[1675]
Autograph a : St. Gallen Kantonsbibliothek (Vadiana), Ms 34 (VBS V), 228 (ohne Siegel) Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 152-154, Nr. 972
Dank für Blarers Brief [Nr. 1673]; möge Gott seiner Kirche beistehen! Weiß nichts Sicheres
von den eidgenössischen Soldaten im Dienste [Franz' I.]; am Tag zu Baden [vom 2. Oktober]
legte eine französische Gesandtschaft [Guillaume Maillard und Jörg Wül]einen Brief vor, in
dem der König vom erfolgreichen Kampf gegen Kaiser [Karl V.] und dem treuen Dienst der
eidgenössischen Soldaten u. a. bei Perpignan berichtet, doch sei ihm zu Ohren gekommen,
dass man ihm die Eidgenossen abspenstig zu machen versuche und dass Zürich es mit dem
Haus Österreich halte; beigelegt waren auch Kopien von Schreiben aus Nürnberg an den
König und an Kardinal [François]de Tournon, worin gemeldet wurde, einige [Reichsstände]Briefe_Vol_12_210 arpa
hätten an die Eidgenossen geschrieben, um sie zur Türkenhilfe und zur Abmahnung ihrer
Söldner aus dem französischen Heer zu bewegen, und in denen es weiter heißt, Zürich habe
sich von Frankreich abgewandt und sei dem Haus Österreich günstig gesinnt. Daraufhin
verteidigte Bürgermeister [Johannes]Haab die Haltung Zürichs [gegen den Reislauf]mit der
Sorge der Stadt um die Eidgenossenschaft und der Verpflichtung dem Haus Österreich gegenüber;
wenn die Anschuldigungen tatsächlich aus Nürnberg stammen, lässt dies Rückschlüsse
auf die Stimmung im Reich zu; Blarer soll vorsichtig sein, wenn er diese Nachricht weiterleitet,
damit Bullinger kein Schaden daraus entsteht. Gerade kommen Nachrichten, dass Uri, Schwyz
und Unterwalden ihre Söldner vom König abmahnen wollen; eine Niederlage könnte das
verirrte Volk zur Besinnung bringen; möge Gott uns beistehen! Entschuldigt sich für die
schlechte Schrift, war in Eile. Grüße; möge Gott Johannes [Zwick]erhalten; Werner Steiner
starb am 6. Oktober an der Pest; weitere Grüße.
Gratiam et vitae innocentiam a domino.
Ago tibi gratias ingentes pro literis illis tuis 1 summa fide et diligentia scriptis, ex quibus tuam erga me fidem et charitatem facile intelligo. In his sunt quaedam, quae terruerunt, sunt alia, quae summa affecerunt voluptate. Dominus ecclesiam suam iuvet et liberet ab omni malo 2 , malos autem corripiat ad animarum ipsorum incolumitatem.
De exercitu Helvetiorum nostrorum militante apud Gallum 3 nihildum habemus certi. Sequentia non temere Germanice scribo. Alls min herren von Zürych den tag gen Baden beschriben 4 allen eydgnossen mentags nach Michaelis 5 , alls ich üch in vorigen brieffen bericht 6 , ist des Frantzosen bottschafft 7 erschinen und hatt einen brieff vomm künig uß Franckrych yngelegt, der lut also, das er sine liebe verpündeten wüssen lasse, dass es imm wider den keysser 8 wol gange; dann gott werde imm wol hälffen wider des keyssers mutwillen, und dienind imm die knächt von eydgnossen wol und trüwlich. So habind yetzund vor Parpian 9 sine find ettlich fendli dahinden gelassen etc. Diewyl er dann gruntlich vernämm, das ettlich lüt sy, die eydgnossen, understandint 10 vom künig abzuwenden, bitte er sy, das sy stät 11 an imm blyben wöllind etc. Hiemitt wendt er die red von allen eydgnossen uff die von Zürych und schript uff die meynung 12 : "Und mich befrömbdet an üch von Zürych, das ir üch wider mich mitt allen krefften setzind und es mitt dem huß Oesterrych 13 habend, die, wenn irs rächt bedäncken wöltind, nitt minder üwer dann min vind sind. Wir habend üch nüt ze leid thon und habend gehalten die tractat des fridens 14 ; so möchte es mitt üch nitt böser
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sin, ir hättind mir dann ze voll abgesagt 15 . Dorumb min anmutung an üch b ist, ir wöllind mich in minem glück nitt irren 16 , wöllend ir mir nitt günstig sin" etc. 17 , mitt vil me hochmütiger worten. Darnäben sind zwo copyen 18 yngelegt, eine von Nürenberg an künig geschriben, die ander ouch von Nürenberg an cardinal von Durnang 19 gen Lyon; beyd haltendts die meynung inn, das, der die brieff von Nüerenberg ab dem rychstag geschriben 20 , anzeigt nähen dem, das er den künig bericht, was uff dem tag verhandlet und das ein anderer angesetzt 21 , ettliche an die eydgnossen geschriben habend, sy angewendt umb hilff 22 wider den Türcken zu schicken und das sy knächt vom künig abmanind etc. 23 Da sölle aber der künig wüssen, das sömlichs nun 24 wenig lüten uff dem tag und nitt aller rychsständen meynung und will sye. Zudem sye ein statt ||228v. in eydgnossen, heysse Zürych, die sye dem künig abhold, dem rych aber und huß Oesterrych gantz günstig, durch welche man ettwas understand ze handlen etc. Daruff unser herr burgermeister Hab 25 gar dappffer 26 geantwurt 27 , was Zürych gethon 28 , habe es
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thon uß christlicher pflicht und liebe zur eydgnoschafft, ouch das man ettwas mitt der erbeynigung zum huß Oesterrych verpflicht 29 , dem rych guts schuldig etc. Quod si est Nerobergae, qui secreta comitiorum scribit Gallo, et non potius ea fabula a nostratibus Gallis contexta est, video, quo loco sint in imperio, qui consultant de patriae incolumitate. Quod si hec amicis tuis communicaveris, vide, ne mihi possit esse fraudi.
Jetzund kumpt das gschrey 30 , Ury, Schwytz und Underwalden wöllind die iro vomm künig abmanen, und habindts abgemandt. 31 Summa: Es ist gar [ein] eilend, verirret volck. Wurde inen ein gute schlappen 32 , acht ich und trüwen gott, [es] syend daheim noch so vil frommer lüt, denn were gut handlen, das man fürsten und herren müssig gieng und rächt thät. Bittend gott, das er uns hälff et ne in furore corripiat, sed disciplinet ad multorum eruditionem et incolumitatem.
Condona vitium cacographiae; nam festinavi plus quam credas.
Vale cum tuis omnibus, consule Blaurerio 33 , Zvicciis 34 et reliquis; dominus servet nobis d. d. Ioannem Zviccium. Excessit peste extinctus 6. octobris Wernherus Steinerus, cui dominus sit propitius. Salutant te Pellicanus, Bibliander, Gvaltherus, Megander, Fabritius 35 et reliqui omnes.
13. octobris anno 1542.
H. B. tuus. c
[Ohne Adresse.]