Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2853]

Ambrosius Blarer
an Bullinger
[Konstanz],
21. März [1547]

Autograph: Zürich StA, E II 357a, 777f (Siegelspur) Teildruck und zusammenfassende Ubersetzung: Blarer BW II 61 1f, Nr. 1426

[1] Blarer hofft, dass Bullinger seinen Brief [Nr. 2849] vom letzten Freitag [18. März] erhalten hat. Seither gibt es keine Neuigkeiten bis auf den Bericht eines am Vorabend bei dessen in Konstanz wohnhaften Bruder [...]eingetroffenen Ulmers [...], der erzählte, dass in Ulm die verbürgte Nachricht von der Eroberung Leipzigs durch den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen eingetroffen wäre. Der Kurfürst soll auch mit dem Feind verhandelt haben (worüber, ist unbekannt). [2]Der Ulmer berichtete zudem, dass alle Frommen dort den Konstanzern das Beste wünschen und hoffen, dass diese nicht solche Friedensbedingungen eingehen wie sie, denen es ohne Friedensschluss nicht schlechter ergehen würde. Er meinte ferner, dass es in Ulm zu einem Aufruhr käme, falls die fremden Truppen von dort abzögen, und das Volk diejenigen, die an der Lage schuld sind, erwürgen würde. Doch wird wohl stets eine starke kaiserliche Besatzung in der Stadt bleiben. Gerade löste eine neue Garnison die alte ab und ist noch schlimmer als die erste. Zudem habe Kaiser Karl V. (der sich in Nördlingen aufhält) den Ulmern ausrichten lassen, er werde bald wieder zurückkommen. [3]Am Vorabend traf der Memminger Stadtschreiber [Georg Maurer] zu Verhandlungen mit Sebastian Schertlin ein. Er berichtete, dass drei kaiserliche Fähnlein in die Stadt verlegt werden. Der Kaiser soll in der Umgebung von Kempten, Biberach, Isny und Memmingen Soldaten anwerben, doch mehr als vier kamen nicht zusammen! Offensichtlich ist man seiner müde und wäre ihn gerne los. [4]Bullinger möge über Joachim Schwarz [richtig: Gachnang, gen. Gachlinger]berichten, der Pfarrer in Wangen [an der Aare] im Bernbiet gewesen und Bullinger bekannt sei. Er soll ein leichtfertiger und böser Kerl sein, der ein uneheliches Kind gezeugt hat. Er will nun in Kempten Pfarrer werden! [5]Durch Vermittlung des Hans Vogel [von Altnau], des Schaffners der Konstanzer Domherren, wurde Johannes Gisling als Pfarrer in [Lang]rickenbach eingesetzt. Die dortigen Kirchenpfleger haben Blarer aufgesucht und sich über Gislings Jugendlichkeit und Lebenswandel beschwert. Er soll einst ein Stipendium in Zürich erhalten haben, ehe er in Freiburg [i.Br.] studierte. Er kann musizieren und spielt oft für die jungen Leute bis spät in die Nacht zum Tanz auf Falls Bullinger etwas über ihn weiß, möge er berichten und raten, wie man mit der Lage umgehen soll. Gisling sei ein guter Poet. Es wäre angebracht, wenn man die [im Thurgau] neuangeworbenen Pfarrer zunächst in Zürich examinieren ließe und von dort ein Leumundszeugnis verlangte, sonst steht es bald schlecht im Thurgau. [6]Bullinger möge beten, dass die Konstanzer nicht in Versuchung geraten. Grüße, besonders an Bullingers Haushalt. [7] Sebastian Münster in Basel will [Erasmus] Oswald Schreckenfuchs 50 Gulden schicken. Es findet sich aber kein direkter, zuverlässiger Übermittlungsweg dafür. Wenn ein Zürcher etwas in Basel auszurichten hat, soll Bullinger ihm den beigelegten Brief für Münster mitgeben, und der Zürcher soll das von Münster erhaltene Geld nach Zürich mitbringen, von wo aus Bullinger es bei guter Gelegenheit Blarer zuschicken kann, der wiederum für die Übersendung nach Memmingen sorgen wird. Bullinger möge diese Belästigung verzeihen. Schreckenfuchs ist solch ein guter Mann, dass Blarer ihm gern diesen Dienst erweist.

