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Abschrift von Leodegar Hirsgarter: Zürich StA, E II 345, 360f; Abschrift von unbekannter Hand für Ambrosius Blarer: Zürich ZB, Ms A 51, 29r.—30v., Nr. 21 a : Abschrift aus dem 16. Jh.: Zürich StA, E II 352, 135f Druck: Bibliotheca historico-philologico-theologica, classis tertiae fasciculus sextus, hg. v. Johann Jakob Ulrich, Bremen 1720, S. 341—346, Nr. VI b ; Füssli 237—243, Nr. 61; Johann Jakob Breitinger, Sensus clarissimi viri J. J. Zimmermanni De vero ac legitimo usu sanctae coenae et consensus cum ecclesiae ac maiorum doctrina, in: Museum Helveticum, Bd. 3, Zürich 1746, S. 494—498; Bindseil 230—234, Nr. 302 Übersetzung ins Englische: Gleanings of a Few Scattered Ears During the Period of the Reformation in England and of the Times Immediately Succeeding, A.D. 1533 to A.D. 1588, hg. v. George Cornelius Gorham, London 1857, S. 35—38 Regest: MBW-Reg IV, Nr. 4213
Bullinger hat wegen des unglücklichen Streits über das Abendmahl zwischen dem nun verstorbenen
Luther und den Zürchern anderthalb Jahre lang nicht geschrieben. 1 Damit wollte er
verhindern, Luther gegen Melanchthon aufzubringen und den Verdacht zu wecken, dass dieser
mit den Zürchern unter einer Decke stecke. Bullinger wusste nämlich aus dem letzten Brief
Melanchthons [HBBW IV, Nr. 1966 2 ], was dieser vonseiten lästiger Brüder erdulden musste.
Im Hinblick auf die wiederherzustellende Einheit der Kirche wird nun Bullinger, falls Melanchthon
damit einverstanden ist, den Briefaustausch mit ihm wieder pflegen. — Wenn Bullinger
sich freut, dass Luther beim Herrn ist, dann geschieht dies nicht wegen des [Abendmahls]streits,
sondern deshalb, weil er es Luther gönnt, von allen Übeln dieser Welt befreit zu
sein. Doch gleichzeitig trauert Bullinger, zumal die Kirche mit Luthers Tod trotz dessen Fehlern
einen hilfreichen Ratgeber und entschiedenen, unnachgiebigen Gegner der listigen Papisten
verloren hat. Möge nun Melanchthon mit ähnlicher Beständigkeit und Kraft des [Heiligen]Briefe_Vol_16-294 arpa
Geistes diese Menschen bekämpfen, die gemäß dem Urteil Christi allein ihre Ehre
suchen (Joh 5, 44) und die, so Paulus (2Tim 3, 8), nur eines im Sinn haben, nämlich sich der
Wahrheit zu widersetzen. In dieser Auseinandersetzung sind die Zürcher bereit, sich Melanchthon
behilflich zu erweisen, zumal dieser sie wohl nicht [wie Luther] als unrein ansieht. —
Die Zürcher mussten auf das "Kurtz bekentnis" Luthers antworten, da sie und ihre verstorbenen
Lehrer [Zwingli und Oekolampad] öffentlich angegriffen wurden. Sie nutzten die Gelegenheit,
um ihren Glauben mit ihrem ["Warhafften Bekanntnuß"] zu bekunden; einen Glauben,
der mit den [alten] Glaubensbekenntnissen übereinstimmt und der Melanchthon wohl
nicht missfallen wird. Was die Apostel über den auferstandenen Leib Christi und über die
Rechtfertigung durch den Glauben gelehrt haben, erlaubt gar kein anderes Verständnis des
Abendmahls. Der Mensch wird nur durch den Glauben und nicht durch andere, äußerliche
Mittel gerechtfertigt. Das Wort und die Sakramente bestätigen (obsignare) dies. Schon Abraham
wurde nicht durch das Sakrament der Beschneidung, sondern durch den Glauben an Gott
gerechtfertigt (Röm 4), und die Beschneidung war eine Bestätigung dafür. Und wenn Paulus
schreibt: "Es prüfe sich ein jeder, und also soll er vom Brot essen und aus dem Kelch trinken"
(1Kor 11, 28), geht daraus hervor, dass die Teilnehmer am Abendmahl bereits gerechtfertigt
und Teilhaber Christi sind. Durch ihre Teilnahme am Abendmahl erhalten sie gleichsam ein
Siegel (sigillum), ein sichtbares Zeugnis (testimonium) dafür, dass sie durch Christi Tod gerechtfertigt
sind, ihnen ihre Sünden vergeben und sie der guten Gaben Christi teilhaftig wurden.
— Falls die Zürcher in ihrem Bekenntnis nicht deutlich waren, sind sie zu weiteren
Erklärungen bereit. Sollten sie irren, lassen sie sich gern eines Besseren belehren. Das Abendmahl
ist ein Zeichen (symbolum) der Eintracht und des Friedens zwischen den Gläubigen.
Umso mehr ist es zu bedauern, dass der Teufel und einige Menschen damit Zwietracht stiften.
Die Zürcher möchten jedoch gemeinsam mit allen Gläubigen den Antichrist bekriegen. Möge
Melanchthon mit allen Kräften die Beilegung dieses internen Streits erwirken, damit [die
Protestanten] vereint unter der Führung Christi kämpfen können. —Als Geschenk legt Bullinger
einige von den Zürchern aus dem Griechischen ins Lateinische übersetzte Schriften bei:
Theodorets Schrift "De providentia" 3 Tatians Rede ["Ad Graecos"], 4 die Abhandlung "Contra
gentes" des Bischofs von Antiochien, Theophilus, 5 so wie auch andere beigebundene
Schriften. —Grüße von den Pfarrkollegen [Konrad] Pellikan, [Rudolf] Gwalther, [Theodor]
Bibliander, [Heinrich]Buchter, den Lehrern Konrad Gessner, [Johann Jakob]Ammann, [Rudolf]
Collin, [Otto] Werdmüller und allen übrigen. Grüße u.a. an [Justus] Jonas, [Kaspar]
Cruciger und [Johannes]Bugenhagen.