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Autograph: Zürich StA, E II 342, 162; [Beilage:]a E II 441, 21-24 (Siegelspur)
Zusammenfassung: Henrich, Myconius BW 929, Nr. 1045
[1]Beiliegend eine rasch abgeschriebene Nachrichtensendung. Warum lässt denn Myconius
nichts mehr von sich hören? Bullinger würde häufigere Briefe von ihm erwarten, zumal er
selbst sehr oft an ihn schreibt! — [2] Das von Kaiser Karl V. für die Badener Tagsatzung
eingereichte Schreiben [an alle Orte vom 27. Dezember 1546] werden die Basler bei ihrem
Stadtschreiber [Heinrich Ryhiner]einsehen können. Trotz dessen schmeichlerischen Inhalts ist
diesem Brief kein Glauben zu schenken! — [3] Es gibt nun Streit, weil die Fünf Orte eine
Bestrafung Rudolf Gwalthers wegen dessen "Endtchrist"fordern. —[4]König Franz I. vonBriefe_Vol_19-139 arpa
Frankreich hat 8'000 Italiener im Piemont und 14'000 Franzosen in der Gascogne an der
spanischen Grenze stationiert. Vor dem 1. März will er noch 8'000 bis 15'000 Eidgenossen in
Rüstung. — [5] Grüße an Francisco de Enzinas. Hat denn Johannes Gast das Geld für die
Wolle erhalten? Der Inhalt des vorliegenden Briefes ist auch für Enzinas und Gast bestimmt.
Grüße an Nikolaus Episcopius und an Johannes Herwagen. —[6]Myconius soll den beigelegten
Brief mitsamt den zehn Kronen an Josias Simler übermitteln. —[7][Beilage.]Nachricht
[des Konstanzer Rats], 9. Januar: Der Konstanzer Gesandte [Ludwig Kürnstaller] ist aus Ulm
zurückgekehrt. Die Ulmer Ratsabgeordneten erklärten ihm und allen anderen Gesandten der
[oberländischen]Städte, warum sie sich zu einem Frieden mit dem Kaiser entschlossen haben
und unter welchen Bedingungen dies geschehen ist. —[8]Den Ulmern wurde angeordnet, den
Schmalkaldischen Bund zu kündigen und keinem Bündnis mehr beizutreten, an dem nicht auch
der Kaiser und König Ferdinand I. beteiligt sind. —[9] Sie wurden ferner verpflichtet, ihre
Kriegsbeute zurückzuerstatten. — [10] Von nun an haben sie sich dem Kammergericht zu
unterstellen. —[11] Sie müssen auch die von ihnen angeworbenen Kriegsknechte entlassen.
— [12] ihnen wurde schließlich eine gebührende, aber doch mäßige Geldstrafe auferlegt.
—[13]Als ihre Gesandten [Georg Besserer und Jos Weickmann]beim Kaiser um Beibehaltung
ihrer Rechte und Religion bitten [wollten], meinten die kaiserlichen Räte, dass sie vor dem
Kaiser die Religionsfrage gar nicht zu erwähnen bräuchten, da der Krieg nicht deswegen
geführt worden sei. Der Kaiser werde sie wie Herzog Moritz von Sachsen. die Markgrafen von
Brandenburg, Herzog Erich von Braunschweig und noch andere bei ihrer Religion, ihren
Privilegien und Bräuchen lassen. Er habe nämlich seine Meinung geändert. Allerdings konnten
die Ulmer keine schriftliche Garantie diesbezüglich erhalten. Die kaiserlichen Räte (nicht
der Kaiser) erklärten sich bereit, die Versöhnung der Stadt mit einem offiziellen Dokument zu
bestätigen. —[14]Die Ulmer behaupten, dass sie bei ihrer Versöhnung mit dem Kaiser darauf
bedacht waren, ihre Religion nicht preiszugeben, dass sie aber auch keineswegs gezwungen
wurden, sich dem Kaiser zu unterstellen, den Fußfall zu leisten und anzuerkennen, unrechtmäßig
in den Krieg gezogen zu sein. —[15] In Ulm hat sich [Ludwig Kürnstaller] zu nichts
verpflichtet, sondern die in Erfahrung gebrachten Punkte zur Besprechung im Großen Rat und
in der Bürgerschaft nach Konstanz mitgenommen. —[16]Dergleichen haben auch die Gesandten
von Lindau, Ravensburg und Isny getan. Memmingen, Biberach und Kempten aber hatten
ihren Gesandten die Vollmacht erteilt, sich wie Ulm dem Kaiser zu unterwerfen. Unterdessen
wird dies wohl schon geschehen sein. —[17]Dies ist in Kürze, was die Gesandten in Ulm über
die Versöhnung dieser Stadt mit dem Kaiser in Erfahrung bringen konnten. —[18]Nachricht
[von Georg Frölich] aus Augsburg, 9. Januar: Die Ulmer haben nicht nur den [Schmalkaldischen]
Bund verlassen, ohne dazu gezwungen gewesen zu sein, sondern sie verführen jetzt
auch andere Städte zu diesem Schritt, um selbst besser dazustehen. Sie behaupten sogar, dass
die Augsburger sie dazu verleitet hätten, was nun wirklich nicht stimmt! —[19]Georg Frölich
erfuhr brieflich von den Memmingern, dass diese bereits ihre Unterwerfung bereuten.
