Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2935]

[Ambrosius Blarer
an Bullinger]
Konstanz,
30. Juni 1547

Autograph: Zürich StA, E II 357, 244f (ohne Siegelspur) Teildruck und zusammenfassende Ubersetzung: Blarer BW II 632-634, Nr. 1449

[1] Der Ermatinger Pfarrer Georg Seemann, der [diesen Brief überbringt], hat sehr darauf bestanden, von Blarer empfohlen zu werden. Er bittet nämlich um ein Stipendium. für seinen Sohn Maximilian. Blarer kann diesen Wunsch nicht abschlagen, zumal der Vater seinen Sohn schon von Kindesbeinen an Gott für den Kirchendienst versprochen hat. Sollten die Zürcher auch Fremden ein Stipendium gewähren, möge Bullinger (dessen Einfluss groß ist) dem Wunsch des Vaters tatkräftig entgegenkommen. Die Zürcher werden die Geldausgabe bestimmt nicht bereuen. Blarer kennt den Jungen zwar nur vom Sehen, doch was den Vater anbetrifft, weiß er schon seit Jahren von anderen, dass dieser sowohl durch seinen Lebenswandel als auch seine Lehre unter die besten Pfarrer zu zählen ist. Falls ein Brief Blarers an die Zürcher Schulherren oder an den Rat von Nutzen wäre, ist Blarer sofort dazu bereit. - [2] Marcell Dietrich von Schankwitz hat Bullingers Zuverlässigkeit und Dienstbereitschaft sehr gelobt und wird sich ihm immer dankbar dafür erweisen. -[3] Was die Angelegenheit von Hans Schöner betrifft, stimmt Blarer Bullingers Vorschlag [in einem nicht erhaltenen Brief]völlig zu. Doch reicht es bestimmt schon, wenn nur Blarer und Bullinger nach Augsburg schreiben, und zwar am besten nicht nur an den Augsburger Rat, sondern auch an einzelne Personen, darunter besonders an die Bürgermeister Hans Welser und Jakob Herbrot. Georg Frölich wird seine Pflicht ohnehin tun. Wenn Bullinger einverstanden ist, soll er baldmöglichst, mit dem nächsten Boten, seine für Augsburg bestimmten Briefe senden, damit Blarer sie den seinen hinzufügen kann. Der Herr verleihe der Sache Erfolg, damit der betagte Schöner seinen Lebensabend

a Mit Nadelstichspuren.
28 John Burcher, wie aus Bullingers Brief an diesen vom 28. Juni 1549 (Straßburg BNU, Ms 679, Thesaurus Baumianus XX, Nr. 101) zu entnehmen ist, wo am Schluss Vale mi Burckere zu lesen ist. - Anlass für die Geldüberweisung an Gast war die von diesem für Bullingers Gattin, Anna. geb. Adlischwyler, besorgte Wolle; s. zuletzt s. Nr. 2923 vom 3. Juni.
29 Francisco de Enzinas.
1 Dass der Brief an Bullinger gerichtet ist, geht aus dem Inhalt hervor.
2 Traugott Schieß hat den Brief irrtümlicherweise auf den 21. Juni datiert; siehe dazu unten Anm. 49.


