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Autograph: Zürich StA, E II 351, 69 (Siegelrest) a Druck: Vadian BW VI 714f Nr. 1603
[1] Vadian hat Bullingers Brief [nicht erhalten] zusammen mit weiteren Dokumenten
erst zwölf Tage [nach ihrer Absendung aus Zürich]erhalten. Er dankt besonders für den
Bericht von der Badener Tagsatzung [vom 12. März 1548]sowie für das Schreiben mit den
Nachrichten, die Bullinger von Freunden erhielt. Er schickt ihm die Schriftstücke beiliegend
zurück. -[2]Man hofft, dass Kaiser Karl V. durch den widerlichen Guajakholztee, den
er [bei seiner Kur] trinkt, nicht wie von einem Zaubertrank verhext (einem Rasenden
a Ohne Schnitt- oder Nadelstichspuren.briefe_vol_21-378 arpa
gleich!) noch stärker nach Rache Tan den Eidgenossen]giert. Denn man verhandelt auf dem
Augsburger Reichstag bereits offen über die Wiederherstellung des Herzogtums Schwaben,
zu dem auch ein großer Teil der Eidgenossenschaft gehört hat! -[3]Zudem istes nicht völlig
abwegig, dass Karl V [die Gebiete]wiedererlangen will, welche die Habsburger zunächst
unter der Herrschaft von Herzog Friedrich IV von Habsburg durch die Niedertracht vom
römisch-deutschen König Sigismund zu Zeiten des Konstanzer Konzils und danach unter
der Herrschaft von Friedrichs Sohn, Sigismund [dem Münzreichen], [verloren] hatten.
-[4]Karl V will sich ohne Zweifel aus mehreren Gründen an König Heinrich II. von
Frankreich rächen, insbesondere aber, weil dieser seine Feinde finanziell unterstützt hat.
Daher gibt es für die Eidgenossen keinen gefahrvolleren Ratschlag, als Heinrich II. Hilfe
zu versagen und ihn [so]als bereitwilligen Unterstützer zu verlieren, [nur] um eigenen
Schaden [durch Karl V]abzuwenden. Denn wenn sie sich weiterhin, wie man sagt, neutral
verhalten, wird Heinrich II. in Bedrängnis geraten und sicherlich besiegt werden. Damit
wäre [dem Kaiser]der Weg zur Unterwerfung der Eidgenossen geebnet, die sich seinem
Zorn ohne Verbündete (selbst in der größten Eintracht untereinander!) sicherlich nicht
lange widersetzen könnten. Natürlich ist Bullingers Wunsch, dass die Eidgenossen, [statt
für Heinrich II. in den Krieg zu ziehen], in Frieden zuhause bleiben, sehr erstrebenswert.
Doch für die Eidgenossen wäre ein Krieg [des Kaisers]gegen das benachbarte [Frankreich]
jetzt gleichermaßen bedrohlich. Zweifellos werden sie umso mehr Schaden nehmen, je
weniger sie auf die Lage derjenigen Rücksicht nehmen, die ihnen aufrichtig Gutes wollen.
Die Evangelischen sollten dafür beten, in Gott, dem Herrn über alles Himmlische und
Irdische, errettet zu werden. -[5]Grüße. -[6][P.S.:]Vadian kann kaum begreifen, dass
Francisco de Enzinas, der einst erklärte, für längere Zeit in Basel bleiben zu wollen, sich
bald darauf nach Straßburg begab und nun mit seiner so ehrenwerten Ehefrau [Margarethe,
geb. Eiter] nach England übersiedeln will! Sicherlich hat er hierfür dringende Gründe...
Wenn aber nicht, ist dieser sehr gelehrte Mann in seinen Entschlüssen bedauerlicherweise
sehr unstet. Dabei könnte doch für sein Ansehen und seinen Vorteil in irgendeiner Weise
gesorgt werden! Aber er wird schon wissen, was richtig für ihn ist. -[7]Angeblich soll
das Konzil von Trient mit Zustimmung von Papst Paul III. fortgesetzt werden. So sehr
wollen die Altgläubigen ihren Aberglauben bekräftigen! -[8]Es kursiert das Gerücht, dass
Karl V. zum Krieg gegen Herzog Albrecht von Preußen aufgestachelt wurde, was dessen
benachbarte Fürsten jedoch nicht unterstützen wollen. Vermutlich steckt der jetzt bei Mainz
tagende Deutsche Orden hinter dieser Intrige. Die gewünschte Restitution seiner Gebiete [in
Preußen]würde sich für den Orden finanziell sehr lohnen. Der polnische König Sigismund
I. unterstützt diese Restitution [jedenfalls]nicht. Mit diesem hat der französische König
[übrigens] im letzten März [1547 oder 1548?] mittels einer wichtigen Gesandtschaft nach
Petrikau (nördlich von Krakau) ein gutes Abkommen geschlossen.
