Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

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[Ambrosius Blarer an
Bullinger]
[Konstanz],
10. September [1545]

Autograph: Zürich StA, E II 357a, 647 (ohne Siegel) Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 388f, Nr. 1217

Alles ist in Ordnung; Blarer zweifelt nicht an Bullingers Verschwiegenheit. Matthäus [Molckenpur wirbt]jetzt in [der Eidgenossenschaft im Auftrag des Schmalkaldischen Bundes]; man hofft auf eine [erfolgreiche Mission]. Blarer hat durch [Johannes Heilmann], den Sohn des Schulmeisters [Augustin] Heilmann, zwei Briefe [Nr. 2237 und Beilage] übermittelt. In dem einen geht es um [Johannes] Haabs Brief an [Konrad Zwick] zur Kriegskunst, in dem anderen ist [Martin] Bucers Bericht über [Hermann von Wied] enthalten. Blarer hat Bullingers Meinung über den Landvogt [Leonhard Holzhalb] vernommen und hofft, dass dessen Aufnahme besser als bisher ausfällt. Mehr dazu ein anderes Mal. Er weiß nicht, ob Bucer das [Zweite Regensburger Religionsgespräch] angestiftet hat, zumal dieser aufgrund seines Streites mit [Johannes]Gropper wohl kaum daran teilnehmen wird. Das [Religionsgespräch] ist sowieso zwecklos. Was die [Zürcher] Drucker anbetrifft, wollte Blarer Bullinger nur bitten, zu verhindern, dass [Balthasar Romätsch]benachteiligt werde. Blarer hat die Mühle[nskizze Gerhard Westerburgs] von Bibliander erhalten; [der Bau einer solchen Mühle] ist aber reine Utopie! Die Verunglimpfung Vadians durch [Unbekannte] tut Blarer leid. [Johannes] a Lasco ist zweifellos ein äußerst gebildeter Theologe, der wie die anderen Gelehrten in Gefahr schwebt, nachdem [Karl V]viel mehr ein Sohn des Papstes [Paul III.]als ein Sohn Gottes sein möchte. Blarer dankt sehr für Bullingers Markuskommentar. Größe.

S. Recte vero ut omnia. De tua fide nihil prorsus dubito, ubi forte admonitus de iis fueris, que nos pro temporis ratione divulganda non putamus. 2 Es steht recht.

Matthäus 3 reyt yetzund bey den andern auch um. 4 Hoffend, gleichen bschaid wie by euch erlangen werden 5 So hab ich euch by unsers teutschen schulmaisters, des Hailmans 6 sun 7 zway brieffle gschriben, das ain 8 von des

1 Der Brief reiht sich nahtlos in die Korrespondenz zwischen Blarer und Bullinger von September 1545 ein; s. auch unten Anm. 2.
2 Vgl. oben Nr. 2235, 2-5. 10f und Anm. 2.
3 Matthäus Molckenpur.
4 Zur Werbung Moickenpurs s. zuletzt oben Nr. 2235, 6-9 und Anm. 5.
5 Nämlich einen positiven Bescheid; s. oben Nr. 2235, 7f.
6 Augustin Heilmann (s. schon HBBW V 237), der noch im Jahr 1547 als deutscher Schulmeister in Konstanz bezeugt ist; s. J[ohann] Marmor, Geschichtliche Topographie der Stadt Konstanz und ihrer nächsten
Umgebung, mit besonderer Berücksichtigung der Sitten- und Kulturgeschichte derselben, Konstanz 1860, S. 185.
7 Johannes Heilmann, der sich am 13. Oktober 1545 in Basel (Basel, Matrikel 143, Nr. 12) und 1547 in Tübingen (Tübingen, Matrikel I 330, Nr. 4) immatrikulierte. Vielleicht ist er identisch mit Johann Augustin Heilmann, der 1548 eine Kopie der Urkunde über die Aufhebung der Reichsacht über Konstanz beglaubigte; s. Fabian, Quellen 235.
8 Blarers Brief von [ca. 7.]September 1545 (oben Nr. 2237).


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h[erren]b[urgermaisters] Haben 9 brieff an meinen l[ieben]vetter 10 , dem er gschriben, das man die kriegsrustung diser zeyt beruen lass, etc.; das ander 11 von dem, das mir Bucer vom bischofs von Cöln 12 gschriben hat.

Des lantvogts 13 halb hab ich die mainung wol vernommen. Gott welle, das der wilkum 14 baß dann bysanher ausschlache 15 . Will dismal davon weyter ausß ursachen nitt gereddt haben; wurt sich hernach ursach zutragen, weyter ze schriben.