Furgliepter herr und brüder, ich hab euch uff frytag nechst 2 geschriben. Achten, euch worden sein. Sydhär haben wir nichts gehört, das sich verloffen,

1 Das Jahr ergibt sich aus dem Inhalt.
2 uff frytag nechst: am letzten Freitag, d.h.


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dann 3 das uff necht 4 ain burger 5 von Ulm her kommen. Hat ainen brüder 6 hie. Sagt, das gwysse kuntschafft gen Ulm kommen seye, das Lypsig vom churfursten 7 gar erobert und sonst ouch naiswas 8 mitt dem find gehandelt seye; er möge aber nitt wissen, was. Wellen wir bald vernemmen.

Er sagt auch, daß alle frommen zü Ulm ymmer unser statt Costentz gütz wunschind, für sy bittind, sagind: "Ach das sy gott behüt, das sy an unß sechind, und nitt ouch in ain solichen friden kommind, da es inen in allein unfrid nitt wirß 9 gehn köndt. "10 Er sagt ouch, wann alles frömbd volck hinwegg were, das gwisslich von stund an ain uffrur wurde und der gmain man die all, so schuld an diser sach habend, erwirgen wurd; aber es wirt allweg 11 ain starcker zusatz 12 da sein. So ist erst frysch volck hinin kommen, der alten vyl hinweg, und handlend die yetz erger dann die ersten. Ouch hab der kaiser, so noch zü Nördlingen, 13 inen empotten 14 , er welle bald selbs widerum by inen sin. 15

Auch ist der stattschriber von Memingen 6 necht herkommen, dann der herr Sebastian Schertlin hat etwas mit im ze handlen. Sagt, das man inen yetz ouch welle 3 fendle knecht in die statt legen. Klagt sich uber die maß sehr. Es habe der kaiser zü Kempten, Bibrach, Ysne, Memmingen, etc., umgeschlagen 17 . Nein gern vyl knecht an, aber hab über vier nitt mögen uffbringen. Daby er den güten willen wol spurt! In summa: Die sach steht, das yederman des kaisers matt und müd ist, und man syn gern ab wer 18 , köndte man nun 19 .

Lieber herr und brüder, wellt mich berichten, was Jochim Schwartz für ain mann sye. Soll im Berner piet 20 zü Wangen 21 gewesen und euch wol bekant sein. Man will sagen, er söll ain lychtfertiger kund 22 und boser mensch sein. Habe ain kind23 23 neben der eh gehapt, etc. Er ist yetz zü Kempten. Sollt ain prediger da sin! 24

am 18. März. —Gemeint ist Blarers Brief Nr. 2849.
3 außer.
4 gestern Abend.
5 Unbekannt.
6 Unbekannt.
7 Johann Friedrich I. von Sachsen. — Vgl. Nr. 2810,37-39.
8 irgendetwas. —Vgl. Nr. 2858,17-19.
9 schlimmer; s. Fischer VIIi 875.
10 Zur unangenehmen Lage Ulms vgl. etwa Nr. 2821,98f und Nr. 2841,16-18; Nr. 2848,24-27.
11 stets.
12 Besatzung. — Siehe Nr. 2754, Anm. 18.
13 Zum Aufenthalt Kaiser Karls V. in Nördlingen s. Nr. 2848, Anm. 22.
14 ausrichten lassen.
15 Dazu kam es nicht. — Vgl. aber Nr. 2850,12f.
16 Georg Maurer.
17 (die Anwerbung von Söldnern) mit Trommelschlag verkündigen lassen; s. Fischer VI/I 103.
18 syn gern ab wer: ihn gern los wäre.
19 nur.
20 Gebiet.
21 Wangen an der Aare.
22 Geselle; s. Fischer IV 838.
23 Unbekannt.
24 Gemeint ist Joachim Gachnang (genannt Gachlinger) aus Elgg (etwa 10 km östlich von Winterthur), an den Blarer sich vielleicht hätte erinnern können, wenn Gachnang den Namen Gachlinger angegeben hätte; s. Blarer BW I 823, Nr. 735. Zu seinen ersten Jahren als Pfarrer u.a. in der Zürcher Landschaft, wo er 1542 wegen Ehebruchs abgesetzt wurde und zudem noch Bullingers Bruder Johannes Rein-


