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Autograph: Zürich StA, E II 360, 399-402 (ohne Siegel) a Ungedruckt
Gestern Abend ist Junker Hartmann [III.] von Hallwyl müde aus dem Lager der [Schmalkaldener]
zurückgekehrt. Der Landgraf [Philipp] von Hessen hat ihn beauftragt, Bullinger Größe
und Nachrichten auszurichten. Da aber die Nacht schon angebrochen war und Hallwyl heute
bereits auf dem Weg nach Bern ist, bat dieser Haberer, Bullinger Folgendes mitzuteilen.
— Gestern, als er in Baden eine Pause einlegte, sprach er mit dem burgundischen Gesandten
[Jean Mouchet], welcher sich auf dem Weg nach Zürich befindet, da er das Gefühl hat, dass
[diese Gesandtschaft] Lügen verbreitet und Dinge behauptet, die unbegründet sind. Daher
sollte die Zürcher Obrigkeit wachsam sein. Damit diese Warnung rechtzeitig eintrifft, soll
Bullinger das mit dem offiziellen Zürcher Boten geschickte und diesem Brief beigelegte Schreiben
an die Zürcher Ratsherren übermitteln. —Am 10. August zog das Lager von Donauwörth
auf den Kaiser [Karl V.] zu, der Regensburg unter Plünderungen verlassen hatte. —An demselben
Tag hat sich die bayerische Stadt Rain ergeben, so dass die [schmalkaldischen] Truppen
durchziehen konnten. —[Herzog Wilhelm von]Bayern hat [den Schmalkaldenern]zweimal
doppeldeutige Antworten mitgeteilt und sucht nach Ausflüchten. Bis am 10. August hätte er
eine klare Stellungnahme abgeben sollen. Da aber [Hallwyl] am 10. aus dem Lager fortritt,
konnte er dazu nichts Weiteres berichten. —Am 5. August wurden von Donauwörth ein Trompeter
[...] und ein Edelmann [... von Plato] ausgesandt, um dem Kaiser [den Gehorsam]
aufzukündigen. Der Kaiser aber hat [den Schmalkaldenern] noch nicht den Krieg erklärt.
— Vor dem Abzug aus Donauwörth wurden einige Fähnlein nach Schwaben abgeordnet, um die
Klöster zu besetzen, deren Pfründen zu erfassen und die Messe abzuschaffen. Die [Mönche
und Nonnen], welche [in den Klöstern]geblieben sind, wird man dort bleiben lassen. Wer aber
geflohen ist, wird seine Einkünfte kaum mehr zurückerhalten können. — Hallwyl berichtete
über die Kriegsrüstungen und über bis zu 120 große und kleine Geschütze auf Rädern. Der
süddeutsche Haufen habe 63 Fähnlein, der Kurfürst [Johann Friedrich von Sachsen] und der
Landgraf 52 oder 53. Über die Kavallerie weiß Bullinger bereits Bescheid. Der Landgraf
sagte, er hätte fast zu viel Kriegsvolk, zumal noch 1 '000 Pferde und 4'000 Knechte aus
Norddeutschland erwartet werden. —Pfalzgraf [Friedrich II.]lässt [Herzog Ulrich von] Württemberg
800 Pferde zukommen. Obwohl Letzterer [wegen seiner Gichterkrankung] nicht gehen
kann, ist er doch bis nach Dillingen geritten. —Der Landgraf nahm Hallwyls Sohn [...]in
seinen Dienst auf -Als Hallwyl vor acht Tagen mit dem Landgrafen speiste, sagte dieser, er
hätte in diesem Krieg nichts zu verlieren. Denn wenn er siege, so allein für Gott und seine
Kirche, wenn er unterliege, dann sterbe er für den Herrn. Er sei also in jedem Fall Gewinner.
