Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2496]

Bullinger
an Ambrosius Blarer
Zürich,
12. Juli 1546

Autograph: St. Gallen Kantonsbibliothek (Vadiana), Ms 35 (VBS VI), 160. [160a] (Siegelspur) Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 469-471, Nr. 1311

Am Freitag, 9. Juli, überbrachte der aus Rapperswil stammende junge [Hans Rych] einen am 1. Juli [richtig: 31. Mai] von [Johannes] Haller verfassten Brief [HBBW XVI, Nr. 2451] aus Augsburg. Die späte Übermittlung erklärte er mit geschäftlichen Angelegenheiten und einem mehrtägigen Aufenthalt in Rapperswil. Er habe lange in Augsburg gewirkt und stehe nun im Dienste des Augsburger Hauptmanns [Hans]Sigmund von Plieningen. Er erzählte auch von [Johannes] Haller, [Hans Wilpert] Zoller und [Georg] Frölich, so dass Bullinger ihm vertraute und sich angesichts seines knappen Kostgelds bis Samstagmittag seiner annahm. Als [Rych] erklärte, wieder nach Augsburg aufbrechen zu wollen, gab Bullinger ihm Briefe an Blarer [Nr. 2493] und Haller [Nr. 2494] mit, die er sonst mit eigenem Boten geschickt hätte. Nun hat Bullinger erfahren, dass [Rych] wieder in Richtung Rapperswil aufgebrochen ist, vielleicht um von dort nach Konstanz weiterzureisen. Bullinger macht sich aber Sorgen, dass er einen unzuverlässigen Menschen mit vertraulichen Briefen beauftragt haben könnte. Blarer soll daher gleich berichten, wenn er den Brief erhält. Für seinen Brief an Blarer hatte Bullinger drei Schreiben verwertet: 1) Ein Verzeichnis mit Angaben zum kaiserlichen Heer, das der zur Jahresrechnung nach Lugano gesandte Zürcher Bote [Marx Schultheß] aus Mailand geschickt hatte; 2) ein Schreiben mit Nachrichten zum Vorhaben der Neun Orte, einen Brief aus Baden an Konstanz zu richten, um dem [Schmalkaldischen Bund] die [eidgenössischen] Söldner wieder wegzunehmen; 3) ein Schreiben des Zürcher Rats mit seinem Beschluss zum Vorstoß der Neun Orte. Bullinger hofft nur, dass seine Briefe nicht in untreue Hände geraten und anderen Probleme bereiten. Im Folgenden geht Bullinger auf Blarers Brief vom 7. Juli [Nr. 2489]ein, den [Konrad]Hofherr am Vortag überbracht hat, sowie auf den soeben von Heinrich Stapfer übermittelten Brief vom 9. Juli [Nr. 2492]. Wenn Pfalzgraf [Friedrich II.] sich als Vermittler [zwischen Kaiser Karl V. und den Schmalkaldenern]angeboten hat, wird Herzog Wilhelm von Bayern zu ihm halten. Bullinger befürchtet, dass auf diese Weise dem Antichrist zu viel Spielraum gelassen wird, wo es doch viel angemessener wäre, gegen

d F. 341v. und 342r. leer.
26 Hans Rudolf Lavater und Johannes Haab.
27 Hans Escher vom Luchs.
28 Antistes.


