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Autograph: Zürich StA, E II 346, 231 (ohne Siegel) a Ungedruckt
[J]Frölich ist froh, dass Bullinger seinen letzten Brief [Nr. 3078?]erhalten hat. Wenn er sich
recht erinnert, enthielt dieser eine wichtige Mitteilung. Nun hat er sich über den ihm von
Christoph Froschauer übermittelten Brief Bullingers [nicht erhalten] sehr gefreut. Ein so
wertgeschätzter Mann wie Bullinger braucht sich nicht für die ihm von Frölich erwiesene
Treue und Gunst zu bedanken, zumal dieser nicht wüsste, wie er sich bei einem derartigen, ihm
von Gott vermittelten Freund auf gebührende Weise revanchieren könnte. Bullinger darf allerdings
stets auf Frölich zählen, auch wenn Himmel und Erde vergingen! —[2] Die Reichsstände
haben die Konzilsfrage gänzlich Kaiser Karl V. anvertraut, der wiederum die Lösung
der Religionsfragen völlig dem Konzil von Trient anheimstellt. Dies würde auch Papst Paul III.
gutheißen, solange ihm die Macht, die Heilige Schrift und die Konzilsbeschlüsse auszulegen,
nicht streitig gemacht würde, solange nur die Kardinäle berechtigt blieben, den Papst zu
wählen, und andere derartige Ansprüche nicht in Frage gestellt würden. Doch ist man sich
über diese bereits alten Bedingungen nicht einig. Und solange sie dein Papst nicht gewährt
werden, will Letzterer kein Konzil einberufen. Kardinal Cristoforo Madruzzo ist schon längst
in Rom und hat den Papst vor die Wahl zwischen Frieden und Krieg gestellt, und zwar Krieg,
wenn dieser nicht sofort die Wiederaufnahme des Konzils in Trient anordnet. —[3]Zudem soll
der Beichtvater des Kaisers, Pedro de Malvenda, sich mit anderen bemühen, ein "Interim"
auszuarbeiten. Mit "Interim" ist eine provisorische Regelung gemeint, an die sich die protestantischen
Kirchen halten sollen, bis das Konzil [über die strittigen Religionsfragen befunden
hat]. Man kann sich wohl denken, was für ein "Interim" die damit beauftragten Theologen
oder vielmehr Mörder hervorbringen werden! — [4] So sehr die Eintracht den Helvetiern
heilbringend ist, so sehr ist sie dem Feind ein Dorn im Auge. Allerdings glauben nur wenige,
dass diese Eintracht so stark sei, dass ein mit Gold beladener Esel keinen Streit unter jenen
auslösen würde. Die großen Fragen, denen die Kundschafter im Geheimen nachgehen, sind,
ob die Helvetier sich auf den Krieg vorbereiten, ob sie Hilfttruppen von König Heinrich II. von
Frankreich erwarten, usw. Man ist sich aber fast sicher, dass die Innerschweizer die anderen
Verbündeten im Stich lassen werden. Die Taufe der Königstochter [Claude] könnte den Eidgenossen
eine gute Gelegenheit bieten, sich näher zu kommen, es sei denn, dass es wegen des
römischen Charakters der Taufzeremonie nicht dazu käme. Denn wenn Abgeordnete der protestantischen
Orte an der Taufe teilnähmen, würden sie am Götzendienst Anteil haben. Wenn
sie aber die ehrenhafte Einladung des Königs ausschlügen, würden sie diesen beleidigen.
Frölich ist wirklich gespannt, was die Eidgenossen nun tun werden, wobei sie vielleicht die
Zeremonien rund um eine Tauft' nicht als entscheidend betrachten. —[5]Johannes Haller hat
Frölich einen langen und freundlichen Brief geschrieben, den er beantwortet hätte, wenn er
nicht so beschäftigt wäre, dass er kaum zur Ruhe kommt. Bullinger möge ihn also bei Hailer
entschuldigen. Besonders erfreulich ist, dass nun beide der Zürcher Kirche als Kollegen dienen
werden! Haller ermahnte Frölich, sich vor den Hunden zu hüten und nicht in die Fallen
blutrünstiger Menschen zu tappen, damit er noch länger dem Gemeinwesen von Nutzen sein
könne. Leider bedarf das Augsburger Staatswesen der Dienste des geringfügigen Frölich nicht
mehr, und es warb stattdessen andere an, nämlich Verräter, die alles aufs Spiel setzen. Die
Gottlosigkeit der Vorgesetzten hat Frölich zwei Mai dazu veranlasst, um seine Freistellung zu
bitten. Ein drittes Mal flehte er die Ratsherren an, ihn doch nicht länger den Wölfen preiszugebenBriefe_Vol_20-707 arpa
zumal er ihnen nicht mehr dienlich sein könne. Sie wollten aber nichts hören. Vor der
sich anbahnenden Katastrophe würde er gänzlich verzweifeln, wenn er nicht wusste, dass
Kraft und Rettung bei Gott bereitliegen. Alles andere wird der vertrauenswürdige Briefbote
[Froschauer] der Reihe nach erzählen. -[6] Die Zürcher Pfarrer erhalten hiermit das Buch,
das Johannes Pedioneus über den [Schmalkaldischen]Krieg zur Schande seines Vaterlandes
und der Wahrheit verfasst hat! Dem ist eine Widerlegung beigefügt. Frölich wurde sich freuen,
wenn diese so schnell wie möglich veröffentlicht würde, nachdem Rudolf Gwalther oder irgendjemand
anderes sie stilistisch überarbeitet hat. Frölich ist gerne bereit, für die Kosten
aufzukommen und als Entgelt nur einige Exemplare zu erhalten. Ein hervorragender Poet
[Thomas Naogeorg] hat mit seiner Feder diesen undankbaren Menschen kurz und gebührend
in die Schranken gewiesen! - [7] Gruß, auch an Haller, an dessen Familie und an aile
Kollegen.
