Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[1792]

Oswald Myconius an
Bullinger
Basel,
1. Oktober 1543

Autograph: Zürich StA, E II 343a, 275 (Siegel) Ungedruckt

Hat ihm keine Nachrichten vorenthalten, sondern diese - in Abschrift von Leodegar [Hirsgarter] dem Pfarrer von Wald [Martin Manhart]mitgegeben [Nr. 1785]; nur die Mitteilungen Bucers über den Kölner [Erzbischof Hermann von Wied] behielt er für sich, da Bucer durch [Christoph] Froschauer ausführlich direkt an Bullinger schreibt [Nr. 1789]. Kaiser [Karl V.]stößt im Luxemburgischen gegen den Franzosen [Franz I.] vor, der neben anderen Städten auch Luxemburg eingenommen hat; der Verlust von Diedenhofen wäre für den Kaiser schwerwiegend; im [Kurfürstentum] Köln haben die durchziehenden Spanier und Italiener ihrem Hass auf die Lutheraner Ausdruck gegeben und das Land verwüstet, aber die Menschen geschont; das Mandat [gegen Hildesheim], das [Johannes] Gast übersendet, belegt die Gottlosigkeit des Kaisers, auch wenn ihn [Ludwig] von Reischach in Schutz nimmt. Theobald Nigri schreibt, der Türke [Sultan Suleiman I.]belagere Krakau; sollte dies zutreffen, wäre Sachsen in höchster Gefahr; laut einer Flugschrift sollen Italiener Gran verraten haben, und auch Stuhlweißenburg, soll gefallen sein.

S. Non me recte accusas negligentiae, mi Bullingere; nam eo die, quo postremas tuas 1 scripsisti, et ego meas 2 ferendas ad te commendavi (quamvis descriptas a Leodegario 3 tuo) per parochum vici ditionis istius Wald. 4 Si

20 Nach dem Sieg über Jülich wurde das kaiserliche Heer in den Hennegau verlegt; vgl. Henne VIII 137.
21 Christian III., der Kaiser Karl V. den Krieg erklärt hatte, rechnete mit einem solchen Angriff; der Kaiser zog es jedoch vor, die Kräfte auf Frankreich zu konzentrieren; vgl. Rudolf Häpke, Die Regierung Karls V. und der europäische Norden, Lübeck 1914 (Nachdruck: Hildesheim-New York 1976). — Veröffentlichungen zur Geschichte der Freien und Hansestadt Lübeck 3, S. 221f.
1 Nicht erhalten.
2 Oben Nr. 1785.
3 Leodegar Hirsgarter (vgl. ebd., Anm. a). Über ihn vermerkt Bullinger in seiner Stipendiatenliste: "Was ein geflißner, geschickter mensch, der vil und wol schreib" (Zürich ZB, Ms Car C 44, 922, Nr. 22).
4 Pfarrer Martin Manhart aus Wald war zwecks Eheschließung nach Basel gereist, wie sich einem Brief Theodor Biblianders an Myconius entnehmen lässt; s. Zürich StA, E II 340, 60.


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nihil a reddidit, requirito; nam omnia, quae novi certa, misi. Praeterea de Coloniensi 5 quaedam significarat Bucerus, 6 quae continui, quia noram Bucerum ipsum scripsisse tibi per Froschouerum 7 longe plura, quem nescio tamen an redierit.

Tribus agminibus proficiscitur caesar8 8 in Gallum 9 , qui pleraque oppida in d[itione] Lutzenburgensi cepit et incendit, nuper etiam Lutzenburgum ipsum. 10 Superest Diedenhofen 11 , quod oppidum si occupant, in ea regione negocium erit caesari. Hispanis et Italis 12 nihil pertinaciter malignius. Dum transierunt per ditionem Coloniensis, hic clamor fuit: "Maza, maza Lutherani os?]b !"13 Vastarunt omnia, pepercerunt hominibus tamen Ex mandato, quod mittit Gastius, 14 videbis impietatem caesaris. Quamvis d[ominus] et amicus noster de Rischach 15 mirabiliter hunc tueatur.

Scripserat insuper M. Theobaldus Nigri 16 et Cracoviam obsessam a Turca 17 . Equidem spero meliora. Ea c re terribilius nihil; nam sine negocio foret illa occupata aditus in Saxoniam. Et circumfertur libellus de proditione Italorum quorundam contra Strigonium. 18 Captum adserunt et Stulwissenburg. 19 Haec sunt tempora praesentia. Dominus tueatur verbum suum.

Vale.

Basileae, kalendis octobris anno 1543.

Os. Myconius

tuus.

[Adresse auf der Rückseite:] D. Heinricho Bullingero doctissimo suo.

a nihil am Rande nachgetragen.
b In der Vorlage Lutherân.
c Vor Ea ein gestrichener Buchstabe.
5 Erzbischof Hermann von Wied.
6 Bucer an Myconius, 26. September 1543 (Zürich ZB, Ms F 80, 175).
7 Bucer hatte im erwähnten Brief an Myconius angekündigt, durch Froschauer an Bullinger schreiben zu wollen; der Brief an Bullinger datiert vom 26. September (oben Nr. 1789).
8 Karl V.
9 König Franz I. von Frankreich.
10 Die Hauptstadt des Herzogtums war am 12. September erobert worden. Zum Vormarsch der französischen Truppen und zum Beginn der Gegenoffensive des Kaisers s. Henne VIII 133-138.
11 Thionville (Dép. Moselle).
12 Gemeint sind kaiserliche Soldaten.
13 Etwa im Sinne von: "Tötet die Lutheraner", vgl. den italienischen Kriegsruf "Ammazza, ammazza!"(s. Salvatore Battaglia, Grande dizionario della lingua italiana, Bd. I. Turin 1961, S. 403).
14 Nämlich das Mandat gegen Bürgermeister und Rat von Hildesheim, s. oben Nr. 1791, 13f mit Anm. 8.
15 Ludwig von Reischach.
16 Ein entsprechender Brief liegt nicht vor.
17 Sultan Suleiman I.
18 Zur Flugschrift über die Eroberung von Gran s. oben Nr. 1788, 271 mit Anm. 32.
19 Zur Einnahme von Stuhlweißenburg (Székesfehérvár, Ungarn) durch die Türken am 4. September s. Paulo Giovio, Historiae sui temporis II/2, Rom 1985. —Opera V, S. 145-154; Hammer-Purgstall III 259.