Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2354]

Ambrosius Blarer an
Bullinger
[Konstanz],
17. Februar 1546

Autograph: Zürich StA, E II 357, 158f (Siegel) Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 417f, Nr. 1252

[Thomas Blarer] kehrte am Vortag [vom Schmalkaldischen Bundestag] aus Frankfurt zurück. Wegen der vielen Verpflichtungen seines Bruders konnte Ambrosius Blarer bisher nur Allgemeines vernehmen. Doch wird er bestimmt noch Weiteres erfahren, sobald der [Konstanzer] Rat die Unterlagen [des Bundestages] eingesehen hat. Es wurde ein Treffen des [Schmalkaldischen Bundes]auf den 1. April [in Worms] angesetzt. Bei dieser Gelegenheit wird der Bund verlängert, und es werden [Hermann von Wied, Erzbischof von]Köln, [Kurfürst Friedrich II. von der] Pfalz wie auch andere aufgenommen. Alle evangelischen Stände, sogar solche, die keine Mitglieder des Bundes sind, auch Pfalzgraf [Friedrich II.], sind bereit, dem

1 Im Original: "cognitores"; s. zu diesen Nr. 2352, Anm. 1.
2 Richtig: Mähren; vgl. WA L 309f.
3 Zürich StA, A 187/1, Nr. 13.


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Erzbischof beizustehen. So wurde Kaiser [Karl V.]gebeten, das Verfahren gegen den Erzbischof einzustellen, da man diesen nicht fallen lassen würde. Die Stadt und das Kapitel Köln wurden diesbezüglich auch benachrichtigt. Die [Schmalkaldischen Gesandten] konnten keinen Frieden zwischen [Heinrich VIII. und Franz I.]vermitteln, wurden aber gut behandelt und beschenkt. Das Regensburger Religionsgespräch ist zum Gespött geworden. Die [katholische] Partei hat sich zwar zu Verhandlungen bereit erklärt, verlangte aber (obwohl sie wusste, dass die [Protestanten] damit nicht einverstanden wären), dass alle Verhandlungen von Protokollführern schriftlich festgehalten und an das Konzil [zu Trient] weitergeleitet werden, welches letztlich darüber entscheiden soll! So war der ganze Aufwand umsonst, und es wurde viel Geld und Zeit verschwendet. Bullinger möge mitteilen, ob er den durch einen Metzger [...] übermittelten Brief Blarers [Nr. 2335] erhalten hat. Grüße von [Konrad] Zwick und [Thomas Blarer]. [Theodor]Bibliander soll die 27 Gulden, die [Konrad]Hofherr von Hans Peter von Wellenberg empfangen hat, selbst verwalten. Hofherr hat sich nämlich damit einverstanden erklärt; er soll sich nun daran halten! Auch hatte Blarer angeordnet, Hofherr nur 20 Gulden auszuzahlen; [Wellenberg]hat jedoch weitere 7 Gulden hinzugefügt. Wenn nur das Geld von Bibliander und nicht von Hofherr verwaltet wird! Blarer kam nicht dazu, Bibliander diesbezüglich zu schreiben. [PS..] Blarer bittet, die Beilage wieder durch den Boten [...] zurückzusenden.

S. Germanus meus frater 1 heri Francofordia 2 ad nos rediit, verum per immodicas ipsius occupationes non licuit praeter generalia ista quicquam ex ipso audire; quae postea tamen accepturum me non dubito, praesertim ubi senatus acta ista omnia prius didicerit 3 .

Es ist ain anderer tag angesetzt uff 1. aprilis 4 ; da wirt man den pundt erstrecken 5 und Cöln, Pfaltz 6 sampt andern ouch darin kommen. All evangelisch stend, ouch usserhalb des schmalckhaldischen pundts, nemmend sich des ertzbischoffs zu Cöln 7 an, sampt dem pfaltzgrauffen 8 und andern. Haben ain legation zum kaiser 9 verordnet mitt beger, er welle die process wider inn 10 all abschaffen; dann wa nitt, so werden sy den bischoff nitt können lassen 11 . Allso habend sy ouch der statt Coln und dem capitel zuempoten. 12 . 13

Zwischen Engelland und Frantzosen haben die unsern den friden nitt gar erlangen mögen, sind aber gantz ehrlich von baiden konigen 14 gehalten und begabt 15 worden. 16