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Item es ist yetz ainer gen Ryckenbach im Turgöw 25 kommen und pfarrer worden (dahin durch den Hans Vogel 26 , der dann der thaimherren 27 schaffner oder einzycher 28 ist) a . Soll aber das evangelium predigen, wie dann bysanher

a Klammern ergänzt.
hart verletzte, s. HBBW VI 437; Xa 20. 1543 wurde er Helfer in Herzogenbuchsee (Kt. Bern). Von dort kam er im März 1544 als Pfarrer nach Wangen an der Aare, wo er im Mai 1546 durch einen anderen Pfarrer ersetzt wurde. Danach ist er weder im Bernbiet noch im Berner Aargau als Pfarrer nachgewiesen; s. Pf-Bern 625. 653. Gemäß dem Verzeichnis des Spitalverwalters Samuel Rudolf Steck (Bern, Burgerbibliothek. Mss.h.h.XI.42, "Berner Pfarreien", s.v. Wangen) soll er 1546 des Landes verwiesen worden sein. Den Grund dafür liefert nun vorliegender Brief. Unbekannt war auch, dass Gachnang daraufhin unter dem Namen Schwarz (vielleicht ein weiterer von ihm erdichteter Beiname) sein Glück in Kempten versuchte. Dass es sich bei Joachim Gachlinger und Joachim Schwarz um dieselbe Person handelt, geht nicht nur aus dem gemeinsamen Vornamen und der Vergangenheit in Wangen (s. oben Z. 26) hervor, sondern auch aus einem Eintrag im Berner Ratsmanual (Bern StA, A II 171, f. 166) vom 20. April 1547, wonach dem ausgewiesenen Gachlinger die Rückkehr wieder erlaubt wurde, was darauf hindeutet, dass er sich in Kempten nicht behaupten konnte, und ferner erklärt, warum er in Pf-Schwaben nicht erwähnt ist. Im April 1553 taucht er wieder in Bullingers Briefwechsel auf: Kurz zuvor war er an eine Stelle in einer nicht identifizierbaren Bündner Gemeinde gekommen, wurde aber bald den Verantwortlichen in Chur verdächtig, sodass diese sich bei Bullinger über ihn erkundigten. Den Churern gab Gachnang an, in Kempten gewirkt zu haben; s. Graubünden, Korr. I 293. 296; Jan-Andrea Bernhard, Briefe an Heinrich Bullinger im Blick auf Entstehung, Abfassung und Rezeption der "Confessio Raetica", in: Zwa XL, 2013, 66 (wo es nun keiner Berichtigung in Anm. 16 mehr bedarf). Spätestens im Januar 1558 starb er in der unbekannten Bündner Gemeinde und hinterließ als Witwe ein "alt müterli", die aus Mellingen (Kt. Aargau) stammte, mit Bullinger verwandt war und diesem deshalb empfohlen wurde, damit er sie wiederum ihrem noch in Mellingen lebenden Bruder empfahl (gemeint ist Schultheiß Hans Heinrich Frey von Mellingen, wie dies aus Graubünden, Korr. II, 57f, und LL XIII 38, hervorgeht - s. ferner HBBW IV 63 und Anm. 16), mit dem sie verstritten war. Dabei erfährt man, dass sie ein "ellenden man gehan, Joachim Gochlinger, der sy ... übel gehalten hat, und iren nit ein haller oder hallers wert hinder im verlassen" (Zürich StA, E II 376, 2 —Zusammenfassung in Graubünden, Korr. II 54). Während seines Dienstes in Graubünden wurde Gachnang zwar von der Bündner Synode "excommuniciert", konnte aber gegen Bezahlung seine Stelle bis zu seinem Tod behalten, auch wenn er "vylmalen syn ce brochen, jaa, gar nie gehalten"; s. aaO S. 76. — Wir danken Hans Rudolf Lavater (Erlach) für den Hinweis auf die oben erwähnten Berner Quellen und Frau Gaby Knoch-Mund (Bern, Burgerbibliothek) für die Angaben zum oben erwähnten Bestand "Steck".
25 Richtig: Langrickenbach (Kt. Thurgau), etwa 12 km südöstlich von Konstanz. — Das 1,5 km südlich von Wil gelegene Rickenbach kommt hier nicht in Frage, da es 1532 wieder katholisch geworden war und vom Kloster St. Gallen abhing; s. HBLS VI 620f.
26 Der Landrichter Hans Vogel von Altnau, damals Ammann bzw. Schaffner der Domherren von Konstanz; s. Johann Adam Pupikofer, Geschichte des Thurgaus, Bd. II, Frauenfeld 1889, S. 310; RSQ I/2 322, Nr. 2737; EA IV/1d 446 e4.
27 Domherren. — Das Dorf Langrickenbach wurde 1521 ein Lehen des Domstiftes von Konstanz und blieb dies auch, nach-