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angenehm verbringen darf um dann wie Simeon zu Gott sagen zu können: "jetzt scheide er im Frieden dahin". Gruß an Schöner, dem Blarer jetzt nicht schreiben kann. -[4] Was Bullinger über den englischen König Eduard VI. schrieb, hat man auch in Konstanz aus anderen Quellen gehört, u.a. von Gabriel Arnold, dem Rentmeister des pfälzischen Kurfürsten Friedrich II., der sich jetzt vermutlich in Zürich aufhält. Arnold erzählte, dass der junge König, der ja fast noch ein Kind ist, bei seiner Krönungszeremonie, als er nur Krone und Zepter sah, wiederholt und sehr ernst nach einer Bibel fragte, bis man sie ihm brachte. -[5] Einen ähnlichen Eifer für Gottes Willen soll auch der neue polnische König Sigismund 11. August bekunden. In einem gestern eingetroffenen Brief Peter Bufflers steht, wie er von dem aus Polen und Böhmen kommenden Hans Gutteter von der eifrigen Hinwendung des jungen Königs zum Evangelium erfahren hat, der dieses zum größten Ärger der [katholischen]Pfaffen in Litauen verkündigen lässt. - [6] Buffler berichtet auch, dass König Ferdinand mit Husaren und bis zu 4'000 anderen Kriegsknechten neun kleine Meilen von Prag, bei Leitmeritz, liege. Ferdinand wolle das böhmische Bündnis zerschlagen und die Anführer strafen. Die Böhmen haben große Angst. Buffer zufolge sei deshalb ein großer Aufstand zu befürchten. -[7]Blarer hat von dem jungen [Augustin ...?]die von Bullinger an ihn, wie auch jene an Gervasius Schuler [nicht erhalten] und an Johannes Haller [nicht erhalten]gerichteten Schreiben empfangen. Dass der für den wankelmütigen Claude [d'Aliod] bestimmte Brief noch nicht übermittelt werden konnte, soll Bullinger nicht bekümmern. Es wird schon dazu kommen. Konrad Zwick dankt für Bullingers Freundlichkeit und lässt grüßen. Die zwei Briefe an Haller und Schuler will Blarer morgen nach Augsburg bzw. nach Memmingen weiterbefördern. -[8] In Konstanz wartet man gespannt auf [den Bericht] über die in Baden [am 20. Juni begonnene] Tagsatzung. - [9] Gabriel Arnold sei Bullinger besonders empfohlen, fails dieser sich noch in Zürich befindet. Arnold hat sehr viel für die Kirche und die Frommen geleistet. Deshalb wurden er und sein Bruder [Christoph] des Landes verwiesen. Sie verloren dabei Haus, Hab und Gut. Ihm und seinem Bruder ist zu verdanken, dass sich die Fürsten [von Pfalz-Neuburg], Pfalzgraf Ottheinrich und Herzog Philipp der Streitbare dem Evangelium zugewandt und sich die Landvögte bereit erklärt haben, die Schulden und Zinsen ihrer Fürsten zu übernehmen, um das Evangelium beibehalten zu dürfen. Arnold übte lange das Rentmeisteramt für die beiden Fürsten aus. Hätten diese seine Ratschläge befolgt, wären sie heute nicht so bitterarm. Arnold war [1539] zur selben Zeit wie Blarer in Augsburg, wo er alle beflügelte. Blarer hätte ihm ein Empfehlungsschreiben mitgegeben, doch als er ihn frühmorgens kurz vor der Predigt antraf war dieser noch nicht sicher, ob er wirklich abreisen würde. Danach aber war er schon fort. Bullinger wird ihn natürlich auch ohne Blarers Empfehlungsschreiben christlich aufgenommen haben. -[10]Gruß, auch an das ganze Hauswesen.

S. Efflagitavit a me magno studio, non tam per se quam etiam alios, bonus hic vir Georgius Seemannus 3 , Ermatingensis ecclesiae presbyter, quo sic tibi meo beneficio commendaretur, ut etiam ad filium suum Maximilianum 4 commendationis huius fructus vel ita rediret, ut istic in pauperum studiosorum collegium 5 reciperetur. Non potui deesse homini tam honesta petenti,

3 Georg (Gregor) Seemann (Sämann), gest. 1566. - Vielleicht von Tägerwilen (Kt. Thurgau). Von 1534 bis 1566 war er Pfarrer in Ermatingen. -Lit.: Pf-Thurgau 17. 143f. 234.
4 Maximilian Seemann. Vielleicht ist er identisch mit dem gleichnamigen reformierten Pfarrer, der mindestens seit 1568 in Klingenmünster (Lkr. Südliche Weinstraße,
Rheinland-Pfalz) amtierte; s. Albert Decker, Reformation, Säkularisation und Wiedereinführung des katholischen Kultus im ehemaligen Stift Klingenmünster, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 10, 1958, 126; Pf-Pfalz 432, Nr. 5022.
5 Also als Stipendiaten. -Allerdings findet sich sein Name nicht in den Schulabrechnungen


