Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[821]

Ulrich Wirz an
Bullinger und
Jos Meyer
[Aarau],
16. Mai 1536

Autograph: Zürich StA, E II 335, 2018 (Siegelspur) Ungedruckt

Ist ebenso wie der Vormund [von Dorothea Wirz]gewillt, die Zusagen [bezüglich ihrer Verehelichung mit Jakob Walden zu halten; beide bedauern die Verzögerung und geben Bullinger keine Schuld daran. Empfiehlt, den Obervogt (Sulpitius Hailer] um Vermittlung zu bitten und in dessen Begleitung die Verwandten [des Mädchens]aufzusuchen; Wirz und der Vormund bieten ihre Dienste an. Der Brief des Bürgerrneisters (Heinrich Walder] an [Haller]hat die Sache günstig beeinflußt. Daß [Wirz und der Vormund] das Mädchen zu sich kommen lassen, geschieht nicht, um es dem Bürgermeister zu entziehen, sondern um den Obervogt zufriedenzustellen; dies haben sie auch Heinrich [Lochmann]geschrieben. Hofft auf einen guten Ausgang. Verbittet sich Ehrentitel.

d, e Über den (nicht mehr erhaltenen) Verschlußstreifen geschrieben.
13 irrtümlich geglaubt.
14 sie seien dort gewesen.
15 kommen lassen (SI VIII 523f).
16 zu Handen nehmen?
17 gemäß dem, was sie vorfinden.
18 Bürgermeister Heinrich Walder.
19 Hans Rudolf Lavater; vgl. oben Nr. 798, Anm. 18.
20 williger.
21 Siehe oben Nr. 722, Anm. 25.
1 Jos Meyer, von Zürich, Sohn des gleichnamigen Gerichtsweibels, studierte 1512 in Köln und wurde 1513 Baccalaureus. Ab 1519 war er Chorherr am Fraumünster. Von 1528 bis 1533 ist er als Amtspfleger des Siechenhauses an der Spanweid nachweisbar (letzte Erwähnung: Zürich StA, C II 19, Nr. 262), wo er auch predigte (AZürcherRef 1757, S. 751). Noch 1539 wird er als Schirmvogt genannt (Zürich StA, B VI 334, f. 161r. und 167r.). Wahrscheinlich starb er 1545 oder 1546 (vgl. die Angaben zu seiner Pfründe


Briefe_Vol_06_288arpa

Min gantz willig, unverdrossen dienst allzit zuvor.

Ersamen, hoch und wol gelerte, insunders günstig, lieb herren und christliche brüder, ich hab all min läbtag, sid har 2 das ich zur vernunft bin kon, nüt hochers und werders geacht, dan versprochne trüw und gloub zehalten. Des hab ich mich ouch alweg gegen yederman geflissen - die wil ich sust weder rich nach 3 gschickt -, das ich min trüw leistete, weiches mich biß har nit wenig genutzt. Des halb bin ich nach des sins, was ich verheisse gegen der welt, das will ich leisten, als a wit min b lib und gut langt. Darum, gunstig, lieb herren und christliche brüder. sond 4 ir kein zwifel han: Was ich üch zu gesagt, will ich trülich leisten. Ich hoff ouch, ich habs nach biß har in unser sach 5 than und wils, ob gott wil, nach witer thun, das kein schuld an mir erfunden werd. Des meitlis vogt 6 ist ouch nach des sinns, das er üch halten well, was er c üch verheissen hab. Ist aber etwas ein wenig geyrt 7 ; daran tragen wir kein schuld, und ist unß nit minder leid dann üch. Wir d truwends ouch Meister Heyrichen nit 8 , deß halb hett es keiner entschuldigung bedörffen e9

Mich dunckt aber, der sach were nach wol zethun. namlich uff die wiß: Han ichs recht verstanden, so wirt der obervogt 10 nach diss meyens zu üch uberhen 11 kon. Da were min rat, das man in anstrangte 12 mit bitt, das er von üwert wegen an die früntschafft 13 wurbe 14 von des meitlis wegen, und so ers üch verheiß, das ir dann mit im uberhen f ritten und selbs underougen 15 bi der handlung weren. So han ich kein zwyfel g es wurde , gan. Was wir dan bed, ich und der vogt, gutz können handlen, wend wir unß nüt sparen. Solichs hand wir üch vor mais und yetz verheissen, wentz 16 ouch trülich leisten; des sönd ir üch gentzlich za unß versächen 17 .

