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Autograph: St. Gallen Kantonsbibliothek (Vadiana), Ms 35 (VBS VI), 199 (Siegelspur)
Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 514-516, Nr. 1353
[1]Bullinger dankt herzlich für Blarers gewissenhaftes Schreiben [HBBW XVII, Nr. 2602].
—[2]Irgendetwas ist schuld daran, dass die gute Sache [der Schmalkaldener]erfolglos bleibt.
Man muss deshalb zu Gott beten und Buße tun. Aufgrund des unnachsichtigen Handelns
einiger Fürsten ist nämlich zu befürchten, dass ein Sieg [der Schmalkaldener] noch größeren
Gräuel mit sich bringen könnte. —[3]Blarer hat wohl von dem schweren Schicksal gehört, in
das der gelehrte Thomas Naogeorg aus Sachsen geriet, weil er die leibliche Anwesenheit
Christi im Abendmahl ablehnt. Als der Kurfürst [Johann Friedrich von Sachsen] von Naogeorgs
Ankunft in Augsburg hörte, ordnete er dessen Gefangennahme an. Die Augsburger
kamen aber der Aufforderung nicht nach (dies im Vertrauen: Die Zürcher und Berner sollen
nichts davon erfahren). Was kann man wohl von solchen Freunden [wie dem Kurfürsten]
erwarten? Kein Wunder, wenn die Sache [der Schmalkaldener] nicht vorangeht! —[4] Bullinger
hält nichts von Mathematikern und ihren Vorhersagen. Sicher ist aber, dass die Gottlosen
nicht die Hälfte ihrer Tage erreichen werden. Möge der Herr [Kaiser Karl V.]bekehren
oder ihn vernichten! —[5] Über den schwarzen Brandvogel hat Bullinger außer einem Gerücht,
dem er keinen Glauben schenkt, nichts gehört. —[6]Erfreut sich, dass Blarer alle seine
Briefe erhalten hat. —[7]Der Sieg wird gewiss vom Himmel kommen. Daher muss man zum
Herrn beten, der diejenigen erhört, die seinen Namen anrufen! —[8]Bullinger erfährt auch
nur Gutes über Landgraf [Philipp von Hessen]. Dieser hat ihm selbst über den Kriegsverlauf
bei Ingolstadt geschrieben [HBBW XVII, Nr. 2581]. —[9] [Konrad Schweri], der Bote aus
Baden, der im kaiserlichen Lager war und in Memmingen gefangen gehalten wurde, ist gerade
in Zürich. Er berichtete dem Stadtschreiber [Hans Escher vom Luchs] von der im Lager
herrschenden Verzagtheit und wie dieses auf außergewöhnliche Weise bombardiert wurde.
Angesichts der dort grassierenden Seuche muss der Kaiser seine Italiener bald in EinsatzBriefe_Vol_18-064 arpa
bringen, ehe diese ihm [alle]weglaufen. — [10]Bullinger ist um die Eidgenossenschaft besorgt.
Der Papst [Paul III.] und der Kaiser haben die Fünf Orte sehr beeinflusst. Geht es so
weiter, könnte es zu Auseinandersetzungen unter den Eidgenossen kommen. —[11] Bern beabsichtigt
heimlich, in das kaiserliche Burgund einzufallen, das aber ein Schirmbündnis mit
der Eidgenossenschaft hat. Man hat die Sache so weit gebracht, dass [Philipp von Hessen und
Johann Friedrich von Sachsen]die Vier Orte schriftlich gebeten haben, [in die Territorien des
Papstes und des Kaisers einzudringen]. Dies missfällt dem Zürcher Rat sehr. Es wird wohl zu
einem Treffen der Vier Orte kommen. —[12] Die Zürcher haben den Bernern die Entsendung
von Jodocus Kilchmeyer, einem in Küsnacht wirkenden Pfarrer gesetzten Alters, bewilligt. Er
wird diese Woche nach Bern reisen. — [13]Bullinger hätte sich gewünscht, dass von Basel
andere Pfarrer als [Sebastian Lepusculus und Hieronymus Gunz], die man nur wenig schätzt,
nach Augsburg entsandt worden wären. Die Basler wollten sie wohl loswerden! — [14] Der
Zürcher Rat hat sich bei Bullinger beklagt, dass der Konstanzer Rat nichts von den bei Füssen
liegenden eidgenössischen Söldnern schreibt. Daher ist [Konrad]Zwicks Reise nach [Füssen]
zu begrüßen. Bullinger wartet auf dessen Bericht. Dennoch sollten die Konstanzer den Zürchern
[darüber] schreiben. —[15] Hätte man doch 3'000 Spanier gehängt! Auch [Johannes]
Haller berichtete (mit HBBW XVII, Nr. 2596) von deren schändlichem Treiben besonders
Frauen und Kindern gegenüber. Möge Gott die Frauenschänder bestrafen! —[16]Bei dem von
Blarer [in HBBW XVII, Nr. 2602] erwähnten Florentiner handelt es sich um den mächtigen
Piero Strozzi, der den [Schmalkaldenern] 40'000 Kronen leiht und versucht, die [in den
kaiserlichen Truppen dienenden] Italiener abzuwerben. —[17]Bullinger ist immer noch der
Meinung, dass die [Schmalkaldener] Karl umbringen sollten, so wie die Eidgenossen einst