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praesertim quum sciam prorsus illum in eo esse, ut hic fihius suus ecclesiæ ministerio a teneris consecretur. 6 Quod, si istuc non contra vestrorum leges est, ut alu etiam quam vestrates ecclesiasticam hanc beneficentiam sentiant, iterum te atque iterum obsecro et obtestor, ut, si quid hic possis (poteris autem plurimum 7 ) b , conatus illos non indignos bono parente fortiter adiuves. Existimo namque haud in indignum collocari, quicquid illi officii et liberalitatis impenditur. Puer mihi non est nisi de facie idque brevi salutatione notus. Patrem iam inde a multis annis talem multorum bonorum testimonio virum esse didici, qui minime inter vulgares ecclesiarum Christi pastores, sive pietatem vitae sive sanam doctrinam spectes, numeretur. Quod, si in rem illius esse duxeris, ut vel collegii istius primariis 8 vel senatui potius vestro scribam, facile prorsus adducar, ut faciam.

Marcellus Theodorichus 9 tuam erga se fidem et officiositatem supra modum depraedicat, tibi perpetuo, ubiubi licebit, gratificaturus.

In Schönen 10 nostri caussa placet tua sententia et formula 11 , quam misisti 12 . Puto autem satis iam esse, si ipsi scribamus. Praestaret autem, ut non ad senatum 13 solum, verum etiam privatos aliquot literas daremus, praecipue ad consules Welserum 14 et Herrbrotum c15 . Nam Laetum 16 nihil dubito, quin officium facturus sit. Quod, si idem tibi videatur, age primo nuncio literas tuas mitte, ut cum meis coniunctae Augustam quamprimum mittantur. Dominus vero, in cuius manu regum et magistratuum corda sunt, 17 quod pie conamur, feliciter suo spiritu effectum aliquando nobis ostendat, quo bonus senex, quod reliquum est vitae commoditate aliqua transmittat moxque cum Simeone occinat: "Nunc dimitt[is]d servum tuum domine"18 , etc. Saluta illum meis verbis, quam potes accurate et amanter, nam respondere nunc ad literas ipsius nihil possum.

quae de Anglo 19 scribis, ab aliis etiam aliunde accepimus, e[tiam] Palatini 20 quaestor Gabriel Arnoldus 21 , qui nunc, ni fall[or, vo]biscum est, mihi

b Klammern. ergänzt. -
c Nach gestrichenem Schön. -
d Hier und unten Textverlust durch Papierverlust.
(Zürich StA, G II 39), wo jeweils auch die Ausgaben für die Stipendiaten aufgeführt werden. Dass er aber in Zürich studieren durfte, geht aus Nr. 2963,10, hervor. - Er wird in Zürich ein Stipendium von einer Privatperson erhalten haben.
6 Vgl. 1Sam 1, 9-28.
7 Vgl. HBBW XVIII 311,22f.
8 Die Zürcher Schulvorsteher; s. dazu HBBW XVIII 416, Anm. 3.
9 Marcell Dietrich von Schankwitz. - Er wird Bullinger gelobt haben, als er von Schloss Wellenberg nach Konstanz zurückgekehrt war; s. Nr. 2927. Anm. 16.
10 Hans Schöner.
11 Hier im Sinne von "Vorschlag"; vgl. Kirsch 1232.
12 Mit einem nicht erhaltenen Brief, der auch unten in Z. 32. 52 erwähnt ist.
13 Gemeint ist der Augsburger Rat.
14 Hans Welser. -Bullinger tat dies spätestens am 21. Juli; vgl. Nr. 3030,3f. 28-33.
15 Jakob Herbrot.
16 Georg Frölich.
17 Vgl. Spr 21, 1.
18 Lk 2, 29.
19 König Eduard VI. (damals neunjährig).
20 Kurfürst Friedrich II. von der Pfalz.
21 Gabriel Arnold zu Rohrenfels, gest. vor Ende März 1554; s. Johannes Haller an Bullinger, 28. März 1554, Zürich StA E


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inter cetera sancte affirmavit adules[centem] illum ac pene puerum, cum iam regno inaugurandus esset a[c coronam] et sceptrume coram videret, magna gravitate dixisse: "Sed [ubi]inter hec sunt sacra biblia?"Nec poscere desiisse, p[rius]quam illa afferrentur.