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Trient und Rom zu ziehen, um mit dem Schlangennest endlich einmal aufzuräumen. [Johann von] Naves ist genau wie [Nicolas de Perrenot, Herr von] Granvelle ein Schurke. Gott wird sie bestrafen. Bullinger bedauert, dass [der Schmalkaldische Bund vorschnell]unerfahrene Hauptleute und junge Soldaten [aus der Eidgenossenschaft]angenommen hat. So kam es dazu, dass die tapferen [Zürcher] Söldner, die zu spät eintrafen und von denen 1'000 tauglicher gewesen wären als 3'000 der zuerst Angeworbenen, leider wieder umkehren mussten. Möge der Herr [den Schmalkaldenern] Stärke und Klugheit gegen die Italiener und Spanier verleihen! Denn diese werden bestimmt bei Nacht angreifen wollen, wie dies von dem Grafen von Musso [Gian Giacomo de' Medici] zu erwarten ist. Blarer soll Bullinger wissen lassen, wohin [die schmalkaldischen Truppen] von Kempten aus ziehen. Die Nürnberger haben einen in Seide gekleideten Prädikanten [Andreas Osiander]und ein [den Werken eine heilsvermittelnde Rolle zuweisendes]Evangelium. Bullinger hat ihnen noch nie getraut. Sie sind wie Ananias und Saphira! Die spanischen Praktiken [Kaiser Karls V.], der den Herzog Ulrich [von Württemberg] gegen die Städte [aufbringen wollte], überraschen nicht. Bullinger hat ja schon an Blarer geschrieben, wie der Kaiser Italien überredet hat. Niemand ist den Eidgenossen gegenüber feindlicher eingestellt als der Kaiser, auch wenn er diese vorläufig bis [zum Angriff] mit freundlichen Worten besänftigt. [Konrad Zwick] möge seine [Kriegs]kunst nur wenn nötig einsetzen. Blarer soll ihn und [Thomas Blarer]grüßen. [Das Söldnerangebot] von den Urnern ist eine ernste Angelegenheit, doch falls man der Söldner noch bedürfte, sollten diese sich außerhalb von Konstanz sammeln. Außerdem sollten nur gute Kriegsleute angeworben werden. Gut, dass Landgraf [Philipp von Hessen]nach Süddeutschland [gegen die kaiserlichen Truppen] zieht. Die Norddeutschen sollen aber das kaiserliche Brabant im Auge behalten! Blarer soll berichten, wo sich der Landgraf und Herzog Ulrich befinden und wie es in Augsburg steht. Bullinger ist erfreut, dass die Eidgenossen so tapfer sind. Mögen sie sich auch dergleichen in den richtigen Kampfhandlungen erweisen! Blarer soll K[onrad] Z[wick]ausrichten, dass ihm sein scherzhaftes Wesen wohlbekannt sei und er sich revanchieren werde! Bullinger weiß noch nicht, wie es mit dem [von den Neun Orten geforderten] Rückruf [der bereits dem Schmalkaldischen Bund zugezogenen eidgenössischen Söldner]steht. Der Zürcher Rat lehnte einen solchen ab und hat seine Gesandten [Itelhans Thumysen und Johannes Haab auf der Badener Tagsatzung]beauftragt, die [Orte]davon abzubringen. Diesbezüglich hatte Bullinger in dem Brief [Nr. 2493], den er [Hans Rych], dem Diener von Plieningen, anvertraut hatte, ausführlich geschrieben. Die Gesandten [des Schmalkaldischen Bundes] aus Württemberg [Hans Herter von Hertneck], Straßburg [Heinrich von Müllenheim] und Konstanz [Ulrich Hochrütiner] wurden am 10. Juli angehört. Bullinger hat aber noch nichts über die ihnen [von den Eidgenossen] erteilte Antwort erfahren. Blarer soll oft schreiben und genau informieren. Er soll sich doch beim Konstanzer Stadtschreiber [Jörg Vögeli d.Ä /erkundigen, wann dieser im Auftrag seines Rates [nach Zürich] schreibt. Grüße. Wenn möglich, soll Blarer darauf drängen, dass alle eidgenössischen Söldner in einer Truppe unter einem Hauptmann zusammenbleiben und dass im Heer eine strenge Zucht und Ordnung herrscht.

Gnad und frid, etc. Uff frytag vergangen 9. iulii ist zu mir in min huß kummen ein junger gesell 1 . Hat mir von Augspurg brieff a Hallero 2 gebracht, deren datum stünd 1. junii. 3 Dorumb vragt ich, wie das zügienge. Antwort er: "Da bin ich uff der straaß gelägen miner geschäfften halb, und ouch jetzund ettlich tag zu Rapperschwyl 4 , dannen ich pürtig bin. Hab ein

1 Hans Rych von Rapperswil, ein Diener von Hans Sigmund von Plieningen; s. unten Z. 6f, 87f, und Nr. 2506,1f.
2 Johannes Haller.
Hallers Brief vom 31. Mai (HBBW XVI, Nr. 2451), datiert auf "pridie calendas iunii", was den Fehler erklärt.
4 Rapperswil (heute Kt. St. Gallen).


