Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2341]

Oswald Myconius an
Bullinger
Basel,
31. Januar 1546

Autograph: Zürich StA, E II 336a, 225 (neu: 243)(Siegelspur) Ungedruckt

Myconius erfährt nur selten, wenn jemand nach Zürich geht, sonst hätte er schon längst Neuigkeiten über Regensburg geschickt. Er hatte allerdings nur Nachrichten über die Teilnehmer am [Religions]gespräch, von denen damals außer den [Evangelischen] nur der Colmarer [Johannes Hoffmeister] in Regensburg eingetroffen war. [Sultan Suleiman I.]besetzte trotz des Friedensabkommens zwei oder drei Burgen und entschuldigte sich, indem er sagte, er hätte den Seinen lediglich einen Durchgangsweg bereitet! Herzog [Wilhelm IV.] von Bayern hat seinen um Regensburg wohnenden Untertanen bei Strafe der Güterkonfiskation und des Exils verboten, das Wort [Gottes] in Regensburg zu hören, ja sogar in dieser Stadt irgendetwas zu kaufen oder zu verkaufen. Die [Basler] schicken einen [Brief] an den [Zürcher] Rat mit Nachrichten über die Pfalz. Ferner sollen sich Graf Wilhelm [von]Fürstenberg, Graf [Philipp IV.] von Hanau[-Lichtenberg] und Graf [Johann] von Salm zusammen mit Graf [Jakob?] von Bitsch wegen des Schmalkaldischen Bundes nach Frankfurt begeben haben. Heute hörte Myconius von einem Mitglied der [Basler] Stadtführung [Adelberg Meyer?], dass Kaiser [Karl V.] zu einem neuen Krieg gegen [Franz I.] rüste. Wie, wird Myconius später, falls er es nicht vergisst, berichten. Bullinger soll Thomas Grunder den Brief für [Simon]Sulzer übergeben und den anderen Brief [an Vadian] so schnell wie möglich zustellen lassen. Grüße an Theodor [Bibliander] und [Konrad] Pellikan.

S. Nescio, qui fiat, ut tam raro, qui Tigurum eunt, a me sciantur. Scripsissem dudum, quae noram ex Ratisbona 1 , nisi defuissent, qui ferrent. Nunc antiquata 2 b Darunter Blarers Empfangsvermerk: 1. februari 1546.

11 Die von Erb gesandte Abschrift der "Artickel"; s. Nr. 2333,40—43.
12 Katharina, geb. Ryff.
13 Von Blarers Kindern lebten zu diesem Zeitpunkt Katharina, Gerwig, Johann Thomas, vielleicht auch Arta; vgl. Pressel,
Blarer 498. 516; Blarer BW III 101—104.
14 Konrad Zwick.
1 Regensburg, wo sowohl der Reichstag als auch das Religionsgespräch stattfanden.


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ita sunt, ut placere non possint amplius; quamobrem omittenda puto. Tametsi, ut hoc obiter, nihil fuerit nisi de colloquutoribus, quorum nullus aderat tunc nostris exceptis praeter Colmariensem 3 .

De Turca 4 et eius contemptu contra nos, ut qui in ipsis induciis 5 occupavit duas vel tres arces 6 et, propter id correptus, respondit inducias se non violasse, sed suis parasse transitum, si sic opus esset in posterum. Ita rideri solet victus a victore!

De duce item Bavaro 7 , qui prohibuit sub poena confiscationis bonorum et exilii, ne quis suorum (qui tamen urbem circumdant Ratisbonensem) ingrediatur ad audiendum verbum, imo ad vendendum vel emendum quicquam. Tyrannis, quae puto propediem habitura finem, est. Heac breviter in literis meis fuerunt.

Nunc miserunt 9 ad senatum vestrum nostri, quae sunt de Palatino. Adde, comes Guilielmus Furstenbergensis 10 , comes de Hanow 11 et comes de Salm 12 adiungunt quendam a comitem de Bütsch 13 . 14 Francfordiam descenderunt pro foedere Smalcaldensi. 15 Utinam haec omnia sint nobis fausta et felicia!