Tam simile divine legis studium de Poloniae novo et [...]te f f rege 22 ad me scribitur. Sic enim heri optimus Buflerus 23 [scripsit]: ||245 "Es ist yetz Hans Guttetter 24 ausß Poln und Behem komen, zögt [an]g , wie der jung könig 25 das wort gottes gar ernstlich hab anngen[ommen]. Und lasß das in Litten 26 , da er dann regiert, lauter und dar [p]red[igen]. Schmeckt den pfaffen gar

e In der Vorlage sceptum. -
f Vermutlich regnante oder coregnante (noch zu Lebzeiten seines Vaters Sigismund I. wurde Sigismund II. den Polen als König aufgedrängt). -
g Hier und unten Text teils im engen Einband verdeckt.
II 370a, 541. Er stammte aus Rain (vermutlich Rain am Lech) in Bayern; s. Sigmund Riezler, Geschichte Baierns, Bd. 4: 1508-1597, Gotha 1899, S. 326. Ab 1517 war er in der Neubürger Finanzverwaltung tätig, ab 1522 Rat, ab 1523 Rentmeister zu Pfalz-Neuburg. Zusammen mit seinem Bruder Christoph (s. zu diesem unten Anm. 41) hatte er großen Einfluss auf den Übertritt des Pfalzgrafen Ottheinrich (1502-1559) zur Reformation (s. Riezler; aaO). Im Jahr 1532 verlieh ihm der Pfalzgraf die Herrschaft Rohrenfels (Lb. Neuburg-Schrobenhausen) zu Erbrecht, und 1540 auch die Hofmarksgerechtigkeit darüber. Am 20. April 1545 konnte er sogar diese Herrschaft vom Pfalzgrafen erwerben. Nachdem Kaiser Karl V. im September 1546 Neuburg a.d. Donau eingenommen hatte (s. HBBW XVIII 61, Anm. 4), wurde er vertrieben, gelangte aber 1552/53 wieder in den Besitz seiner Herrschaft; s. Bavaria. Landesund Volkskunde des Königreichs Bayern, Bd. 11/2: Schwaben und Neuburg, München 1863, S. 1137; Markus Nadler, Neuburg an der Donau. Das Landgericht Neuburg und die Pfleggerichte Burgheim und Reichertshofen, München 2004, S. 232f. Am 18. Juni 1547 war er von Martin Bucer in Straßburg sowohl Blarer als auch Oswald Myconius empfohlen worden; s. Blarer BW II 632, Nr. 1448; Henrich, Myconins BW 969, Nr. 1084. Bei dem hier angesprochenen Besuch in Zürich organisierte der Zürcher Rat einen Umtrunk (Ehrenwein) für Arnold im Haus Zum Rüden; s. Zürich StA, F III 32, Seckelamtsrechnungen 1546/47, S. 105 der verschiedenen Ausgaben, nach einem Eintrag vom 1. Juli. Zu seiner Rolle im Fürstenaufstand, u.a. als Gesandter in der Eidgenossenschaft, s. Moritz von Sachsen PK V und VI, passim: EA Nile 606, Nr. 204. Von ihm sind von 1547 bis 1553 sieben Briefe an Bullinger erhalten geblieben. -Lit.: Oben angeführt.
22 Sigismund 11. August. -Vgl. Vadian BW VI 672.
23 Peter Buffler, Kaufmann in Isny. -Nicht in Blarer BW.
24 Hans Gutteter (Gutthäter, Guetteter), gest. am 25. März 1569. Nürnberger Kaufmann, zudem Bürger in Breslau und Krakau. Die Familie stammte ursprünglich aus Kulmbach in Franken. Zwischen dem Krakauer und Kulmbacher Zweig der Familie gab es bis zum Ende des 16. Jhs. enge Beziehungen. Hans Gutteter ließ sich dauerhaft erst nach seiner Heirat (26. November 1549) mit Barbara Koberger, der Tochter des Verlegers Hans Koberger, in Nürnberg nieder; s. Richard Klier, Der schlesische und polnische Transithandel durch Böhmen nach Nürnberg in den Jahren 1540 bis 1576, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, LIII, 1965, 198. 205- 207.
25 Sigismund 11. August, 26 Jahre alt.
26 Litauen, worüber Sigismund II. seit 1529 als Großfürst herrschte.


