetragen statt gestrichenem atque ita nunc.
25 In der Heidelberger Matrikel wurde unter diesem Namen kein Hinweis auf ihn gefunden.
26 Adagia, 3, 1, 87 (ASD II/5 88-92, Nr. 2087).
27 Vgl. 1Kor 12, 9.
28 1Kor 1, 27.
29 Rm 16, 27.
30 Vgl. 1Kor 1, 31.
31 Siehe oben Anm. 22.
32 Phil 1, 6.


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propter semetipsum ad gloriam nominis sui, utilitatem ecclesiae suae meamque salutem et in opprobrium omnium inimicorum nostrorum. Amen, amen.

Raptim, Argentinae, 7. octobris anno a Christo nato 1544.

Gerardus zum Camph, Phrysius

Embdanus, tuus in Christo frater,

utinam et amicus singularis. Liber, quem misisti ad d. Albertum, 33 mihi primum post tres septimanas, ex quo tu miseras, traditus est, una cum literis ad doctorem Albertum 34 et Bucerum 35 datis. Buzero statim suas tradidi, librum et Alberti literas in illius adventum mihi reservavi. Quo autem tempore Albertum nostrum rediturum ad nos putas et quo abierit, si possemus, certiores reddi cuperemus. 36 Sed tuam humanitatem hoc labore liberatam volumus. Haec te quoque latere nolui, ne de his sollicitus sis. Iterum vale.

[Adresse auf der Rückseite:] Singulari doctrina ac pietate eximia praedito viro Henrico Bullingero, syncero apud Tygurinos verbi praeconi, suo domino ac fratri in Christo semper observando, s[alutem].