S. Te meas proximas 1 bona fide recepisse gaudeo. Inerat, ni fallor, illis aliquid alicuius ponderis. 2 Vicissim tuas 3 mihi per Froschouerum 4 tabellarium plus quam gratissimum accepi. Nec vero est, quod pro mea fide et benevolentia in te gratias agas, cum ea sint longe minora, quam ut apud te, virum incomparabilem et mihi desyderabilissimum, vel favorem vel gratiam mereantur. Fateor ingenue me tantis, quos dei benefitio habeo, amicis pro dignitate nihil gratificari posse. De animo autem et gratificandi voluntate, mi ornatissime Bullingere, nihil dubites! Ego perpetuo tuus ero. Vel si caelum ruat 5 vel elementa deficiant, fortissime tibi adherebo.
Consilii 6 negotium per imperii ordines caesari 7 penitus est commissum. 8 caesar vero Tridentino consilio summam relligionis committit, nec papa 9 renueret illud, 10 si ipsi potestas interpretandi scripturas et consilia, electio papae penes tantum cardinales, et eiusmodi praerogativae ante principia consilii salva et impetita manerent, id quod iamdudum ab imperatore flagitavit comminitans, nisi hoc prorsus sibi concedatur, se consilium non esse celebraturum. Certatur ergo in huncusque diem super hoc articulo. Abiitque cardinalis
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Tridentinus 11 iamdudum Romam pape vel bellum vel pacem nunciaturus: helium nimirum, nisi Tridenti consilium quam ociissime congreget. 12
Caeterum neque hoc omnino vanum est, quod Malevenda 13 confessor et caeteri laborent modo, ut faciant unum Interim: Interim autem vocatur formula, secundum quam ecciesiae nostrae interea temporis, donec consilium habebitur, regantur. 14 Quale autem hoc Interim futurum sit, ex artificibus 15 ipsius, nempe interemtoribus, colligi potent.
Helvetios esse concordes ipsis saluberrimum, 16 adversariis vero ingratum est, quanquam pauci craedant omnino inter vos convenire vel concordiam ita firmam esse, quin asinus auro onustus non possit dissidium excitare. 17 Magna profecto quorundam exploratorum questio clam est, num Helvecii hello se parent, num a Gallo 18 auxiliares copias expectent, etc. In hoc quasi certi sunt: quinque Pagos ab aliis defecturos. Filiola Galli 19 commodam daret conveniendi occasionem, nisi caeremoniae Romane obstarent. Si miseritis 20 legatos, qui adsint baptismati, participabitis cum idololatris; si oblatos honores recusabitis, indigne rex feret. Avide igitur scire cupio, quid facturi
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sitis, quanquam forsan ceremoniae circa baptismum non magnopere referre videantur.
Dominus et frater meus Hallerus prolixam adeoque delectabilem ad me dedit epistolam, ad quam responsurus fuissem, nisi tot obruerer negotiis, ut fere vix locus sit corpori reficiendo. Amabo igitur, me apud illum excuses. Supra modum tibi et illi congratulor sanctissimum consortium 21 et ecclesiæ vestrae salubre ministerium. Commonefacit Hallerus me inter caetera, ut Caveam a canibus, 22 ne incidam in sanguineorum casses, 23 diutius reipublicae profuturus, etc. O mi Hallere, hec nostra respublica tenui Laeto nihil amplius opus habet! Alios nempe rubripileatos 24 sibi assumsit, penes quos stant et cadunt omnia. Ego bis indignabunde dimissionem pecii 21 et hoc propter primorum 26 impietates. Tercio enixissime oravi, ne me, qui nihil amplius prodesse possim, diutius inter lupos periclitari sinant, sed amandent. Verum neque hoc quidem impetrare potui, ita aspiciens ob oculos positam calamitatem et interitum, ut iamiam consumerer, nisi fortitudo et auxilium ex alto presto esset. 27 Reliquum optimus tabellarius 28 , cui, ut debes et soles, credito. Recensebit ex ordine.
Postremo en accipietis vos, fratres Tigurini, quem librum Pedioneus De bello Germanico scripserit, quasque notas tam patrie quam veritati inusserit. 29 Recipietis quoque hic epistolam apologeticam, quam velim, si fieri liceat vel possit, quam citissime excusam, ita tamen, ut per dominum Gvaltherum vel quempiam alium prius revideatur et limatior facta sit. Ego lubens numerabo pretium omne, ut tantum aliquot exemplaria percipiam. Est quidam insignis poeta 30 , qui brevi stilum in ingratum hominem digne stricturus est.
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Vale et Hallerum cum domo sua caeterosque fratres singulos saluta. 17. decembris 1547. Ignoscae incuriae et festinationi.
[Ohne Unterschrift.] |
[Ohne Adresse.]31