Solch eine Gewissheit hätten aber seine Feinde und der Kaiser nicht. Angeblich soll dieser
[den Krieg] stets bedauern und behaupten, dass er dazu nicht bereit sei. Doch für den Landgrafen
ist dies nur die List eines Kriegers. — Der Landgraf sprach auch über Bullinger und
Zwingli. Er erkundigte sich über den [Zweiten Kappeler]Krieg und bedauerte [das Schicksal]Briefe_Vol_17-318 arpa
Zwinglis, den er als fromm einschätzt. —Beim Abschied bat er Hallwyl, Bullinger zu schreiben.
Dieser solle die Ratsherren, die Pfarrer und die Bevölkerung Zürichs zum Gebet für den Sieg
über den gemeinsamen Feind und den Antichristen aufrufen. Der Krieg sei nämlich die Sache
all derer, die sich der rechten Lehre Christi verpflichtet haben. Er ist nicht [wie der Kaiser es
behauptet]die Folge einer Rebellion. —Hallwyl meint, dass der Kaiser nicht angreifen werde,
sondern vorhabe, sich an einem uneinnehmbaren Ort zu verschanzen und dann beabsichtige,
[die Schmalkaldener]durch Abwarten aufzureiben, bis ihnen das Geld ausgeht. Wäre dies der
Fall, planen die [Schmalkaldener], den Kaiser zu belagern und mit dem anderen Teil der
Truppen die Länder der Feinde einzunehmen. Sie wollen ferner von den bisherigen Geldgebern
des Kaisers Geld abfordern. — Laut Hallwyl verhält sich das [schmalkaldische Feldlager]
fromm und diszipliniert. Er habe auch mit dem Kurfürsten [Johann Friedrich von Sachsen]
gegessen. Keiner der Fürsten trinkt oder schwört. Hallwyls Diener beteuern, dass niemand
(auch nicht am Hofe [Herzog Ulrichs von] Württemberg) ihren Herrn zum Trinken genötigt
habe. — Es sollen sich zehn Fürsten im Feldlager befinden. Hallwyl konnte neun davon nennen:
der Kurfürst [von Sachsen] mit seinem Bruder [Johann Ernst von Sachsen-Coburg] und
mit seinem Sohn [Johann Friedrich II. dem Mittleren], Landgraf [Philipp von Hessen], [Herzog
Ulrich von] Württemberg, [Herzog Philipp I. von]Braunschweig-[Grubenhagen], der zuvor
gegen Herzog Heinrich [von Braunschweig] und dessen Sohn [Karl Viktor] gezogen war,
[Herzog Franz] von Lüneburg sowie ein weiterer Fürst, über dessen Identität Haberer nicht
mehr sicher ist (vielleicht war es [Wolfgang] von Anhalt). — Haberer bittet um freundliche
Aufnahme des Schreibens. Gruße, besonders an R[udolf]Gwalther, dem Haberer in der letzten
Woche schrieb; wurde der Brief übermittelt?
Die gnad unsers lieben herren Jesu Christi mere sich und sey ewigklichen mit üch, fürgeliepter, früntlicher und eerender herr. Uff necht znacht 2 ist j[unker] Hartmann von Hallwyl 3 ußs rychs läger 4 heimkommen. Alls er aber dem l[andgrafen] von Hessen 5 zugesagt, ime an üch syn hochen früntlichen gruß mit ettwas bevelch 6 uffs beldest ze thun, da er doch heylig 7 und müd, die nachtt vorhanden 8 und die zyt zu kurtz, das ich kheins schrybens hette mögen erwarten, und er hütt widerum gan Bernn veryten müsen, 9 hatt er mich gebetten, ime die sachen mit schryben gegen üch ußzerichten; weliches ich ouch arbeyt halb 10 , wan mirs die gedachtnus wie der will gäbe, mit fröuden ze than, wol geneygtt. So vil ich aber behalten, halten sich die sachen also.