Karl [den Kühnen]erschlugen. —[18] Der Bote [Schweri], der [in Memmingen]auf seiner
Rückreise [vom kaiserlichen Lager]festgehalten wurde, war mit der Erlaubnis des Landvogts
zu Baden [Niklaus Imfeld]nicht im Dienst der Eidgenossen, sondern des kaiserlichen Boten in
der Eidgenossenschaft [Jean Mouchet] von Dole unterwegs. Der intrigante [Mouchet], den
der Teufel geschickt hat, war am Vortag in Zürich und ist nun nach Bern weitergereist. Von den
Briefen, [die Schweri auf der Rückreise mit sich führte], war einer an die Neun Orte, der
andere an die Vier Orte gerichtet. Diese wurden von [den Schmalkaldenern im Feldlager] bei
Donauwörth geöffnet, ehe sie mit einer Entschuldigung [an die Eidgenossen] weitergeleitet
wurden. Den Zürchern war es nicht unlieb, dass die Schmalkaldener die Briefe des Kaisers
gelesen haben, die Fünf Orte waren aber darüber sehr verärgert. Als der [Badener]Landvogt
[beim Vorort Zürich]fragte, wie er auf die Öffnung der Briefe reagieren solle, hat man ihn zur
Ruhe angehalten. Bullinger wird Blarer Weiteres berichten. Vergangene Woche war der [vom
Landtvogt entsandte] Bote [Schweri] in Zürich und lachte über die ganze Angelegenheit.
—[19]Blarer, dessen fleißiges [Briefeschreiben]Bullinger schätzt, möge Gott befohlen sein.
Der Briefüberbringer [Engelbert Milander], ein schon seit längerem in Zürich studierender
Hesse aus armen Verhältnissen, sei Blarer empfohlen.
Gratiam et pacem a domino. Heri, dum coenarem, accepi tuas, observande mi frater, longe desideratissimas 1 . Exhilararunt me illae varia sua expositione eaque non infausta. Dominus res nostras ita temperet, ut in illius gratia liberatione et misericordia exultemus! Amen. Ago tibi gratias pro diligenti et copiosa scriptione, 2 qua revera gratificaris mihi.
Es ist wol in allem unserm läben, das verhinderet, damitt die sach nitt fürsich 3 gadt, die sich doch wol anschickt mitt gnad uff unser syten. 4 Doch sind wir menschen und der herr weist, das wir kaadt 5 sind. Da wöllend wir
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jederman täglich pitten und vermanen zur besserung. Noch eins ists, da ich gar nitt zwyfel, es erzürne den herren: Ich besorg 6 , söllt die sach also glatt hindurch gan, die warheit wurde nut 7 deß mee gefürderet, diewyl in der nodt der fürsten ettlich eben scharrpff 8 handlind. 9 Darby man abnemmen 10 muß, wenn die sach oben stat, 11 das der grösten grewlen einer muß geschirmpt werden. 12
Ir hapt wol gehört von h. Thoman Naogeorgo. Ist ein frommer, gelerter mann in Saxen. 13 Diewyl er aber nitt hatt wöllen sagen, waar fleisch und blut sye imm brot, hatt er bösen platz gehept. 14 Und alls er jetzund heruff gen Augspurg kummen und der churfürst 15 sinen gewaar worden, hatt er inn beyssen annemmen 16 und die oberzellte 17 ursach anzeigt. Die zu Augspurg aber habents nitt thun wöllen. Haec tibi dicta sint a (ich wöllt nitt, das es unser volck hie und ze Bern vernemme; die sach wurde sich gar by uns stützen 18 ) a , et certa sunt. Sich 19 , was fründts habend wir da! Weß söllend wir uns versähen? 20 Das und anders stäckt in der fäder! 21 Ist es dann wunder, das es also still stadt? 22 Es ist ouch gott und siner eeren nitt wenig an disem artickel 23 gelägen, etc. Nun, wir wollents gott befälhen. Er wirt imm 24 wol wüssen ze thun. Es ist mir aber die sach nach angelägen 25 und seer leid. Bin des gewüß, das es nut guts bringen wirt.
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Vani sunt mathematici et vana eorum pronosticatio. 26 Verax autem ille est, 27 qui dixit: "Impii non dimidiabunt dies suos"28 . Dominus convertat illum 29 aut tollat illum e medio!
||199v. Von dem schwartzen brandvogel 30 weyß ich gar nut, onet das 31 ich ein schwäbende red 32 gehört hab, deren ich nitt vii gloubens gib.
Gaudeo mea tibi scripta omnia bona fide allata et reddita esse. 33
Scio autem victoriam conferri coelitus eamque precibus magis quam gladiis et ferotia obtineri. Age ergo, ne cessemus unquam, piis precibus aures onerari domini Zebaoth 34 Audiet ille invocantes nomen ipsius. 35
Ich hör ouch nitt anders, dann das der landtgraff 36 handle mitt allen trüwen und unerhörtem ernst. Gott wölle inn stercken! Er selbs hatt mir wol zugeschriben, 37 wie er sy 38 vor und zu Ingolstatt yngethan 39 habe.
