Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[882]

Simon Grynäus an
Bullinger
[Basel],
22. August [1536]

Autograph: Zürich StA, E II 343, 190 (Siegelspur) Ungedruckt

Verweist auf ein Schreiben der Berner (zur Wittenberger Konkordie]. Freut sich über die Freundschaft mit Bullinger. Bittet ihn, die Frage der Inkarnation (Christi]weiter zu bedenken. Melchior [Wirz]plant zusammen mit Nikolaus [Bromm]einen Studienaufenthalt in Wittenberg; Grynäus bittet um Fürsprache bei der Familie von [Wirz]. Grüße. Wartet auf eine gemeinsame Stellungnahme der Zürcher zur Frage der Inkarnation.

S. Quid sit responsum Bernae, credo te intelligere ex istorum epistola per tabellionem publicum scripta 2 .

Magis mihi magisque quottidie instituta tecum amicitia in domino placet. Scio, non deseret nos Christus a dominus, nec veritate excidemus.

Quae de incarnatione paucula disceptavimus 3 , quaeso, ut expendere diligentius velis. Magna ac sublimis est, Greek Greek Greek Greek Greek Greek Greek Greek mirusque totus ac mirandus, qui se medium inter deum ac hominem infert. Itaque erunt hic multa, quae non statim nobis occurrunt. Quaeso, ut incumbas diligenter.

Coepit Melchior 4 consilium adeundi Wittenbergam 5 . Socium habet ex sententia Nicolaum 6 meum. Orat, ut te de ea re perconter. Credo prorsus ex re

a in der Vorlage Greek
1 Ais Jahr kommt nur 1536 in Frage. Nach den Verhandlungen von Grynäus und Myconius mit den Berner Pfarrern am 17. August wartete man auf ein Schreiben Berns (vgl. unten Z. 1f mit Nr. 885, 6). Außerdem scheint der Brief eine noch nicht weit zurückliegende Zusammenkunft des Verfassers mit den Zürcher Theologen vorauszusetzen (s. Z. 5f. 16-20). Vgl. auch Z. 12f mit Anm. 7.
2 Der Berner Rat unterrichtete Zürich erst am 23. August; s. oben Nr. 878, Anm. 2.
3 Am 16. August, also unmittelbar nach seiner Zusammenkunft mit Grynäus, legte Bullinger Vadian die Frage vor, "an corpus Christi propter coniunctionem cum verbo inseparabilem sumat sibi alienas a corpore conditiones"; s. oben Nr. 877, 36-39.
4 Gemeint ist wohl der 1533/34 in Basel immatrikulierte Melchior Wirz (1519-1558) aus Zürich. Offenbar ist er identisch
mit jenem Melchior Virbius ("Wirben"; s. HBBW III, S. 25), der Bullinger 1533 für eine Empfehlung (an Grynäus?) dankte, 1537 in Basel Schriften Euklids auslegte und 1539 in Paris studierte. 1541 begann er in Zürich Mathematik zu lehren, doch gab er schon im folgenden Jahr seine Lehrtätigkeit auf (s. Zürich StA, G II 39. 1, 1541 und 1542), heiratete und begann eine Ämterlaufbahn. 1543 wurde er Großrat, 1550 und 1552 Richter (s. Zürich StA, B VI 257, 206v. 326v.), 1553 Rechenherr und Eherichter (s. ebd., B VI 258, 1v. 2r.). Von 1554 bis 1557 gehorte er als Constaffelherr dem Kleinen Rat an. 1554 und 1556 war er Vogt von Wollishofen (s. ebd., B VI 258, Mr. 130v.), und 1558 wurde er zum Amtmann von Stein am Rhein gewählt. — Lit.: Basel, Matrikel II 4, Nr. 9; Carl Keller-Escher, Promptuarium genealogicum, Bd. VII, S. 271 (Zürich ZB, Ms Z II 6a); Bernhard Milt, Zürichs Vergangenheit in Naturwissenschaft und Medizin (Mittelalter


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ipsius futurum. Instructa iam nova principis liberalitate professoribus omnigenis scola est 7 , et audire Philippum 8 vel unum, vides, quantum opere precium sit. Cuperent ire juvenes ad nundinas 9 iam. Ita facile descenditur et sumptibus minoribus. Expedies iuveni optimo negotium istic apud suos.