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lange zyt zu Augspurg gedient. Bin jetzund by Sigmunden von Bläuingen 5 , houptman der statt Augspurg", etc. Sagt mir allerley vom Hallero, Zollnero 6 und Laeto 7 , das ich imm truwt. Zeigt aber, er hatte wenig zerung 8 Des verlegt 9 ich inn biß sampstag vergangen zu mittentag. Do gab ich imm, diewyl er anzeigt, das er angändts 10 wider gen Augspurg a wölt, brieff an üch 11 und an Hallerum 12 . b Ich hab wollen ein eignen botten damitt schicken. Alls er aber sagt, er were fertig 13 und so güte zeychen gab, truwt c ich imm. b Demnach 14 er aber hinwäg zogen, vernimm ich hütt, das er wider sye uff Rapperschwyl; vilicht wil er dannen uff Constantz. Doch bin ich in angst und sorgen. Weiß nitt, was ich gedencken sol, ob er vilicht untrüw. Und so das, und ir von imm kein brieff empfangen, so stat mir die sach seltzam und hert 15 , dann ich üch und Hallero vast vertruwcklich 16 geschriben. Ist es üch dann worden, bitt ich früntlich, mich bald zu berichten, das ich uß der angst und anfächtung 17 kumm.

Üch hab ich 3 schriben zamen gethan: 18 das ein die verzeichnung des keyserischen hörs 19 , uns heruß von Meyland durch unsern botten uff der jarrächnung zu Lowerts 20 zugesandt; das ander 21 , wie die 9 ort zu Baden gehandlet und üch zugeschriben und üch die knächt abgeschlagen, etc., 22 wie ir dorumb nut gäben söllind d23 , dann es der pensiöner prattick 24 , und vil,

a Augsburg über einer gestrichenen, fehlerhaften Schreibung des Stadtnamens.
b-b am Rande ohne Einfügungszeichen nachgetragen.
C In der Vorlage trwt. —
d söllind über der Zeile nachgetragen.
5 Hans Sigmund von Plieningen, Hauptmann der Augsburgischen Kavallerie; s. Roth, Augsburg III 50.
6 Hans Wilpert Zoller.
7 Georg Frölich.
8 Kostgeld.
9 versah.
10 umgehend.
11 Nr. 2493 vom 10. Juli. — Erst am 27. Juli vermeldete Blarer den Empfang dieses Briefes; s. Nr. 2514,60.
12 Nr. 2494 vom 10. Juli.
13 bereit.
14 Nachdem.
15 bedrückend.
16 vast vertruwcklich: sehr vertraulich.
17 Sorge, Zweifel.
18 Gemeint ist, dass Bullinger für seinen Brief Nr. 2493 an Blarer drei Schreiben verwertet hat.
19 Heeres. —Die Urfassung dieses Verzeichnisses, das einem am 1. Juli in Lugano verfassten Brief von Ludwig Hager beigelegt
war, ist in Zürich StA, A 177, Nr. 6, erhalten, und wurde am 7. Juli über Baden nach Zürich vermittelt; s. aaO, A 227/1, Nr. 75.
20 Bote an der ,jarrächnung" (Tagsatzung zur Behandlung der Jahresrechnung einer gemeinsamen Vogtei; s. SI XII 979) vom 25. Juni in Lugano (Lauis; Lowerts) war Marx Schultheß; s. LA IV/1d 624-628. Das von Bullinger verwendete Verzeichnis stammte jedoch von Ludwig Hager (s. oben Anm. 19), der laut einer Angabe in seinem Brief in Begleitung anderer nach Mailand geritten war.
21 Das Schreiben, das Itelhans Thumysen und Johannes Haab am 7. Juli aus Baden an den Rat zu Zürich gesandt hatten; s. Nr. 2493, Anm. 14.
22 Vgl. Nr. 2493,9-12 (und auch Nr. 2494,41-43, an Haller).
23 wie ir dorumb nut gaben söllind: wie ihr dies nicht beachten sollt.
24 List.


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das mir uffgeruppfft 25 wurde; das tritte schryben 26 , was sich min herren rädt und burger darüber e erkendt habind. 27 Sol das alles in untrüwe händ kummen, wirt vil unradts gepären 28 . Doch setzen ich es gott beym. Wil es 29 miner person halb f wol verantworten, wann nun 30 kein wyter unwill daruß ander lüten entstünde.