—[20]Landgraf Philipp von Hessen hat seine Festungen für den Krieg gerüstet. Er schrieb, er
hätte gehört, dass Augsburg sich ebenfalls mit dem Kaiser versöhnen wolle. Darauf antworteten
ihm die Augsburger, dass sie im Gegenteil vorhätten, treu zu bleiben. Die Straßburger
ermahnten die Augsburger brieflich, standhaft zu sein, solange sie sich im Notfall wehren
können. —[21]Man behauptet immer wieder, dass der Kaiser tot sei und seine Räte mit seinem
Leichnam Theater spielen. — [22] Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen hat sein Land
zurückerobert und Herzog Moritz von Sachsen nach Böhmen vertrieben. Der Kurfürst hat
Leipzig und andere Städte besetzt. Langensalza hat er bestürmt. —[23]Nachricht [von Ambrosius
Blarer] aus Konstanz, 17. Januar: Immer wieder wird erzählt, dass der Kaiser tot sei
und dass seine Räte den Leuten mit einem Abbild seines Leichnams etwas vorgaukeln. Die
Gesandten der Städte, die sich ergeben haben, sahen nämlich den Kaiser nie persönlich.
Andere sprachen an dessen Stelle. Den Gesandten zeigte man lediglich einen Vorhang, hinter
dem er sich befunden haben soll. Von dort war jedoch kein Laut zu hören! —[24]Herzog
Ulrich von Württemberg ist auch übergelaufen. Zu welchen Bedingungen, ist unbekannt. Fest
steht, dass [Fernando Alvarez de Toledo], Herzog von Alba, sogar nach dem Friedensabkommen
etliche Ortschaften besetzt hat. —[25]Ravensburg, Lindau und Konstanz werden inständigBriefe_Vol_19-140 arpa
zu einem Frieden gedrängt. Anderenfalls werde der bald nach Ulm kommende Kaiser
gegen sie ziehen. —[26] Die Unterwerfung unter das Kammergericht ist problematisch, weil
dadurch Abgötterei und Pfaffenschwarm wieder eingeführt werden. —[27] Die kleinen Städte,
besonders Isny im Allgäu, hätten gern anders gehandelt. Sie sind aber noch stets bereit, ihr
Leben zu opfern, falls etwas gegen Gottes Wort unternommen würde. —[28]Angeblich bereut
Herzog Ulrich schon seinen hastigen Frieden mit dem Kaiser. —[29][Zusatz von Bullingers
Hand:] Die Ergebung Ulms an den Kaiser erfolgte absolut freiwillig, wie aus vorliegender
Beilage hervorgeht.
L[ieber] h[err]. Was ich hab, hab ich üch in höchster yl abzeichnen lassen. 1 Kan mich nitt gnüg verwundern, das ir mir so gar nut schrybend. 2 Müß ye sagen, das ir nitt so yferig 3 syend, alls 4 ich gern sehe, und ich vermeint, ir söltents thün, diewyl ich üch so vil und dick 5 züschrib, etc.