a In der Vorlage quidam.
2 Hier im Sinne von: überholt; veraltet.
3 Der Colmarer Augustinermönch Johannes Hoffmeister; vgl. Nr. 2333,62f.
4 Sultan Suleiman I. 5 Die Friedensabkommen vom Jahre 1545; s. HBBW XV 25 und Anm. 87.
6 Vgl. schon Nr. 2335 und Anm. 25. — Zu Waffenstillstandsverletzungen durch die Türken in Ungarn s. Hammer-Purgstall III 273; Austro-Turcica 100. 103.
7 Wilhelm IV. von Bayern.
8 Vgl. Wolrad, Regensb. RG 147. 178; RTA-JR VII 114f; und unten Nr. 2363,16—18. — Das Verbot wurde erst Mitte März aufgehoben; s. Wolrad, Regensb. RG, S. 336.
9 Brief von "Adelberg Meiger, Bürgermeister, unnd Rath der Stadt Basell" an Bürgermeister und Rat der Stadt Zürich, 30. Januar 1546. Zeitgenössischer Vermerk: "Bericht, daß in der Pfaltz die Meß abgeschaffet und Evangelisch Predigt inngesetzet worden seyen. 1546"(Zürich StA, A 187/1, Nr. 13). — Ein Entwurf dieses Schreibens an Zürich, Bern und Mülhausen findet sich in Basel StA, Missiven A 31a, S. 1077f; Herrn Rainer Henrich sei für diesen Hinweis gedankt.
10 Siehe Nr. 2327, Anm. 31.
11 Wohl Philipp IV. von Hanau-Lichtenberg,
geb. 1514, gest. 1590, von 1538 bis 1590 regierender Graf von Hanau-Lichtenberg. Er war mit Fürstenberg befreundet und hatte sich für dessen Befreiung eingesetzt; s. Wagner, Fürstenberg 260.
12 Wohl Graf Johann von Salm. Er hatte sich ebenfalls für Fürstenbergs Befreiung eingesetzt; s. Wagner, Fürstenberg, aaO.
13 Wohl Graf Jakob von Bitsch (geb. 1510, gest. 1570). Vielleicht pflegte Bitsch schon vor der 1560 stattgefundenen Eheschließung seiner Tochter Ludovica Margaretha von Zweibrücken-Bitsch mit Graf Philipp V. von Hanau-Lichtenberg Beziehungen zu diesem Hause. Doch blieb Bitsch beim alten Glauben (auch wenn er in guter Beziehung zu dem Hause Württemberg stand), während der Graf von Hanau-Lichtenberg in seinem Gebiet die Reformation einführte; s. Johann Georg Lehmann, Urkundliche Geschichte der Grafschaft Hanau-Lichtenberg im untern Elsasse, Bd. 2, Mannheim 1863, S. 331f. 335. 398.
14 Wohl ein Gerücht. Jakob von Bitschs Anwesenheit am Bundestag zu Frankfurt konnte nicht belegt werden.
15 Es ging um ihre Aufnahme in den Schmalkaldischen Bund; vgl. Vadian BW VI 495 (Nr. 1443).


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Hodie ex capite 16 nostrae urbis audivi caesarem 17 in hoc esse, ut novum contra Gallum 18 paret bellum. Hic equidem haereo. Qualiter, exponam posthac, si meminero et adfectus praesens non excutietur.

Literas ad Sultzerum 19 , queso, Thome reddas Grundero; alteras, cui 20 inscripte sunt, mittas, quam valebis ocyssime.

Vale in Christo cum tuis. Theodorum 21 salutabis nomine meo, Pellicanum itidem. Basileae, ultima ianuarii anno 1546.

Tuus Os. Myconius.

[Adresse auf der Rückseite:] D. Heinricho Bullingero, antistiti Tigurino, fratri in domino observandissimo suo. 22

16 Vermutlich Adelberg Meyer (Meiger) zum Pfeil, geb. nach 1482 in Basel, gest. am 8. Juni 1548 ebenda; Diplomat und Verordneter des Rats in außenpolitischen Angelegenheiten. Von 1521 an bis zu seinem Tod jedes zweite Jahr Bürgermeister (seit 1544 im Wechsel mit Theodor Brand); von 1524 bis 1546 Zeug- und Bannerherr im Range eines Hauptmanns. — Lit.: Contemporaries II 440; HLS VIII 525; Gast, Tagebuch passim. — Die Stadtführung von Basel bestand aus vier Personen: den zwei Bürgermeistern, dem Oberzunftmeister und einem Stellvertreter, damals nämlich Adelberg Meyer, Theodor Brand, Blasius Schölli und
Marx Heidelin. Wir danken Rainer Henrich für diese Angabe.
17 Karl V.
18 Franz I.
19 Nicht ermittelter Brief an Simon Sulzer. Von Myconius ist zu dieser Zeit kein Brief an Sulzer bekannt.
20 Wohl Myconius' Brief an Vadian vom 30. Januar 1546 (Vadian BW VI 493—495, Nr. 1443).
21 Theodor Bibliander.
22 Der vorliegende Brief wurde vermutlich dem offiziellen Boten der Stadt Basel anvertraut, der den auf den 30. Januar 1546 datierten Brief des Basler Rats an den Zürcher Rat übermittelte; s. Nr. 2353.