Erstlich begärt er üch zu berichten, alls er uff gesternn zu Baden fürgeriten und da ußgesetzt 11 , habe er mit der burgunischen pottschafftt 12 , die sich
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mercken lassen, gan Zürich ze ryten, red gehalten, da in ansäche 13 , sy 14 gangint mit der unwarheytt ummb. Begertt 15 , das irs u[wern] herren anzeygen und sy warnenn, ein gut uffsachen und fürsorg uff sy ze haben. Sagtt, sy stossint allenthalben in die lütt, da nüt an sey. 16 Und damit die warnig 17 guter zytt beschäche, hatt in und mich für gut angesächen, dissen brieff üch by u[wer] h[erren 18 post züzeschicken, in hoffnung, irs wol verantwurtten 19 und u. h. das nit zu undanck uffnemmen werden.
Uff hüt 8 tag, den 10. augusti, ist das leger id Donowerd uffbrochen. 20 Züchtt uff die rechtte hand 21 den nechsten in Peyernn dem keyser 22 nach, dan er Regenspurg verlassen, 23 da schantlich huß gehan 24 und zuletst im abziechen ettlich sondere büsser geplündert.
Uff gemelten 10. tag hatt sich allsbald ungewidert 25 die statt Rein, so Peyern ist, uffgäben und des rychs zug 26 dardurch passieren lassen.
Peyern 27 hatt zweymall zwyfache 28 antwurt gaben 29 und ußzüg 30 gestichtt. daran die christenlichen religionsverwanten 31 nit wellen kommen 32 . Hatt uff vergangnen 10. tag diß monats entlich 33 und heyttere 34 antwurt sollen gaben. Wo das nit, ist er schon ir öffentlicher findt declariert. Der junckher ist uff dissen tag 35 veritten. Weyßt 36 deshalb umb die antwurtt nit wyter.
||400 Uff 5. tag augusti ist von Donenwerd ußgeschickett ein drummeter 37 mit eynem edellmann 38 , dem keyser abzusagen 39 . Er aber hatt inenn nach 40 nit abgeseyt.
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Ee man von Donenwerd verruckett, 41 hatt man verordnett ettliche vennli knecht mit 100 pferden, die heruff 42 in Schwaben züchen, die clöster ynnemmen 43 und reistrieren 44 , ouch allenthalben die meßs dißmall stillstehen und dannen thun 45 söllend. 46 Weliche man warttett 47 anheimsch findt, wirt man plyben lassen und gnedigklich uffnemmen. Wer aber gewichen, wirt kumerlich mer 48 zu dem synen 49 kommen. Gott der herr welle innen 50 sig gäben, das sey 51 sölichs mögint erhalten.
Er zeygtt mir an von einer verwunderlicher 52 rüstung und versamlung an groß und kleinnen stuck uff rederen 53 uff 120, der oberlendisch 54 huff 63 fennli, des churfürsten b55 und landtgraffen 52 oder 53 fennli wolgerüster knechtt. Vom reysigen züg 56 wüßt ir hievor wol Nach hatt im der landtgraff selbs gsagtt, das ime nachvolge nach 1'000 pferd und 4'000 niderlendischer 57 knecht, allso das er des volcks nun zu vil syn achte.
Der pfaltzgraff 58 schickett Wirtenberg 59 800 wolgerüster pferd. Und, wiewol Wirtenberg nit wandlen mag ze fuß, ist er doch hinuff geriten biß gan Dillingen. Da wil er plyben ligen. 60
Der landtgraff hatt genannten von Hallwyl die gnad bewissen und im syn sun 61 , uff in ze warten, angentz da us 62 angenommen c .
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Alls er, von Hallwyl, zuletst, hüt 8 tag, 63 mit imm, landtgraffen, in synem zeltli und der zug schon hinweg gsyn 64 , geässen, hatt er, landtgraff, muntlich grett 65 , er habe gar nichts an dissem krieg zu verlieren. Und wyter uff des von Hallwylls frag, worum, geantwurt: Deßhalb, so er syge, so syge er allein dem herren und syner kilchen; syge er aber nit, so sey der krieg des herren, und sterbe er dem herren; und sey deßhalb alwegen gwüns halber 67 . Söliche gwüßne 68 aber habe syn find 69 und der keyser nit. ||401 Fürer 70 grett, man sage im einsdar 71 , der keyser sey nit verfassett 72 ; er höre es ungern; im were lieber, er wäre verfassett nach synem willen. Doch halte er 73 nichts uff dise sagen, dan der keyser sey ein kriegßman; werde an 74 zwyffell nit unverfasset sich finden lassen, etc.