So ist eben do 40 der löuffer von Baden 41 , der zu Memmingen uffgehept 42 , in des keyssers 43 läger gesin 44 Der sagt doch von grusammen sachen, und das sy in des kaysers läger so verzagt gewäst, das es wunder. Er vermeint (und hat es hie zu dem stattschryber 45 gesagt), b das nie mee sömlich 46 schiessen erhört, 47 etc. Die Italiener werdent imm sterben 48 nitt lang blyben; er wirt und muß sy zuvor bruchen 49 . Lugind nun und habind sorg.
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Die sach sicht mich nitt wol an under uns Eydgnossen. 50 Bapst 51 und keyser sind tüff hinder die V Ort kummen 52 . So ist jetzund ettwas vorhanden. Söllt es fürgan, 53 so kummend wir, besorg ich, über einanderen 54 Gott wende es!
Bern c ist in einer prattick 55 , dem keyser ze fallen in das Burgund, das aber mitt allen Eydgnossen ein punt hatt ze schirmen. 56 Und ist die sach schon dahin gebracht, das die fursten heruff geschriben, 57 und ouch mine herren 58 darzuo vermant, sampt den andren 2 Orten 59 ; das aber minen herren zum höchsten mißfällt. Achten wol es werde under den 4 Orten bald ein tag gäben. 60 Mir ist angst und gfallt mir die sach nut.
||[199a]r. Denen von Bern ist hie verwilligt, zum predicanten hinuff ze schicken h. Josen Kylchmeyer 61 von Lucern, ein dappfferer, wolberedter mann.
C
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Hatt bißhar Küßnach am Zürychsee versähen. Ist wolbetagt 62 . Diser wuchen wirt er hinuff faren. 63 Gott gäbe imm glück!
Vellem alios missos (tibi dictum puta 64 ) quam illos duos 65 , Augustam inquam. Parum grati fuerunt Basileae. Forte miserunt, quibus libenter carent.
Min herren habend mich nun vil anzogen 66 von der eydgnössischen knächten wägen, die zu Fiessen ligend: 67 Wie es doch kumme, das üwer herren von inen nut schrybind. 68 Dorumb ist gut das min lieber h. und frund Zviccius 69 dahin ist. Ich wart üwers berichts. 70 Ist aber gut üwer herren schribend ouch den unsern.
O, werend der röubigen, diebischen Hispaniern 3'000 erhenckt! 71 Haller hatt mir ouch geschriben, wie sy so schantlich husind 72 , sunderlich mitt wybern und kinden. 73 Gott straffe die frowenschender!
Petrus Strocius 74 ist der Florentiner. 75 Lycht 76 dem rych 77 40'000 kronen. 78 Ist ein mächtiger kriegsman. Wil understan 79 , die Italier abzeziehen 80 .
Ich truw alls 81 der christenlich pundt 82 sölle disen Carli erschlahen, wie der eidgnossisch den Carli von Burgund 83 erschlug.
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Der bott 84 ist nitt der Eydgnossen xin 85 , sunder des pfennigmeisters von Dola 86 , des keyserischen botten in Eydgnossen 87 . Ist 88 gester ouch hie xin. Thut nut dann prattizieren. Der tüfel hatt inn zu uns tragen! Er ist hütt uff Bernn. Und hatt der lantvogt zu Baden 89 den botten 90 erloupt 91 Wie er wider kummen 92 , ist er uffgefangen 93 . Ein brieff des keysers ist an die 9 ort, der ander an die 4 Ort gstanden 94 . Die habend die fürsten zu Tonawerd 95 uffbrochen, doch wider geschickt mitt früntlicher pitt, nut ze zürnen. II [199a]v Minen herren ist nitt unlieb, das die fürsten gesähen, was er d inen zugeschriben sampt den [4]e orten Bern, Basel, Schaffhusen, und sind nitt unwillig. Ich hör aber, die 5 ort syend hönent 96 . Acht aber nitt, das sy ützid 97 werdint wyters druß machen. Wie der lantvogt gevragt, 98 wie und was er
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thun söll, etc., hatt man nun gesagt hie, rüwig sin, etc. Doch wo neißwas 99 sich wyter erheben wurde, sols f üch unverborgen blyben. Vergangner wuchen ist der löuffer 100 hie xin. Lachet der sach. Sagt, man hab imm guts than.
Hiemitt sind gott befolhen und hand ouch für gut dann 101 mich vernugt an uwerm flyß wol 102 . Commendo tibi praesentium latorem, studiosum Hessum 103 , qui Tiguri diu operam dedit literis. Iam concedit in castra 104 mox rediturus. Pauper est.
Tiguri, 3. octobris, circa 2. pomeridianam 1546.
[Ohne Unterschrift.]
[Adresse darunter:] Clarissimo viro d. Ambrosio Blaurero, Constantiensis ecclesiae ministro fideli, fratri chari[ssim]o suo g