Jetzund antwort ich üch uff die brieff, die ich von üch gestern durch Curionem 31 und hütt von Heinrychen Stapfern 32 empfangen hab, des einen datum 7. iulii, 33 des andern 9. iulii 34 .

||160V So sich der pfaltzgraff 35 begäben 36 zum underhandler, wirt h[ertzog] Wilhelm von Peyern 37 zu imm stan, und besorg ein fule rychtung 38 , das dem antichristo vil luffts 39 gelassen, da aber 40 vil billicher, so gott jetzund gnad geb. das man mitt dem zug 41 uff Trient 42 und Rom zuzöge und das wurmnest 43 einfart 44 uußnäme 45 . Doch wirt uns filicht gott ettwas anders sähen lassen uns zur bewärung. Sin will beschäch alle zyt! 46

Navis 47 ist alls schuldig alls Granwälla 48 und sind heid böß luren 49 und blutige büben, die gott straaffen wirt.

Es ist uns leyd, das die sach also geradten ist, das ir jung und unerfaren houptlüt angenommen, darzu anfangs alles, das kummen, ouch junge knaben, besöldet habend. 50 Das liederlich 51 volck loufft alles vor dannen 52 . Unser volck 53 , rächt hüpsch 54 dappffer knächt, sind erst hernach kummen. Die sind zu spaat kummen und habend wider heim müssen. Und were aber üch 1'000 sölicher gestandner lüt wäger xin 55 dann jhäner 3'000. Doch ist das

e darüber über der Zeile nachgetragen.
f halb über der Zeile nachgetragen.
25 vorgehalten (wohl von seinen Freunden aus dem Rat).
26 Eine nicht erhaltene Antwort des Zürcher Rates an ihre Gesandten in Baden; s. Nr. 2493, Anm. 14.
27 Vgl. Nr. 2493,12-21.
28 unradts geparen: Unheil entstehen.
29 die Veruntreuung von Bullingers Brief durch Rych.
30 wann nun: wenn nur. 31 Konrad Hofherr.
32 Wohl Heinrich Stapfer, der uneheliche Sohn des Fraumünsterchorherrn Rudolf Stapfer; s. HBBW V 284, Anm. 2. VIII 25, Anm. 2.
33 Brief Nr. 2489.
34 Brief Nr. 2492.
35 Friedrich II. von der Pfalz. —Bezug auf Nr. 2489,7-12. 36 sich begäben: sich verpflichtet, sich angeboten (hat); s. SI II 91.
37 Zu dessen zweideutigem Verhalten s. Nr. 2467, Anm. 4.
38 fule rychtung: arge Übereinkunft.
39 Spielraum.
40 da aber: wo doch.
41 Heereszug.
42 In Trient fand zu diesem Zeitpunkt das Konzil statt. — Solch einen Plan hatte u.a. auch Sebastian Schertlin gehegt; s. Paulus, Schertlin 58. Vgl. auch Nr. 2558,28— 30. 73-75.
43 Schlangennest; vgl. SI XVI 1515.
44 endlich einmal.
45 aushebe, entferne.
46 Vgl. Mt 6, 10. Lk II. 2.
47 Johannes von Naves. — Anspielung auf Nr. 2489,18-20.
48 Nicolas de Perrenot, Herr von Granvelle.
49 Bösewichte; s. SI VI 1376.
50 Siehe dazu Nr. 2489,25-34.
51 unbedeutende.
52 vor dannen: zuvor von hier [der Eidgenossenschaft].
53 Damit sind die Zürcher gemeint.
54 ansehliche, große.
55 wäger xin: besser gewesen.


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hertz von gott, und die sterck und wyßheit wirt vom herren gäben. Der wölle sy stercken und inen verlyhen, das sy mannlich 56 syend und fürsichtig, dann an 57 die Italier und Hispanier wirt es sin 58 bedörffen. Die sind gschwind und sorgsam 59 , werdent aber 60 trachten, wie sy die unsern by nacht und unversähen überfallend. Der von Müß 61 kan die kunst. Dorumb habe man sorg. Ir habend sunst mee dann lüten gnug, 62 wil faal und glück darby sin 63 . Wo 64 nitt, nun ze vil 65 . Lassend mich wüssen, wohin sy von Kempten 66 hinziehend.