a vor als gestrichenes so.
b vor min gestrichenes der.
c vor er gestrichenes wir.
d-e von Wir bis bedörffen am Rande nachgetragen.
f uberhen korrigiert aus uber.
g zwyfel korrigiert aus zwyfl.
in den Zinsbüchern und Rechnungen des Fraumünsteramtes, Zürich Stadtarchiv, B III 336 [1545] und 338 [1546]). Über seine Beziehung zu Bullinger und zu der im vorliegenden Brief behandelten Angelegenheit ist weiter nichts bekannt. — Lit.: AZürcherRef, Reg. und Nr. 1351; Andreas Meyer, Zürich und Rom. Ordentliche Kollatur und päpstliche Provisionen am Frau- und Grossmünster 1316-1523, Tübingen 1986. — Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 64, S. 333, Nr. 464 (mit teilweise fehlerhaften Angaben).
2 seit (SI II 1565).
3 noch.
4 sollt.
5 Gemeint ist die Anbahnung einer Ehe zwischen Dorothea Wirz und Jakob Walder; s. oben Nr. 782, Anm. 4.
6 Der Vormund von Dorothea Wirz (Müller. unten Nr. 834, 7 mit Anm. 5.
7 gehindert, verzögert (SI I 408f).
8 Wir trauen es auch Bullinger nicht zu (daß er an der Verzögerung schuld ist) (SI XIV 1595f).
9 Ein Entschuldigungsschreiben ist nicht bekannt.
10 Sulpitius Haller Landvogt zu Lenzburg.
11 (nach Zürich) hinüber (SI 111323).
12 auffordern, ansprechen soll (SI XI 2302- 2304).
13 Verwandten (SI I 1307f).
14 sich bittend wende (Grimm XIV/I 2 170).
15 anwesend (SI I 133).
16 wollen es.
17 auf uns verlassen (SI VII 566f).


Briefe_Vol_06_289arpa

Wüssend ouch, das mins herr burgermeisters schriben an obervogt 18 wol hat erschossen 19 ; dan die sach hatt umb ein gutz gemiltret 20 . Des halb wer min rat, wie ob erlütret.

Demnach, gunstigen, lieben herren, ist unser gar ernstlich bitt, ir wellen mirs und dem vogt nit zu ärgem uffnemen, das wir nach dem meitli schicken; dan das selbig gantz und gar nit gschicht darum, das wirs dem eerenman, dem burgermeister, entziechen und neißwan 21 anderschwo hin vermächlen wellen, dann niemants, von gottes gnaden, dan des burgermeisters sun 22 darum wirbt, sunder alleinig darum, das wir des ober vogts ougen erfüllen 23 . Wir hands ouch Heyrichen zum Elsesser gschriben 24 , warumb wirs bschicken 25 ; der wirts üch wol anzeigen.

Zu letst bitt ich gott den allmechtigen, unser aller vatter, sye es sin wil und diene es zu siner eer, das er den handel mit sinen gnaden zu eim guten anfang und zu eim glücklichen end bring. Amen.

Gott bewar üch zu allen zitten. Nach umb ems, hatt ich schier vergessen, und ist doch das fürnemst: Namlich minethalb bitt ich üch bedsamen, so ir mich üwer brieffen h mer wirdigen wellen, das ir üwere hoffligkeit der grossen titlen halb -"gelerter" und "herr" —massigen wellen; dann die mir nit, sunder üch zimmen. Ich bin ein armer, gemeiner, unkönnender und unwirdiger diener und deßhalb nit wirdig, das ich ein provisor genempt werd, ein glerter herr.

Datum 16. maii anno etc. 36.

Ulrich Wirtz, uwer armer

underdienstiger 26 .

[Adresse auf der Rückseite:] Den erwirdigen, hoch und wolgelerten Meister Heyrich Bulli und her Josen Meyer, minen gunstigen, lieben herren zu Zürich.

h vor brieffen gestrichenes, verschriebenes brieff.
18 Der Brief Heinrich Walders an Sulpitius Haller scheint nicht erhalten zu sein.
19 Erfolg gehabt hat (SI VIII 1392).
20 ist um ein gutes Stück einfacher geworden
21 irgendwo (SI IV 809f).
22 Jakob Walder.
23 um ihn zufriedenzustellen (vgl. SI I 794).
24 Der Brief an Heinrich Lochmann ist ebenfalls verloren.
25 kommen lassen (SI VIII 523f).
26 dienstwilliger (SI XIII 778f).