Uff dem tag zü Baden 6 hat der keyser 7 ein gschrifft yngelegt 8 . Mögend ir bekummen by üwerm stattschriber 9 . Sy ist glatt 10 , aber ich truw der sach nut.
Die 5 Ort begärend, das min herren Gvaltherum straaffind von wägen des Entchrists 11 . Wirt ein gfretz 12 , aber laß hargan 13 .
Der Frantzos 14 hat 8'000 Italier in Pemondt 15 gelegt, 14'000 sins volcks an Hispanien in Vasconien 16 .b Begärt vor 1. martii gerüst von 8'000 biß in 15'000 Eydgnossen. 17
Dryandrum 18 grüssend mir. Gastium, nimpt mich wunder, ob imm das gällt worden, das ich imm umb die wullen 19 geschickt. Habend diß mitt inen gemein. Grüssend mir Episcopium 20 , Hervagium 21 , etc.
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Diß 10 kronen und brieff 22 an Josiam Simler 23 verschaffend 24 mir. Datum 18. ianuarii 1547 post 3, 25 pomeridianam.
[Ohne Unterschrift.]
||E II 441, 21f. 23f [Beilage:]c
||23 9. ianuarii von Constantz: d
Unnser gesandter 26 ist widerumb her heim kummen. Den sampt anndern gesandten von stetten habend die verordneten vom radt ze Ulm erzellt, was sy zü dem friden 27 verursacht unnd mit was bescheid sy k[aiserliche] m[ajesta]t versünt.
Item sy söltend sich der Schmalckaldischen püntnus verzyhen 28 , fürohin in kein püntnus begeben, darin k. mt. unnd könig[liche] m[aiesta]t 29 e nit ouch e begriffen.
Alles, was imm krieg abgenommen unnd noch vorhanden, widerkeren 30 , denen es genommen sye.
Das sy by dem camergericht, so künfftigklich uffgericht werden möcht, blyben söllind. 31
Item das sy das kriegsvolck, das by inen ligt, urlouben söllend.
Item das sy ein zimliche 32 , gnedige geltstraff geben söllend. 33
Unnd, als die gesandten von Ulm 34 by k. mt. angehalten, sy blyben zelassen by iren regalien 35 unnd irer religion, wie sy die jetzund habend, haebend inen die keyßerischen rädt 36 mit ußtruckten worten 37 gesagt, sy söllend der k. mt. der religion überein 38 nit gedencken 39 , dann 40 der krieg von deren
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nit angefangen sye. Doch habend sy die keyßerischen rädt getröst, die k. mt. werde sy by jetziger religion, wie hertzog Moritzen 41 , die Margraven von Brandenburg 42 , Hertzog Erichen von Brunschwig 43 unnd anndere deß gelich, ouch by iren privilegien unnd harkommen 44 gnedigklich blyben lassen unnd darvon mit gwalt nit triben, dann ir mt. vil 45 eins andren, dann vor 46 , gesinnet sye. Als die Ulmischen gesandten dißer handlung ein versicherung begert, sye inen die abgeschlagen, 47 aber ein kundschafft 48 unnd absolution unnd mandata zegeben bewilliget worden, doch nun 49 von rädten.
Wie wol 50 nun die von Ulm bedacht gewäsen, die huldigung uff ettliche artickel der religion unnd annder sachen halb zestellen, so habend sy doch uff ettlicher (irer achtung) ge-|| 24 trüwer radt sich absolute fry, one einiche 51 capitulation 52 an deß keysers gnad ergeben, den füßfaal gethan, und bekendt, das sy mit der kriegsrüstung unrecht gethan unnd zum theil verfûrt worden unnd geirrt habind, mit undertänigster pitt, ir mt. wölte sy gnedigist versünt haben, by iren regalien blyben lassen, ir gnedigster herr sin, in iren gnedigen schutz unnd schirm uffnemmen. 53
Unnser bott 54 hatt sich nit wyter ingelassen 55 , sunder die articul, uns hindersich zebringen, genommen, das wir uns mitt unserm grossen radt unnd der gmeind 56 darüber beratschlagen mögind,
Die gesandten Lindow, Ravenspurg und Ißni habend ouch nit annders gehandlet. Aber Memmingen, Bibrach unnd Kämpten habend iren gesandten befelch geben, sich dem keyser züglich wie Ulm zü ergeben, welchs, alls zü achten 57 , nun mee beschechen ist. 58
Disß ist in summa der bericht der handlung, den der stätt gesandten uff dem tag zü Ulm deren von Ulm versönung halb empfangen unnd gethan habend; welchs wir üch unangezeigt nit lassen wellen.