Fratres omnes volo ut diligenter unumquemque nominatim mihi salutes. Aino omnes mirabiliter. Theodorum 10 salutabis plusquam diligenter, plusquam semel, doctorem Engelhardum item etc.[?]; Leunculum 11 nostrum extra ordinem. Expecto, dum mihi de hac quaestione incarnationis communi epistola respondeatis 12

Vale in domino.

22. augusti.

Gryneus tuus.

[Adresse auf der Rückseite:] Praestanti viro d. Heylricho Bullingero, amico et patrono colendissimo.

und 16. Jahrhundert), in: Gesnerus 4, 1947, S. 35; Alfredo Serrai, Conrad Gesner. A cura di Maria Cochetti, Rom 1990, S. 23, Anm. 22; Schnyder, Ratslisten 616; Fabian, Geheime Räte 535; HBLS VII 570.
5 In der Wittenberger Matrikel läßt sich Melchior Wirz nicht nachweisen.
6 Zweifellos der 1532/33 in Basel und 1536/37 in Wittenberg immatrikulierte Claus Bromm (Nicolaus Bromius), 1517- 1587, von Frankfurt. Ein Brief Johannes Hallers (Zürich StA, E II 370, 224) bestätigt Bromms enge Beziehung zu Grynäus während seines Aufenthalts in Basel. 1535 folgte er seinem Lehrer für einige Monate nach Tübingen. In Wittenberg kam er mit Melanchthon in nähere Berührung, bevor er sein Studium 1539 in Padua fortsetzte. Nach seiner Rückkehr und Heirat (1540) wurde er 1546 Mitglied des Frankfurter Rats, und 1554 versah er das Amt des jüngeren Bürgermeisters. Durch unglückliche Spekulation im Kupferhandel verlor der einst reichste Mann der Stadt sein Vermögen und brachte Frankfurt in wirtschaftliche Schwierigkeiten. 1566 wurde er deshalb aus dem Rat verstoßen. Bullinger und Bromm haben einander verschiedentlich durch Dritte grüßen lassen (s. Zürich StA, C II 1, Nr. 963; E II 347, 717; 356, 150. 953); über ihre Bekanntschaft ließ sich aber bisher nichts Näheres feststellen. — Lit.: Basel, Matrikel II 1, Nr. 3; Tübingen,
Matrikel I 277, Nr. 22; Wittenberg, Matrikel I 164; Blarer BW I 652. 661. 756; Capito, Con. 186, Nr. 549; Melanchthon BW, Regesten, besonders II 427, Nr. 2179; III 45-47, Nr. 2406-2408; 109, Nr. 2553; Friedrich Bothe, Frankfurter Patriziervermögen im 16. Jahrhundert, Berlin 1908. — Archiv für Kulturgeschichte, II. Ergänzungsheft, S. 56-63 und passim; Alexander Dietz, Frankfurter Handelsgeschichte, Erster Bd., Frankfurt a. M. 1910, S. 296-305 und Reg.; Karl Bauer, Die Beziehungen Calvins zu Frankfurt a. M., Leipzig 1920. — SVRG 133, S. 6; ders., Valérand Poullain. Ein kirchengeschichtliches Zeitbild aus der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts, Elberfeld 1927, Reg.
7 Mit der Fundationsurkunde vom 5. Mai 1536 hatte Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen die Universität Wittenberg einheitlich organisiert und die Professuren und Besoldungen neu festgelegt; vgl. Walter Friedensburg, Geschichte der Universität Wittenberg, Halle a. S. 1917, S. 178-184.
8 Philipp Melanchthon.
9 Zum Termin der Frankfurter Herbstmesse s. unten Nr. 884, Anm. 5.
10 Theodor Bibliander.
11 Leo Jud.
12 Die Antwort der Zürcher ist nicht erhalten, wohl aber das Schreiben, mit dem Grynäus darauf reagierte (unten Nr. 913).