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zü Ryckenbach allweg gottes wort predigt wirt. Sind die kirchenpfleger by mir gewesen. Sagend, man seye sin beschwert; er seye gar jung. Nempt 29 sich Hans Gyslinger 30 . Soll ain stipendium zü Zürich gehapt haben 31 und aber darnach gen Friburg in das papstumb gezogen sin und da wyter gestudiert haben. 32 Er kan gygen 33 Und sagt man, er mache mache den jungen gesellen
dem dort die Reformation eingeführt wurde; s. HBLS V 605.
28 Einzieher (der Steuer).
29 Nennt.
30 Johannes Gisling(er), aus einer Zürcher Familie (so LL IX 373f - allerdings konnte nichts über dessen Eltern ermittelt werden), hielt sich nur kurz im Thurgau auf und ist nicht in Pf-Thurgau nachgewiesen. Aus Blarer BW II 679-681. 683 geht hervor, dass Gisling sich bis etwa Februar 1548 in Langrickenbach halten konnte (vermutlich hatte er dies z.T. Bullinger zu verdanken, der möglicherweise diesem "verlorenen Sohn" eine neue Chance geben wollte; s. dazu unten Anm. 32), dass er Mitte Januar 1548 seine Hochzeit in Konstanz feierte, dabei einen Tanz veranstaltete, für den er gestraft und gebüßt wurde, und sich daraufhin aus der Stadt schlich, ohne den Wirt zu bezahlen. Während dieses Konstanzer Aufenthalts ließ er Blarer wissen, dass er eine Stelle im Bernbiet antreten würde (aaO, S. 679f). Bereits am 11. März 1548 erkundigte sich Bullinger bei Jodocus Kilchmeyer in Bern (Zürich ZB, Ms F 81, 86) nach dem Schicksal Gislings. Dieser tauchte tatsächlich im Jahre 1548 unter dem Namen Hieronymus Gisler als Helfer in Interlaken (Kt. Bern) und als Pfarrer in Diemtigen (Berner Oberland, Niedersimmental) wieder auf. 1558 verließ er Diemtigen und wurde bis zu seinem Tod (vermutlich aufgrund der Pest) 1564 Pfarrer in Wahlern (heute Gemeinde Schwarzenburg, Berner Mittelland); s. Pf-Bern 153. 200. 242. Dass Johannes Gisling identisch mit Hieronymus Gisler ist, geht auch aus LL aaO hervor, dem dank Konrad Wolfhart (Lycosthenes), Prodigiorum ac ostentorum chronicon. quae praeter naturae ordinem ... ab exordio mundi usque ad haec nostra tempora acciderunt, Basel 1557 (VD]6 W4314),
S. 644, bekannt war, dass ein dem Wolfhart seit Jahren gut bekannter ,Ioannes Gislingerus" 1555 Pfarrer in Diemtigen war, wo dessen Frau innert acht Monaten sieben Kinder gebar: im März zunächst Zwillinge, im Dezember "innert acht Tagen fünf [weitere], ... danahen die Oberkeit von Bern ihren etwas in die Kindbette geschenkt". Einzelheiten zur Geburt, die Bullinger von Gisling mitgeteilt wurden, sind in der Wickiana (Zürich ZB, Ms F 12, 55v.) übermittelt, wo auch der Name der Gattin als "Barbara Sumenbergerin", also Sumenberg(er), angeführt wird (wir danken Rainer Henrich für diesen Hinweis), was vermutlich in "Sunenberg" zu korrigieren ist, angesichts der Tatsache, dass eine "Barbara Sunenbergi" für das Jahr 1547 im Konstanzer Steuerbuch unter den "Frömbd" nachgewiesen ist; s. Steuerbücher der Stadt Konstanz, Bd. 3: 1540-1620, bearb. v Peter Rüster, Konstanz 1966, S. 55, Nr. 1368.
31 Er wurde im Juni oder September 1534 Schüler in Kappel und studierte ab dem 1. August 1538 an der Schule des Zürcher Fraumünsters; s. Zürich StA, E I 14/1, S. 5. 12. 33; E I 17/1, 265. In den Rechnungsbüchern der Großmünsterschule (Zürich StA, G II 39/1 und 2) ist er hingegen nicht als Stipendiat nachgewiesen.
32 Vor seinem Studium im katholischen Freiburg i.Br. hatte sich Gisling im Frühling 1545 in Basel immatrikuliert. Infolge eines sexuellen Vergehens musste er die Stadt verlassen; s. M-Basel II 43. Am 25. Januar 1546 immatrikulierte er sich in Freiburg; s. M-Freiburg I/I 350, Nr. 25. Wohl in dieser Zeit ist ein an Bullinger gerichtetes pathetisches lateinisches Gedicht anzusetzen (Zürich StA, E II 441, 561-564 — Autograph), in dem Gisling um Vergebung für sein Vergehen und um