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||21 Uß Augspurg, 9. ianuarii: f
Die von Ulm lassend sich nit vernügen 59 , das sy one nodt sich usß der püntnus 60 gethan habend, sunder farend erst zü 61 unnd ziehend ouch andere stett inanis persuasionibus uff ir syten, sich zeschönen 62 . Redent ouch von uns, samm 63 wir an der trennung schuldig, das sich doch in eewickeit nit findt.
Von Memmingen hab ich schryben, daruß ich wol verstan, das sy 64 der schertz 65 geruwen ist 66 . Dann sy ire botten gern gewendt 67 hettend, wo 68 es nit ze spat.
Der landgraf 69 hatt sin starcken plätz besetzt. Verhofft, die zü erhalten. Hatt ouch gen Augspurg geschriben, imm werde yngebildet 70 , sam sy sich ouch ußsönen, etc. Daruff imm zeantwort worden, sy wölind glouben unnd trüw redlich halten. Es hatt ouch Strassburg har geschriben unnd vermanet, ze blyben unnd sich nit ze ergeben, diewyl man nodt halb möge 71 .
Es wirt für und für darfür gehalten 72 , der keyser sye todt, unnd tribend sine rädt das affenspyl 73 mit dem Cadavere. Wirt vil daruff verwettet. Der churfürst 74 hatt sin land wider yngenommen, unnd darzü hertzog Moritzen uss dem sinen in Behem 75 vertriben. Hatt Lipsig 76 unnd andere 77 inn. Saltza 78 , die statt, hatt er gewunnen mit dem sturm. f Daneben von einer späteren Hand (dieselbe wie diejenige in oben Anm. d): Georg. Laeti Augustani archigrammatei Augustani manus. Über der von Johann Jakob Simler besorgten Abschrift (Zürich ZB, Ms S 63, 12) steht von dessen Hand Georgius Laetus, Archigrammateus Augustanus, haec misit Blaurero et Bullingero, hic vero Myconio et Gastio. Frölichs Brief an Blarer wurde tatsächlich von Letzterem an Bullinger zur Lektüre übermittelt; s. Nr. 2754, 3f
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Usß Constantz, 17. ianuarii g
Man sagt für unnd für, sol gewüß sin, das der keyser todt, unnd sine herren mit dem simulachro ir afenthür 79 bestandind 80 . ||22 Es habend inn die gesandten der stetten nie gesehen, da 81 sy inn gehuldet 82 . Man hatt aber inen zeigt ein umbhang, darhinder er sye. Habend aber nieman gehört. Andere habend in deß keysers namen geredt. 83
Wirtenberg 84 ist hinüber. Hatt ouch ein friden angenommen. Conditiones wüssend wir nit. Alls er den friden gehept, hatt nüt des minder duce de Alba 85 ettlich flecken unnd stettli uffgefordert. 86
Ravenspurg, Lindow unnd Constantz werdent hefftig getrungen unnd gewarnet, den friden ze suchen, oder der keyser werde der tagen gen Ulm kommen unnd demnach uff sy ziehen. Mag nit wüssen, was man thün wirt. 87
Es ist gar ein schwers willigen in das camergricht, welchs alle abgöttery unnd pfaffengeschwürm 88 restituieren wirt, etc. 89
Die kleinen stettle, insonders Yssne imm Algöw, hettend gern ir bestes gethan. Sind noch deß fürnemmens, wo man immer wider gottes wort ettwas was anmuten 90 wil, ir leben darob zü verlieren. 91
Wirtenberg sol ouch wöllen, er hette nit also geylt mitt dem fryden annemmen. Gott schicke es wol! 92
[Zusatz von Bullingers Hand:] Ulm hat sich fry absolute am keyser ergäben, lut der volgenden geschrifft 93 yngelegt. 19. ianuarii. h
[Adresse:]] An herren Oßwalden Myconien oder h. Johansen Gasten, predicanten zü Basel.