S.P.D. Literas tuas postremas 1 duodecimo primum die, postquam date sunt, accepi
cum aliis annexis. Et ago gratias primum tibi de Thermarum 2 actis nonnullis, quorumbriefe_vol_21-379 arpa
me certiorem reddidisti, dein et horum nomine, quae ab amicis ad te perscripta mihi
tam benigne communicasti. Remitto exempla, quo et hac in re tuae fidei faciam
satis.
Caesarem 3 ferunt potionem e guayaco bibere optantque, ne ipsa in philtrum 4 aliquod (in stomacho praesertim tam nauseante)5 convertatur et animo addat libidinem furore aliquo incensam, qua ad vindicandum ulciscendumque amplius rapiatur 6 , quam hactenus factum est. In aperto enim iam nunc etiam Augustae 7 consilium est de instaurando ducatu Suevico 8 , cuius et nos non minima pars aliquando fuimus.
Praeterea sermo est non omnino inanis, si modo conatibus eius 9 successerit, resarturum illum damnum illud ingens 10 , quod ab initiis concilii Constantiensis domus Austriaca perfidia Sigismundi, Romanorum regis, accepit, prius Fridericho duce. deinde et fluo eius Sieismundo vehementer afflictis
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In Gallum 11 , non ambigitur, quin saeva cogitet 12 , non uno nomine, sed hoc praecipue, quod pecunia iuvit hostes. Qua in re nullum erit consilium perniciosius, quam si nos declinandorum damnorum gratia Gallo auxilia denegemus 13 nec in hoc simus, ut magno nobis animo adhereat 14 Neutrales enim si pergimus esse, ut dicitur, laborabit Gallus et forte succumbet etiam, et opprimendis Helvetiis viam faciet, quos certum est seorsim 15 principi illi 16 tot modis infenso diu resistere non posse, utcunque vel arctissimis animis cohaereamus. Optimum quidem esset, domi nos ut multa cum pace et ocio liberali contineremus, quod et te percupere video. Sed ea sunt tempora: Et proximum in parietem 17 talis nobis moles atrocium studiorum imminet, ut non sit dubitandum hoc plus damni accepturos nos suo die, quo minus horum nos rebus studiisque coniunxerimus, qui ex animo nobis bene volunt. Sed agnosco et confiteor consiliorum omnium moderationem penes dominum coelestium et terrestrium, quem, nos ut in se servet, sedulo praecamur.
Vale. Sangalli, 16. aprilis, anno 1548. Ioach. Vadianus.
|| v. Driandro 18 nostro quid accident, plane non capio: Constituerat primum longo se tempore Basileae mansurum. Mox inde Argentoratum se contulit. Jam nunc cum coniuge tam honesta et recens ducta Angliam petiturus! Forte caussas habet, quae ipsum urgeant. 19 Quae si nullae sunt, doleo tam inconstantem esse suis in
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consiliis virum tarn docturn, cuius tarnen et dignitati et utilitati certa aliqua ratione posset provideri. Sed suis de rebus ipse forte optirne statuet.
Die sag ist, eß solle zu Trient noch ain concilium 20 seinen fürgang haben und ouch rnit wolgefallen dess Antchrists 21 . So grimmlich 22 haltet sich noch die prattik 23 deren 24 leuten 25 , iren aberglauben zu befestnen b,26 .
Und ist gewüsse sag, das der kayser den hertzogen in Preussen 27 zu bekriegen willig gernacht sey. Er könne aber bey den anstoßenden 28 fürsten wenig gefallens, noch ainichen willen hilf ze thon, befinden. Ich besorg, die Deutschen Herren 29
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treybind den handelt. Sind (wie man sagt) jetz zu Mentz 30 in ainem capittel bey ainandern. Woltend gern ouch in Preussen restituiert sein. Eß wer sein 31 wol wert (so nützlich werdend ir rendt und gült angelegt) c . Der könig von Polen 32 wil aber nit darinn sein, bey welchen der könig von Frankreych 33 vergangens Mertzens ain treffenlich 34 pottschaft 35 zu Peterkouw (ligt sechs oder acht meyl 36 wegs under Crakouw) gehabt hatt und gar eerlich gehalten und, wie man achtet, guten beschaid erholt 37 hat.
[Adresse darunter:]Amplissimo viro domino Henrycho Bullingero, clarissimae urbis Tigurine episcopo, domino et amico amantissimo.