Die Nürenberger 67 habend ein sidnen 68 praedicanten und ein krämerisch euangelion 69 . Gott verlich inen ouch gnad, dann ich hab inen nie nüt 70 vertruwt dappffers 71 . Sy werdent sich aber hernach (sol es geradten) sich also ynschicken und ynflicken, das sy die fürnempsten werdent. Weltzet es uns 72 , meinend sy, ungeschlagen uß dem durnier zu kummen. O Anania und Saphira 73 , wie habend ir so ein schöne kunst hinder üch gelassen!

Die hispanischen pratticken sind mir nitt nüw. 74 Acht wol, er 75 handle nitt nun 76 zwüschen hertzog [160a]r. || Ulrychen 77 und den stetten also, sunder ouch under den stetten. Ich hab es üch vor 78 geschriben, wie er Italiam überkummen 79 . Er ist keinem volck finder 80 dann uns eydgnossen. Gipt doch so guete

56 tapfer.
57 gegen.
58 dessen.
59 gefährlich.
60 abermals.
61 Gian Giacomo de' Medici, Kastellan von Musso; s. Nr. 2478, Anm. 36.
62 Vgl. Nr. 2489,105-107.
63 wil faal und glück darby sin: will [Gott] Gelingen und Glück verleihen.
64 Wenn.
65 nun ze vil: sind es schon zu viele [Söldner].
66 Kempten war einer der Sammelplätze der schmalkaldischen Truppen; s. Nr. 2489,61-66.
67 Bezug auf Nr. 2489,67-77.
68 in Seide gekleideten. — Anspielung auf Andreas Osiander; vgl. HBBW XV 453,30-32; XVI, Nr. 2359.
69 Dabei ist wohl (besonders in Hinsicht auf das Abendmahl) gemeint, dass das in Nürnberg gepredigte Evangelium den Werken eine gewisse Rolle zugestand, zumal die Lutheraner den Elementen im Abendmahl eine größere Bedeutung in der Heilsvermittlung zusprachen als die Zwinglianer. Vgl. dagegen Bullingers Argumentation in HBBW XVI, Nr. 2361.
70 nie nüt: niemals.
71 was den Mut anbetrifft.
72 Weltzet es uns: trifft es uns [die Schmalkaldener]. — Zur eigenständigen Haltung Nürnbergs s. Nr. 2489, Anm. 70.
73 Vgl. Apg 5, 1-11.
74 Anspielung auf Nr. 2489,78-98, über den Versuch des Kaisers, Zwietracht zwischen Herzog Ulrich und den Städten zu stiften.
75 Karl V. 76 nur.
77 Herzog Ulrich von Württemberg.
78 früher.
79 Hier wohl im Sinne von "überredet" und nicht von "überwältigt" (s. Fischer VI/1 47f), denn Bullinger wird sich hier kaum auf seine lakonische Aussage über Mailand (s. Nr. 2483,45) beziehen. Er könnte zwar darüber in einem verlorengegangenen Brief geschrieben haben, doch liegt hier vermutlich vielmehr eine Verwechslung vor: Bullinger scheint der Meinung gewesen zu sein, Blarer das geschrieben zu haben, was er an Myconius schrieb (s. Nr. 2491 und Anm. 39) und ursprünglich von Blarer erfahren hatte (s. Nr. 2485,48— 53)!
80 feindlicher gesinnt.


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wort, 81 alls ob er unser bester fründ sye! Ad tempus, biß er baas 82 mag, etc.! Dorumb hütend und bittend gott sunderlich, das er uns vor verrätery behüt.

Gott verlyhe üwerm vetteren 83 , minem lieben herren, das er sin kunst wol und zu rächter zyt gebrucht, oder aber die mitt imm selbs under den härd 84 trage, dann sunst ellendts und böser künsten gnug sind. Aber in der zyt der nodt, was er kan, süche er herfür. Und grüssend inn und uwern bruder 85 seer früntlich.

Mitt den Urnern hat es ein meynung 86 , doch so es üch nodt wurde sin, müstend ir ein anderen platz, da man sich versamlete, bestimen. Müste doch nitt Constantz sin. Und wenn ir mee knächten bedörffend, lügend nun vorin 87 umb redlich houptlüt, und das man nitt jederman annemm!

