Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

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Bullinger an
Johannes Stumpf
[Zürich,
zwischen 28. und 31. Dezember 1534]

Autograph: Zürich ZB, Ms A 70, 637 (Siegelspur) Ungedruckt

Hat in der Angelegenheit von Konrad [Lüthard]allen möglichen Fleiß angewandt. Wie es ausgegangen ist, kann Thomas Bucher berichten. Nach Neujahr soll das weitere Vorgehen [in der Angelegenheit der Mönche] beraten werden. Bullinger hat beim Rat die Freistellung des Pfarrers [Johannes Wagner] von Pfäffikon erwirkt. Zusammen mit einigen aus Solothurn vertriebenen Pfarrern wurde dieser nach Württemberg berufen. Mahnung zur Vorsicht. Die Zeiten sind schlecht.

Gnad, frid und barmhertzigheyt vonn gott durch Jesum Christum, unsern herren.

Fürgeliepter bruder imm herrenn, mitt h[erren] Conradten 2 handel 3 hab ich allen minen müglichen flyß angewendt. Was imm aber verlangt und wie

16 wahrscheinlich, um die der Mai-Synode 1534 eingereichte Klage gegen die Mönche von Rüti (s. oben Nr. 371) zu bereinigen und sich über das weitere Vorgehen abzusprechen (s. Zürich StA, E II I, 177-179, «Instructio, ob die münch nit woltint gestendig syn, wie man inen begegnen soll»). - Wer außer Stumpf und Bullinger im einzelnen an dieser Beratung teilnahm, ließ sich nicht nachweisen.
17 schriftlich aufbieten (SI IX 1521f).
18 29. Dezember 1534.
19 gemeinsam.
20 über alle Dinge; wohl bezüglich des Klosters Rüti.
21 an was wir festhalten wollen.
22 in welchem Maß wir uns ... anerbieten wollen (SI IV 1868f).
23 welche Anerbieten wir der Regierung machen wollen in bezug auf die Aufnahme von Zeugenbeweisen.
24 für lange Zeit.
25 bewahren, erhalten (SI II 1229).
1 Bullingers Brief ist die Antwort auf Stumpfs Schreiben vom 28. Dezember (Nr. 499), auf das er sich wiederholt direkt bezieht. Diese Antwort ist noch vor dem Neujahrstag abgefaßt worden (s. Z. 7).
2 Konrad Lüthard.
3 Siehe Nr. 499.


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es ergangen, kan üch Thomas Bucher, 4 , der fromm, trüw, redlich man wol anzöygen.

Nach dem nüwen jar wöllend wir unß beradtschlagen, ob wir untz 5 an synodum 6 wartind, oder belder darzu thügind, daß unß die kundtschafft 7 nitt ze schwerr werde 8 , sunder daß unsere kundtschafft allso 9 wol allß der widerparth 10 gehört, und wir allwäg 11 selbs verhört, beschickt 12 und bevragt werdint.

Nüwer meren ist nützid vorhanden, onet 13 daß ich hüt vor minen herren urloub dem von Pflifficon 14 erworben hab. Der ist berufft inn Wirtemberg mitt sampt andern ettlichen armen brudernn uß Soloturner piet vertriben 15 .

Das ich üch inn gheim befolhen ze erkundigen 16 , acht ich wol, es sye mir ein gschwatz fürgetragen, daruff nitt vil ze setzen sye. Sind allweg redlich, einfällt wie die tuben und fürsichtig wie die schlangen 17 . Tempora mala sunt.

Grütze mir alle geliepte brüder. Bos lassus fortius figit pedem 18 .

Tuus H. Bullingerus.

[Adresse auf der Rückseite:] An Johansen Stumpfen, praedicanten ze Bubickon, sinem fürgeliepten bruder.

4 Er hatte Bullinger Stumpfs Brief vom 28. Dezember überbracht, s. oben S. 463, 4-9.
5 bis.
6 Die Frühjahrssynode 1535 fand am 27. April statt, s. Zürich StA, Synodalprotokoll, E II I, 193.
7 unser Zeugnis, unsere Beweise.
8 damit uns der Zeugenbeweis nicht zu mühsam wird, namentlich daß unsere Zeugen genau so gut wie die Gegenpartei angehört werden. - Vermutlich handelte es sich um die Angelegenheit der Mönche zu Rüti; s. oben S. 363f, 16-22 und oben Nr. 371.
9 ebenso.
10 der Mönche von Rüti.
11 jedenfalls.
12 vorgeladen.
13 außer
14 Pfarrer in Pfäffikon (Kt. Zürich) war Johannes Wagner, s. oben S. 342, Anm. 15.
15 Für viele der Ende 1533 aus Solothurn vertriebenen reformierten Pfarrer bedeutete die Reformation in Württemberg Hoffnung und Möglichkeit, zu einer neuen Stelle zu kommen, s. etwa oben Nr. 465.
16 Kann sich auf die Nachricht beziehen, die Lavater am 21. Dezember 1534 gemeldet hat; s. oben S. 4521, 32-43.
17 Mt 10, 16.
18 «Müde Ochsen treten hart», Adagia, I, I, 47 (LB 1147); Otto 58, Nr. 264. - In welchem Sinn Bullinger das Sprichwort hier anwendet, ist nicht ganz klar. Vielleicht will er auf die Kampfeslust der Mönche von Rüti oder der Gegner des evangelischen Glaubens im allgemeinen anspielen.