Demnach ist er ankommen ze reden üwer und ouch Meyster Urichen Zwingly säugen halb d , und in 75 vons selbigen kriegß wägen gefragett, under andrem gsagtt, wie in derselb man so seer übell geruwen; er sey ein fromm man gsyn (vermeint Zwinglium) e .
Zuletst. alls er, von Hallwyl, von im abscheyden wellen, hatt er, landtgraff, in ummb gottes willen gepetten, üch zu schryben und sagen lassen, das ir all herren und brüder 77 und das gmein volck gottes, zu ernstlichem pett 78 anwenden, und vermaindt, gott trülichen für sey 79 zu bitten, das er innen welle macht, stercke und krafftt, ouch syg gegen iren und unser finden verlychen, sy zu überwinden, und das volck gottes von dem trang des endtchristen 80 ze entledigen, ouch u. h. und mengklichen 81 zu berichten, das disser krieg nit allein ir, sonder ouch unser und aller dären sey, so die gsund leer Christi angenommen, den endchristen uß achtung geschlagen 82 und dheiner 83 andren irer ungehorsami halber fürgenommen werde, 84 etc.
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Er, von Hallwyl, vermeint ouch, das der keyser innen 85 khein schlacht lifferen, sonder sich in ein grossen vortheyl lägeren 86 werde der meynung, sy understan mit der lengi abzutryben 87 , die seckell zu erösen 88 und kriegens matt 89 zu machen. Wo das 90 , sind sy 91 fürhabens, sich starck gnug gegen im ze lägeren 92 , und mit andrem volck hinumb zefaren und im all syn und ir fyenden land ynzenemmen, und lugen 93 , ob innen dieselbigen 94 ouch gellt zegäben zu irem 95 fürnemmen, die ime 96 bißhar wider sy gelt gäben habend.
Sunst sagtt er, das es gantz wol ummb sy all statt, ein züchtig, christenlich und ernsthafftig regiment füren, mit ernstlichem predigen und petten zu gott, das er inen gnedig und syg verlyche. 97 Habe ouch mitt dem churfürsten geässen, aber weder zu suffen nach schweren bey kheynem fürsten gespürt. Deßglychen sagen ouch syne 98 knecht, das in niemands keins (weder an Wirtenbergs nach andren höffen) bracht habe. 99
||402 Von 10 fürsten wirt gesagtt, die im leger jetzmall by einandren seyen,'°° 100 er, von Hallwyl, weyßt 9, der churfürst selbdrit 101 mit sym bruder 102 und son 103 , landtgraff, Wirtenberg, eyner von Brunschweyg 104 , der hievor mit innen wider hertzog Heinrichen 105 und syn son 106 gesyn, einner von Lünenburg 107 , und nach einnen mir genempt (ist mir vergässen, ob er von Anhalten 108 oder wie er heysett); den 9. hatt er nit können nemenn 109 , aber wol gesächen.
Sölichs welend von mir alls dem üwern bester meynung uffnemmen. Dan wo ich üch liebs und dienst bewysen, welt ich mich fröwen und nit sparen 110 Grüssend mir üwer hußgsind, all gut herren und brüder, sonders herren R.
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Walthernn, dem ir das wellend ouch offnenn und im sagen, ich habe im vergangner wuchen zuglych ettwas geschriben, da mich wundre, ob im der brief 111 sey worden.
Gottes gnad sey mit üch allen ewigklichen! Amen. Datum zinstag 112 , 17. augusti 1546.
Ü[wer] e[rwürden] zu allen zyten gutwilliger diener
Hemann Haberer, l[andschriber] zu Lentzburg.
[Ohne Adresse.]