Sovyl das colloquium 16 betrifft, wais ich warlich nitt, ob es ausß des Bucers stifftung oder ander angericht worden, diewyl ich nitt achten, das er a17 weyter ain colloquent sein werde, angesechen 18 das Gropperus und er dermaß in ainander gewachsen 19 . Das colloquium ist glatt niemerfur 20 dann zu ainem schein und butzen 21 ; aber wer nitt gesechen will, der ist stock und starblind 22 .

Mitt den buchtruckern wais ich nitt, wie es ain gestallt hat. Hab euch allain bitten wellen davor id sein 23 , damitt sy dem armen gesellende 24 hie nitt sein brot vorm maul abschnittind, wiewol sy es vyllicht on das nitt thain 27 werdend, welle gott; aber so vyl an euch kompt, wellts fürkommen 28 und davor sein. 29

Das mylwerck 30 steht in seinem werd 31 Theodorus hat ain muster auff dem brieff 32 getrukt geschickt. Sy würt in rempublicam Platonis 33 gehören

a In der Vorlage es.
9 Johannes Haab.
10 Konrad Zwick.
11 Nämlich Bucers Brief vom 1. September 1545 (Blarer BW II 385, Nr. 1212), den Blarer als Beilage zu oben Nr. 2237 verschickte.
12 Hermann von Wied.
13 Leonhard Holzhalb, Landvogt im Thurgau; s. zuletzt oben Nr. 2235, 15-30.
14 Aufnahme.
15 ausgehe, ausfalle.
16 Das Zweite Regensburger Religionsgespräch; vgl. oben Nr. 2235, 31-33.
17 Bucer.
18 in Anbetracht.
19 in ainander gewachsen: in Streit geraten (sind). — Blarer spielt auf die Auseinandersetzung zwischen Bucer und Gropper im Jahr 1545 an; s. Varrentrapp, Reformationsversuch 252f. — Der Kaiser und nicht Bucer war Initiator dieses Kolloquiums. Bucer hielt nichts davon; s. Bucer an Calvin, 20. Juli 1545, in: Les lettres a Jean Calvin de la collection Sarrau, hg. v. Rodolphe Peter und Jean Rott, Paris 1972 —
Cahiers de la Revue d'histoire et de philosophie religieuses 43, S. 30f.
20 zu keinem anderen Zweck.
21 Vermummung; verwickelte Angelegenheit; s. schon oben Nr. 2227, 66.
22 stock und starblind: völlig blind.
23 davor zu sein: zu verhindern.
24 Balthasar Romätsch.
25 Vgl. Wander III 516, Nr. 5379
26 on das: ohnehin.
27 tun.
28 abwenden.
29 Zu dieser Sache s. zuletzt oben Nr. 2235, 34-37.
30 Gerhard Westerburgs Mühlenskizze; s. zuletzt oben Nr. 2235, 38-41. Westerburg ließ tatsächlich eine Skizze seiner Erfindung mit einigen beschreibenden Versen unter dem Titel Eyn Wunderbarliche Roßwindmüll / vor nie mehr gesehen, Köln, [Johann von Aich], 1545, drucken (erhalten im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, Graphische Sammlung, mv. Nr. HB 13787, Kapsel 1385).
31 steht in seinem werd: lasse ich dahingestellt.
32 "Brieff" im Sinne eines Plakats. —Dieses


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und mäl malen, so vyl die selbigen leut zu Utopia 34 bedorffen werdend. Es ist doch holdselig 35 allso auff dem brieff ze sechen!

Vadiani vicem doleo, quandoquidem splendore nominis ipsius isti - nescio qui tenebricosi homines miseri, quo causae ipsi officiant -abutuntur. 36

D. Ioannem a Lasco nemo candide doctus in sacris literis non dixerit eruditissimum et magni acuminis theologum; quem servator Christus ecclesiæ sue quam diutissime servet. 37 Ah, quam periclitabitur ille cum alus eruditissimis et optimis viris, postquam caesar 38 semel Romani pontificis 39 quam dei filius esse mavult! Dominus illius quamprimum misereatur!

Pro illo plusquam egregio dono luculentissimorum Commentariorum tuorum in Marcum 40 ° non maximis maiores gratias 41 , sed me ipsum, si tamen aliquid essem b , deberem. Dominus ipse sit multa tua merces tibique de pleno copie sue cornu 42 , quicquid boni optare potes, benignissime fundat. In illo cum omnibus tuis bene ac perpetuo vale. Salvere te iubent nostri omnes. Salveant, qui istic sunt amici et fratres! Commendate nos domino.

10. septembris.

[Ohne Adresse.]