Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[798]

Sulpitius Haller an
Bullinger
Lenzburg,
18. April 1536

Autograph a : Zürich StA, E lI 360, 317 (Siegelabdruck) Ungedruckt

Ist einverstanden mit einem Besuch Bullingers wegen [der Heiratssache]des Mädchens [Dorothea Wirz]; will Heinrich Lochmann auf den 26. April zu sich bestellen, um die dessen Ehefrau [Maria Wirz] betreffende Angelegenheit zu regeln, und schlägt Bullinger denselben Termin vor. Weiß noch nicht, ob Bern den französischen Truppen Durchmarsch gewährt. Hat keine Neuigkeiten zu berichten. Bullinger kann auch früher kommen. Grüße.

Min früntlich grus und alles gucz zu for.

Lieber Meyster Heinrich, über 1 früntlich schriben 2 han ich wol verstanden. Uf das füeg ich üch ze wüsen, was ich üch er 3 und gucz könd bewisen, wet 4 ich als minen sünder 5 lieben herren bewisen als der über.

Lieber Meister Heinrich, lan üch wüsen, wie ier gern zu mier weren von wegen des handels an trefen das meittli 6 , ist nyt an 7 . Ich wirt jecz Heinrich Lochman 8 schriben 9 das er jecz uf mitwücken, am 26. tag dis manet, bi mier

a Zu den Eigenheiten von Hallers Schreibweise s. oben Nr. 752, Anm. a.
1 euer.
2 Nicht erhalten.
3 an Ehre.
4 mochte.
5 besonders.
6 das Mädchen (Dorothea Wirz) betreffend; vgl. oben Nr. 782, Anm. 4.
7 das ist nicht ohne, kein schlechter Vorschlag (SI I 261f.
8 Heinrich Lochmann, auch Heinrich zum Elsasser genannt, 1511-1576, von Zürich, amtete von 1531 bis 1552 als Weinherr in der städtischen Weinschenke zum Elsasser (letzte Abrechnung: Zürich StA, A 56). 1531 nahm er als "Vortrager" am Zweiten Kappelerkrieg teil (s. HBRG III 194), wo er verwundet wurde und sich durch Tapferkeit auszeichnete. Seit diesem Jahr war er auch Zwölfer der Zunft zur Gerwe. Spater erscheint er als erfolgreicher Geschäftsmann; unter anderem war er am Eisenbergbau im Sarganserland beteiligt (s. EA IV/1e 660. 663. IV/2 1077f). 1552 wurde er Ratsherr der Zunft zur Gerwe und (wohl nicht 1556, sondern) 1565 Pannerherr. 1567 führte er
den Auszug auf den Üetliberg an. Etwas von Lochmanns Charakter läßt ein Augenzeugenbericht Pantaleons erkennen, wonach er als Gesandter Zürichs 1575 in Baden mit Stiefeln und Sporen zu einem Fursten ins Bad stieg, weil er nicht zurückkehren wollte, ohne seinen Auftrag ausgeführt zu haben. Bullinger entwarf zwei Briefe für ihn (s. unten Nr. 820, Anm. 9). — Lit.: Johann Friedrich Meiß, Lexicon geographico-heraldico-stemmatographicum urbis et agri Tigurini, Bd. III, S. 231 (Zürich ZB. Ms E 56); Hans Conrad Peyer, Von Handel und Bank im alten Zürich, Zürich 1968, S. 17f; Fabian, Geheime Räte, Reg.; HBLS IV 699; (zum Zug auf den Üetliberg:) Die Wickiana. Johann Jakob Wicks Nachrichtensammlung aus dem 16. Jahrhundert. Texte und Bilder zu den Jahren 1560-1571 ausgewählt, kommentiert und eingeleitet von Matthias Senn, Küsnacht-Zürich 1975, S. 143; (zum Vorfall in Baden:) Heinrich Pantaleon, Warhafftige und fleissige beschreibung der Vralten Statt und Graueschafft Baden ..., Basel 1578, S. 80f.
9 Hallers Brief an Lochmann ist nicht erhalten.


Briefe_Vol_06_240arpa

zu Lenczbürg nacht erschynen sol; dan wier jecz sin handel went machen von wegen siner husfrow 10 . Doch wirt ich im ein eigen botten 11 sicken. Wen dan üch dar an wil gelegen sin, das ier dan ouch kement. Was ich dan gucz kan handlen in dem oder ander schachen 12 , wil ich der über sin.

Von des Franczzosen halb 13 hand mier min herren nüt noch geschriben, weder das si im welent bas gen 14 oder nit.

Nüwer meren 15 halb kan ich üch nüt schriben; dann ich nüt anders weis, dann das got sin hand dapfer 16 ob unns hat alls ein gnediger got, got sig lob.

Wen aber üch an der schach so fil wit gelegen sin, so mögent ier ee kon 17 .

Nit me, denn got halt üch in siner hut.

Geben in il an 18. tag aprell im 36. jar.

Grüesent mier den vogt von Kibbürg 18 und Meister Leüw 19

Uwer all zit willer 20 thiener

Biczius Haller, ober vogt

zu Lenczbürg.

[Adresse auf S. 318:] Dem erwürdienn, wolglertenn h[errenn] Meister Heinrich Büllinger, minem sünder lieben herrenn und bruder.

10 Seit dem 28. Juli 1534 war Lochmann mit Maria (Meryali, Märgily) Wirz verheiratet (s. Zürich Stadtarchiv, VIII C 1). Laut einer Notiz in Meiß, aaO, S. 231, stammte sie von Schöftland (Landvogtei Lenzburg) und starb 1587. Aus einem Brief Hallers an Lochmann (s. unten Nr. 865, Anm. 10) scheint hervorzugehen, daß sie eine Schwester von Dorothea Wirz war. Bei der sie betreffenden Angelegenheit handelt es sich wohl um ihren Anspruch auf einen Anteil am Erbe ihres Großvaters, Konrad Fellenberg von Suhr (Kt. Aargau). Am 2. Mai erschienen Hans Rudolf Lavater und Lochmann einerseits, Sulpitius Haller und Jakob Wyß, Schaffner zu Zofingen und Stiefvater der Kinder Fellenbergs, andrerseits, vor dem Berner Rat, um den in dieser Sache erzielten Vergleich besiegeln zu lassen (Bern StA, A I 336, S. 286f, vgl. auch 289; A II 126, S. 174).
11 Unbekannt.
12 Sachen.
13 Betreffend den französischen König Franz I.
14 Durchmarsch (SI IV 1655f) gewähren. — Bereits Mitte Februar war einem entsprechenden Gesuch teilweise stattgegeben worden (s. EA IV/1c 641f). Am 8. April wurde ein erneuter Antrag des französischen Gesandten Boisrigaut mit dem Hinweis auf die bereits erteilte Genehmigung beantwortet (s. Bern StA, A II 126, S. 100). Mitte Mai intervenierte deshalb ein kaiserlicher Gesandter in Bern (s. EA IV/1c 689). Vgl. auch unten Nr. 831, 5-29.
15 Nachrichten.
16 stark, gewaltig (SI XIII 970-972).
17 früher kommen.
18 Gemeint ist wohl Hans Rudolf Lavater (vgl. oben Anm. 10 und unten Nr. 865, 16), der allerdings bereits seit Aschermittwoch (1. März) nicht mehr Landvogt von Kyburg war (s. Stucki 153).
19 Leo Jud.
20 williger.