Das der landtgraff hinuff 88 zücht, gefallt mir. Habind nun die andern daniden 89 gut sorg und lugind dem keyser zu sinem Braband. Lieber, lassend mich wüssen, wo der lantgraff jetzund, wo hertzog Ulrych und wie es zu Augspurg gange.

Das sich die eydgnossen so weidlich 90 haltend, frowt mich. Gott gab inen das sy an houpt und veldstryten 91 ouch also thügind 92 und stercke von gott habind! Sagend mir minem günstigen herren C[onraten] 71 wicken 1. ich wüsse wol sine dück und fatzen 93 . Wil trachten, wie ich inn bezale.

Mitt dem abmanen 94 weiß ich noch nitt, wie es stadt. Min herren rädt und burger habend verganges sampstags 95 sich erckent 96 nitt abzemanen, und iren botten 97 geschriben, daran ze sin, das die eydgnossen des abmanens still standint. Das hab ich üch alles der lange nach geschriben in dem brieff 98 by Sigmunds von Bleuingen diener 99 gesandt, und darby bericht, wie und worumb min herren den bouff der knächten abgestellt. Trüw, er sye üch worden.

81 Anspielung auf den an die Eidgenossenschaft gerichteten Brief Karls V. vom 12. März 1546; s. Nr. 2452, Anm. 5.
82 besser.
83 Konrad Zwick. — Zu dessen "Kriegskunst" s. Nr. 2489,104-114.
84 Erde; s. SI II 1597.
85 Thomas Blarer.
86 hat es ein meynung: steht man vor einer wichtigen Angelegenheit; s. SI IV 313. — Die Urner hatten den Schmalkaldenern mitgeteilt, dass sie ihnen viele Söldner verschaffen könnten; s. Nr. 2489,115— 118.
87 zuvor.
88 Nach Süddeutschland. — Zum Zug Philipps von Hessen gegen die kaiserlichen Truppen in Süddeutschland s. Nr. 2489,13.
89 Im Norden, hier v.a. Köln.
90 tapfer. —Anspielung auf die in Nr. 2492
übermittelten Nachrichten zum tapferen Verhalten der eidgenössischen Söldner.
91 an houpt und veldstryten: an den wichtigen militärischen Einsätzen.
92 täten.
93 sine dück und fatzen: sein lustiges und scherzhaftes Wesen; s. SI I 1146; XII 1277. — Zum Scherz Zwicks s. Nr. 2492,2-12.
94 Der von den Neun Orten geforderte und in Nr. 2492,36-40, erwähnte Rückruf der schon nach Deutschland gezogenen eidgenössischen Söldner.
95 Am 10. Juli. Vgl. Nr. 2494,55-58.
96 sich erckent: beschlossen.
97 den Gesandten auf der Tagsatzung in Baden, nämlich Itelhans Thumysen und Johannes Haab.
98 In Nr. 2493,9-17.
99 Hans Rych; s. oben Z. 1-15.


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Üwere botten, Wirtemberg, Straßburg, Constantz, 100 sind zu Baden verhört uff sampstag vergangen 101 Weiß aber noch nitt, was die antwort.

||[16Oa]v. Diser zyt hab ich nitt wyters ze schryben, dann das ich üch fründlich pitt, mir vil ze schryben und mich alle zyt eigentlich 102 ze berichten, insonders so ettwas thatlichs beschäch, des ir guten grund hättind 103 . Machind uwere kuntschafft mitt dem stattschriber 104 , so er von üwer herren wagen hinyn 105 schryben wil, das er des üch berichte. Ir wüssend und konnend imm wol thun 106 .

Gott mitt üch. Datum Zürych, 12. iulii zu 9 urn vor mittag anno 1546.

H. Bullinger.

Lieber, könnend ir radten und hälffen, das die eydgnossen iren eignen huffen habind und all by einanderen syend under üwer einem, dem obristen houptman, so thunts und sind dran. Und das nitt nun 107 sy 108 , sunder das gantz hör'°109 ein ordinantz und christliche zucht habe, etc. Ir wüssend wol, was das bringt. 110

[Adresse darunter:] Dem hoch und wolgelerten h. Ambrosio Blaureren, zu Constantz predicanten, sinem fürgeliepten herren und bruder. g111