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ubel, dann 27 mehr dann der halb t[ail] in Lytten und Poln durch die pfaffen regiert wirt."

Item er zögt an, wie der konig 28 mitt den husären und sunst anderm kriegsvolck, byß in 4'000 stark, zu Littewirs 29 , 9 klain myl 30 [von] Prag, ligent. Und welle kurtzum die pundtnuß 31 , so die Behem [ge]macht habend, widerum zertrennen und etliche heupter strauff[en], welchs sich die Behem gar entsetzen 32 . Und zu besorgen, es möch[t] noch zu ainem grossen aufflouff 33 geraten, etc. hec Bufflerus.

Tam reddidit mihi literas tuas, Gervasio 34 et Hallero 35 inscriptas, adulescens ille 36 , a quo etiam tuum ad me epistolium accepi. De claudo illo Claudio 37 non est, ut quicquam sollicitus sis, quod literae reddi non potuerunt. Fiet enim hoc alia commoditat[e]. Consobrinus 38 officiosae humanitati tuae magnas agit g[ratias] ac plurimam tibi suis verbis salutem adscribere iubet. Duas reliquas epistolas 39 spero me cras mittere posse: alteram h Augus[tam], i alteram. i

Quid j comitia vestrorum 40 nobis allatura sint, magno desiderio e[xpectamus].

h Über der Zeile nachgetragen. -
i-i Am Rande nachgetragen. -
j Fehlt in der Vorlage.
27 weil.
28 Ferdinand I.
29 Litomerice (Leitmeritz, Böhmen); vgl. Nr. 2929, Anm. 7.
30 Die Entfernung zwischen Leitmeritz und Prag beträgt etwa 70 km, also 9 Meilen (eine Meile entspricht 7 bis 8 km). Da eine "kleine Meile" einem Viertel einer "großen Meile"entspricht (s. Zedler XX 3060, ist vorliegende Berechnung falsch.
31 Zum Bündnis s. Nr. 2875, Anm. 11.
32 sich entsetzen: befürchten.
33 Aufstand; s. Fischer I 395. - Tatsächlich kam es damals zur Besetzung der Prager Burg (Hradschin) durch königstreue Truppen und noch vor dem 8. Juli 1547 zur Brechung des Widerstandes. Es folgte ein Strafprozess gegen die Städte, die sich gegen den König aufgelehnt hatten. Auf dem sogenannten "Blutigen Landtag" (23. August bis 3. September 1547) musste der böhmische Adel bedeutende Restriktionen hinnehmen (Verzicht auf das Widerstandsrecht, Anerkennung der königlichen plena potestas); s. Jörg K. Hoensch, Geschichte Böhmens. Von der slavischen Landnahme bis zur Gegenwart, München f 2013, S. 195f; NBD X 45-47, Nr. 14. - Siehe ferner Nr. 2990, Anm. 3.
34 Gervasius Schuler. - Nicht erhalten.
35 Johannes Haller. - Nicht erhalten.
36 Vielleicht der junge Augustin [...]; s. zuletzt Nr. 2918, Anm. 36.
37 Claude d'Aliod, der hier metaphorisch als "claudus" bezeichnet wird, weil er unter Gefahr immer wieder seiner Lehre abschwor; s. zuletzt HBBW XIX 152, Anm. 50. Dieser Stelle zufolge hielt er sich damals in der Gegend von Konstanz auf. Seine Frau [...I soll lange in Zürich gewohnt haben; s. ebd. 290,31f. - Vielleicht ist hier ein Brief von deren Familienangehörigen gemeint.
38 Konrad Zwick.
39 Die oben in Z. 51 erwähnten Briefe Bullingers an Schuler und Haller.
40 Die in Baden am 20. Juni begonnene und damals noch nicht beendete Tagsatzung: s. Nr. 2933, Anm. 18. - Die hier geäußerte Hoffnung ist vor dem Hintergrund der schlechten Erfahrung, die Blarer im Zusammenhang mit der Überlieferung von Bullingers Bericht über die vorhergehende, am 28. März begonnene Tagsatzung gemacht hatte, zu verstehen; s. Nr. 2891,28-31.


