Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[757]

Bullinger an
Thomas Blarer
[Zürich],
6. März 1536

Autograph a : St. Gallen Kantonsbibliothek (Vadiana), Ms 33 (VBS IV), Nr. 14 (Siegelspur) Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW I 786f

Seine Erkundigungen auf Blarers Wunsch hin [Nr. 756]haben ergeben, dass die Domherren die fälligen Zinsen aufgrund eines Entscheides der 10 Orte - der allerdings nur für den Thurgau Geltung hat - von Zürich gefordert haben; sie wurden auf den Rechtsweg verwiesen, weil auch die Stadt Konstanz Anspruch auf die Zinsen erhebt. Hat dabei viel Wohlwollen gegenüber Konstanz gespürt, so dass dieses sicherlich zu seinem Recht kommen wird. Wird mitteilen, was er weiter erfährt. Grüsse.

Gnad und frid vonn gott durch unsernn herren Iesum Christum.

Früntlicher, lieber herr unnd bruder, allß ich nach üwerm begär uwer sach, mir letst verschryben 1 , hab angehept nachzevragen, hab ich vernummen, dass ir nitt bedörffennd die pfaffen 2 füremmen 3 , diewyl sich die sach der massen geschickt 4 , dass sy üch werdent müssen annemmen 5 . Dem ist also: Es habend die pfaffen uff den 4. martii die verfallenen zynss von minem herren burgermeister 6 geforderet 7 , dass der inen vergunnen 8 wölle, die ze zyehenn. Und

38 weil.
39 wichtigere (SI IV 362-364).
40 Unbekannt.
a Mit einer Randbemerkung und Unterstreichungen von späterer Hand.
1 Siehe oben Nr. 756.
2 die Domherren.
3 gerichtlich belangen (SI IV 746).
4 verhält (SI VIII 507f).
5 belangen (SI IV 739f).
6 [Diethelm] Röist.
7 Zur Forderung s. oben Nr. 756, 5-8, und Ekkehart Fabian, Ein Konstanzer Reformationsprozess vor dem Zürcher Rat zwischen Kirche, Politik und Recht 1525/1535-1538/1546, in: FS Karl Siegfried Bader. Rechtsgeschichte, Rechtssprache, Rechtsarchäologie, rechtliche Volkskunde, hg. v. F. Elsener und W. H. Ruoff, Zürich und Köln/Graz 1965, S. 123f. Zu


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gründent sich fürnemlich uff die erlangt urteyl vonn 10 orten gegäben b der güternn imm Durgöw ligend 9 ; vermeynend, es sölle ouch under den orten glyche urteyl gällten etc. Darüber aber irem schaffner 10 antwurt worden c , man werde die zynß one rächt 11 gar niemands lassen. Und diewyl ein statt Constantz ansprächig 12 an die zynss, söllind sy, die pfaffen d , tag erwerben 13 , so wölle man sy, so beyd theyl zugägen, verhörren und der gepür nach handlen. Also stadt es jetzund.

Daby hab ich vernommen grossen gunst gägen der statt Constans, dass, wo yenen 14 fug und rächt funden, wirt üch verlangen 15 , das ir begärend. Darzu hab ich gemerckt, dass sy mitt der urteyl der 10 orten inn miner herren gepiet wenig oder gar nüt schaffen 16 werdint. Es vermeynend gute herren, Zürych sye noch nitt ein vogthy, dass die vogtyischen urteyl sy bezwingind etc.

Sölichs laß ich üch guter meinung uff uwer begär wüssen, und was mir wyter ze wüssen thon, söllend ir ouch vernemmen 17 .

Gott sye mitt üch. Grützend mir doctor Hansen 18 , j[unker] Cunradten 19 und andere liebe herren und brüder.

6. martii 1536.

Heinrych Bullinger, der üwer.

[Adresse auf der Rückseite:] Dem ersammen, frommenn und wysen Thoman Blaurer, deß radts ze Costantz, sinem lieben herren e .

b in der Vorlage gägeben.
c worden am Rande für im Text gestrichenes gäben nachgetragen.
d die pfaffen am Rande nachgetragen.
e Darunter von Thomas Blarers Hand: 15. martii 1536, respondi 19. martii 1536 per Mangoldum. Sacramen[tum] Siehe unten Nr. 765.
den Forderungen der Domherren vgl. die Schreiben vom 13. August 1535 (Zürich StA, A 200. 1, Nr. 71), vom 19. und vom 25. Februar 1536 (ebd. Nr. 64 und 65).
8 bewilligen (SI II 334).
9 Zu den Entscheiden der zehn an der Herrschaft über den Thurgau beteiligten Orte vom 26. Jan. und 20. Nov. 1532 in Kreuzlingen und zur Bestätigung vom 4. Juli und 3. Aug. 1533 in Baden vgl. Fabian, aaO, S. 124-126. 128f.
10 Kaspar Bodmer, Amtmann des Domkapitels Konstanz in Zürich (vgl. Zürich StA, C 116, Nr. 137f).
11 (gerichtliche) Feststellung des Anspruchs (SI VI 252f).
12 Anspruch erhebt (SI X 734f).
13 einen Rechtstag verlangen (SI XII 794). — Die Angelegenheit verzögerte sich allerdings und fand erst mit dem Urteil des Zürcher Großen Rates am 7. Okt. 1538 zugunsten der Stadt Konstanz ihr Ende (vgl. Fabian, aaO, S. 143-146, und Zürich StA, B V 5, 333r.-334v.).
14 irgendwie (SI I 296).
15 zukommen (SI III 1331).
16 bewirken (SI VIII 308).
17 Vgl. unten Nr. 765, 1-4 mit Anm. 1.
18 Johannes Zwick.
19 Konrad Zwick.