1 Thomas Blarer.
2 Vom Schmalkaldischen 3 Bundestag.
3 Thomas Blarer informierte den Konstanzer Rat am 17. Februar; s. Fabian, Quellen 223f, Anm. 19.
4 Siehe dazu Nr. 2351, Anm. 67.
5 Vgl. Nr. 2348,16.
6 Zur nicht erfolgten Aufnahme Kurfürst Friedrichs II. von der Pfalz in den Bund s. Nr. 2327, Anm. 31; und Nr. 2348,16f.
7 Hermann von Wied. — Er wurde nicht in den Bund aufgenommen; s. Mattausch 91.
8 Friedrich II. von der Pfalz.
9 Karl V.
10 Hermann von Wied.
11 fallen lassen.
12 wissen lassen.
13 Siehe Fabian, Quellen 215. 225; Varrentrapp 264—268.
14 Heinrich VIII. und Franz I.
15 beschenkt.
16 Siehe dazu Nr. 2328, Anm. 36.


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Das colloquium zu Regenspurg 17 ist gar zum gspött worden, dann die widerparty 18 ist erschinen, hat gesagt, sy welle sich mitt den unsern inlassen, doch das all ding durch geschworne notary vergriffen 19 und allsdann alle handlung dem concilio 20 überschickt werde; 21 was dasselbig beschliess, das man dem welle nachkommen. Damitt habend sys alles zerstört, vorhin wol gewisst, das die unsern dasselbig nitt thain 22 wurden. 23 Habends danecht 24 so lang da lassen ligen mitt verlust der edlen zyt und vyl, vyl gelts. Allso muss man die thoren wytzig 25 machen; will 26 danecht nichts helfen.

Fac sciam, num literas proxime 27 a lanio quodam nostro 28 acceperis.

Commenda nos domino diligenter. Vale cum tuis omnibus. Saluta fratres et amicos. Salutant te nostri cumprimis Zviccius 29 et germanus meus frater. Caetera proxime.

||159 Dic Theodoro nostro 30 , ut 27 fl., quos Curio 31 a Ioanne Petro Volmontio Wellenberg 32 accepit, ipse 33 dispenset. Sic enim Curio recepit omnia se apud Theodorum depositurum; id quod omnino volo, ut praestet, quamquam ego solum de 20 fl. potestatem illi 34 feci, ille 35 7 addidit; etsi istuc non magnopere refert, modo Theodorus et non Curio pecuniam secum habeat in necessarios Curionis usus expendendam. Scripturus eram Theodoro, sed nihil prorsus potui temporis spacio exclusus. 36 Commendabis me sancto et doctissimo viro valde diligenter.

Iterum iterumque vale. 17. februarii 1546.

Tuus Ambr. B.

Quae hic mitto, hocce nuncio 37 rogo, ut remittas. 38

[Adresse auf f. 153a:] Bullingero, venerando suo et longe charissimo fratri. Tiguri.

17 Das Regensburger Religionsgespräch.
18 Die katholische Partei.
19 [schriftlich] festgehalten.
20 Dem Konzil zu Trient.
21 Siehe dazu Vogel 329. 337.
22 tun.
23 Siehe dazu Wolrad, Regensb. RG 167—177; und unten Nr. 2371, Anm. 29.
24 dennoch.
25 klug, verständig. — Mit den Toren sind die Protestanten gemeint, die allzu gutgläubig sind.
26 es wird.
27 Damit ist Blarers Brief vom 28. Januar (Nr. 2335) gemeint; s. Nr. 2366,9.
28 Unbekannt.
29 Konrad Zwick.
30 Theodor Bibliander.
31 Konrad Hofherr. — Es handelt sich um das von Jakob Herbrot übersandte Stipendium; s. dazu HBBW XV, Nr. 2085;
und Biblianders Brief an Blarer vom 22. März 1546 (Blarer BW II 425f. Nr. 1267).
32 Hans Peter von Wellenberg, ein Verwandter der Blarers, zu diesem Zeitpunkt Mitglied des Großen Rates in Zürich und Rechenherr.
33 Bibliander.
34 Wellenberg.
35 Derselbe.
36 Am 27. Februar schrieb Bibliander an Blarer, dass er es angesichts Hofherrs leichtfertigen Umgangs mit Geld lieber hätte, wenn Bullinger das Stipendium verwalten würde; s. Blarer BW II 419, Nr. 1255. 37 Unbekannt. Dieser wird in Brief Nr. 2366,11, als "nostratis" bezeichnet. Demzufolge könnte es sich um den gleichen Metzger wie oben Z. 24 handeln.
38 Was übersandt wurde, ist nicht bekannt.