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Egregium illum virum Gabrielem Arnoldum, si istic etiamnum haeret, t[ibi], ut nullum possim diligentius, commendo, quandoquidem sunt ampl[a] eius in sanctos et ecclesiam Christi merita - propter quae etiam exulat cum fratre 41 ereptis omnibus bonis et domibus eorum fun[ditus] eversis, 42 praecipue quod autor et adiutor fuerit cum fratre, ut e[van]gelion sui principes 43 reciperent utque provinciales 44 (quo ret[ine]rent illud) k aes alienum et usuras a principibus conflatas in se [re]ciperent. Quaesturam suorum principum, d. Ottonis simul et Philippi fratrum, diu gessit, sed ita, ut, si eius consiliis acqui[evis]sent, non solum iam non tenerentur ista inopia, verum inter opulentiores principes. 45 Fuit mecum superioribus annis 46 A[ugus]tae, ubi virtutes vin mirifice vehebant 47 omnes bon[os]. Dedissem hinc istuc profecturo commendaticias ad te, ni[si] de abitu suo, mane sub concionem me conveniens, dubitasset. Deinde vero certo consilio non expectatis meis literis discessi[t] 48 48 Scio autem te, qua 1 es in sanctos observantia, illum nihilosecius in Chris[to] suscepisse.

Bene vale. Constantiae, 2. 49 calendas iuni 1547. Salveat tua domus cum omnibus, qui nos in domino diligunt.

[Ohne Unterschrift.]

[Ohne Adresse.]50

k Klammern ergänzt. -
1 In der Vorlage ist hier die Abkürzung für quae verwendet.
41 Christoph Arnold, Kanzler von Pfalz-Neuburg; s. HBBW XVI 361, Anm. 18.
42 Vgl. HBBW XVIII 74, Anm. 43, sowie Viglius van Zwichem 45 (Einleitung).
43 Pfalzgraf Ottheinrich von Pfalz-Neuburg (unten als "Otto"bezeichnet) und Herzog Philipp der Streitbare von Pfalz-Neuburg, jüngerer Bruder Ottheinrichs.
44 Hier vermutlich im Sinne von "Landvögte". - Die Stände Pfalz-Neuburgs hatten im August 1544 beschlossen, die Schulden des Pfalzgrafen zu übernehmen, um einen Verkauf von Pfalz-Neuburg an Bayern zu verhindern; s. Riezler, aaO, S. 327f.
45 Hier liegen fast wortwörtliche Zitate aus Bucers Brief an Blarer vom 18. Juni 1547 (Blarer BW II 632, Nr. 1448) vor.
46 Von Ende Juni bis Anfang Dezember 1539; s. Pressel, Blarer 445; HBBW IX 174, Anm. 1.
47 in Bewegung setzten.
48 Da er Bullinger mit Sebastian Schertlins Brief Nr. 2933 vom 28. Juni empfohlen wurde.
4o Im Original ist die hier als "2"gedeutete
Zahl anhand von zwei Strichen (die sowohl als "1" oder "1" gedeutet werden könnten) und einem darüber angebrachten horizontalen Strich dargestellt. Dass diese Zahl als "II." und nicht etwa als "11" zu deuten sei, wird bereits durch den oberen horizontalen Strich suggeriert. Dass dies hier auch wirklich zutrifft. geht aus folgender Beobachtung hervor: Blarer übergab seinen Brief Nr. 2927 vom 22. Juni Marcell Dietrich von Schankwitz und bemerkte dabei, dass dieser sich freute, Bullinger kennenzulernen; s. Nr. 2927,15-17. In dem Brief, den Schankwitz dann am 25. Juni an Bullinger aus Schloss Wellenberg (Thurgau) schrieb, wird zudem deutlich, dass er zu diesem Zeitpunkt Bullinger noch immer nicht angetroffen hatte; s. Nr. 2930,14f. Aber vor der Abfassung des vorliegenden Briefs hatte Schankwitz Bullingers Hilfsbereitschaft (die er nur anlässlich seines Schreibens Nr. 2927 erfahren haben kann) Blarer gegenüber sehr gelobt; s. oben Z. 18f. So ist das hier angeführte Datum als "30. Juni" und nicht als "21.