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und tochtern etwan weyt in die nacht zü tantz 34 , etc. Wisst ir etwas von im, lasst mich wissen, und wie im 35 ze thain 36 were. Er soll ouch ain poet sein und carmina machen. 37 || 778 Die güten frommen leut wissend nitt, wie sy im thain sollend. Ich maint, es were billich, das sich ainer vor 38 müsse zü Zürich examinieren lassen und sein manrecht 39 bringen mitt kuntschafft seins wolhergebrachten wesens und lebens. Es wirdt sonst gar bald ain jemerlich sach im Turgav!

Ach, bittend gott mit ernst und allen truwen für uns, das er unß nitt lasß in versuchung fallen! 40 Grützt alle menschen, ewer hauß zü vorderst. Mentag post Letare. 41

[Ohne Unterschrift.]

Item Item es sollt der Monsterus 42 zü Basel dem Osvaldo Schreckenfuchs 43 zü Memmingen 50 fl schicken. Kan man aber kain gwissen bottschafft von Basel haben gen Meiningen. Ist min flyssig bitt, ob 44 etwer by euch gen Basel handelte, das ir im bygelegten brieff an den Monsterum gebind, das er das gellt euch zübrechte. Darnach kondten ir mirs all tag wol her schaffen und alsdann ich gen Meiningen. Sind gepetten und zürnt nitt, das ich allso mitt solichen sachen bemüh. Diser Osvaldus ist so ain frommer man, das ich im hertzlich gern dienen welt.

ein Stipendium bat. In Freiburg konnte er (wohl wegen finanzieller Not) kein Diplom erlangen. Er floh nämlich von dort, um seinen Schuldnern zu entkommen; s. Agata Chojnacka, Universitätsarchiv der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br. Bestand A 62: Verhandlungen gegen Universitätsangehörige, 1484-1938, Freiburg 2008, S. 3, Nr. 0008 (wir danken Rainer Henrich für den Hinweis auf diese online verfügbare Studie).
33 Dies bezieht sich nicht unbedingt konkret auf das Geigenspiel, sondern kann allgemein das Spiel irgendeines Musikinstruments bedeuten; s. SI II 151.
34 mache zü tantz: spiele zum Tanz auf.
35 dem. 36 tun.
37 Dies geht auch aus dem oben in Anm. 32 erwähnten, langen Gedicht hervor. Gisling schrieb auch den gereimten Text des in Zürich bei Augustin Fries (Mellis) Mitte der 1540er Jahre gedruckten Totentanzes und erwies sich dabei als "wortgewandter, variantenreicher Dichter"; s. Uli Wunderlich und Christoph Mörgeli,
"Ein Zürcher Totentanz nach Hans Holbein", in ZTB 123, 2003, S. 1-68 (Zitat S. 63).
38 zuvor.
39 Leumundszeugnis; s. Fischer IV 1452f.
40 Mt 6, 13.
41 21. März.
42 Sebastian Münster.
43 Der gelehrte Astronom, Mathematiker und Hebraist Erasmus Oswald Schreckenfuchs (1511-1579), der nach seinem Studium unter Münster mit diesem an der Veröffentlichung jüdischer Texte mitwirkte. Zur Zeit des vorliegenden Briefes war er Schulmeister in Memmingen. — Lit.: Constantin Franz Florian Anton von Kauz, Versuch einer Geschichte der Österreichischen Gelehrten, Frankfurt/Leipzig 1755, S. 184-203; ADB XXXII 467f; AK VIII, S. XXII. XLI. 309; IX/1, S. XLIX; Xii 202; X1/2 827; Horst Ruth, Personen- und Ämtergefüge der Universität Freiburg, 1520-1620, Diss. phil., Freiburg 2001, S. 861 des 2. Teils: "Biogramme".
44 falls.


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[Adresse darunter:] Dem erwirdigen, hochgelerten herrn Hainrich Bullinger zü Zürich, meinem insonder vertrauwten lieben herren und brüder.